Der Chaos-Pakt
werden sie flacher und wir reiten durch eine Steppe mit hohem Gras«, sagte Ayrlyn voraus. »Stell dir nur vor, wie das zu Fuß gewesen wäre.«
Nylan zuckte zusammen. Lippen und Mund schienen ständig ausgetrocknet, das Wasser in ihren Flaschen war fast verbraucht. »Wir haben nicht mehr viel Wasser.«
Nach dem ersten Tagesmarsch hatten sie die Hauptstraße verlassen und waren einem Weg gefolgt, der direkt nach Südosten führte und sie näher an die immer noch fernen Westhörner brachte. Nylan glaubte sich zu erinnern, dass die Berge im Süden Candars weiter nach Westen reichten, aber das konnte auch Wunschdenken sein. Andererseits musste er sich fragen, ob es überhaupt etwas gab, das kein Wunschdenken war.
Ein schmaler Bach, der aus einer unterirdischen Quelle entsprang und bald darauf schon wieder versickerte, war das einzige Wasser gewesen, das sie gefunden hatten. Er leckte sich die trockenen Lippen mit einer fast ebenso trockenen Zunge.
»Wenn wir auf diesem Weg bleiben, werden wir bald einen kleinen See erreichen.«
»Und wahrscheinlich auch eine Stadt mit einer Garnison Weißer Lanzenreiter oder etwas Ähnlichem.«
»Davon habe ich nichts gespürt. Es gibt höchstens ein paar Bauernhöfe.«
»Wie weit noch?«
»Einen guten halben Tag, vielleicht etwas länger.«
»Wir brauchen vorher Wasser.«
»Ja, wir brauchen Wasser«, sagte Sylenia. »Ihr seid mir schöne Magier.«
»Wassah ...«, klagte Weryl, der hinter Sylenia im Kindersitz festgeschnallt war.
»Ich bin kein Magier«, protestierte Nylan. Doch noch während er die Worte sprach, begann sein Kopf zu pochen. Wollte sein innerer Lügendetektor etwa darauf beharren, dass er ein Magier wäre? »Und überhaupt, wenn man ein Magier ist, dann heißt das noch lange nicht, dass man jederzeit Wasser finden kann.«
Die Sonne brannte in ihrem Rücken, während sie nach Südosten ritten und dem Weg folgten, dessen Staub allmählich vom Gelb Syskars zu einem gräulichen, mit Sand durchsetzten Braun wechselte.
Aber unter dem versengten Gras konnte Nylan immer noch Steine und Felsen spüren, die viel zu dicht unter der Oberfläche lagen, von Sonne und Licht nur durch eine dünne Linie chaotischer Ordnung getrennt.
»Es ist immer noch wie zuvor«, sagte Ayrlyn. »Sie müssen ... ich weiß nicht, was sie gemacht haben.«
Auch Nylan wusste es nicht, aber es fühlte sich falsch an. Er wollte sich wieder die Lippen lecken, doch seine Zunge war trocken und die Wasserflaschen waren leer. Hatte er seinen Vorrat zu schnell verbraucht?
Am Nachmittag hatten sie zwei oder drei weitere Hügelketten hinter sich gelassen und immer noch kein Anzeichen von Bächen, Teichen oder Quellen gefunden – auch nicht von Siedlern. Nur immer neue Hügelketten voller braunem Gras tauchten auf.
Auf einer Hügelkuppe, vielleicht zwei Erhebungen weiter, zügelten sie die Pferde.
»Da unten ist etwas.« Ayrlyn deutete fast genau nach Süden, wo ein etwas höherer Hügel einen Schatten über eine ebene, leicht glänzende Fläche warf.
»Ich hätte nicht gedacht, dass ein See schon so nahe ist. Das ist nicht derjenige, den du gemeint hast, nicht wahr?«
»Es fühlt sich nicht wie ein See an«, räumte die Rothaarige ein.
»Es muss ein See sein«, sagte Sylenia. »Es muss einfach einer sein.«
Nylan stimmte ihr von Herzen zu.
Als sie bergab ritten und sich der Stelle näherten, konnte Nylan sehen, dass die Fläche ein kleiner See oder ein großer Teich war, aber die Oberfläche war auch in den Schatten des Spätnachmittags noch hellgrün. Häuser waren keine zu sehen.
Nylan betrachtete das Gelände rings um den See. Schließlich bemerkte er an höher liegenden Stellen mehrere Steinkreise, zwischen denen kein braunes Gras wuchs. »Hier hat jemand gelagert, aber es ist schon lange her.«
Unter den Hufen der Stute knisterte es, als sie das Gras verließen und den sanften Hang zum Wasser hinunterritten. Nylan stieg langsam ab und schluckte.
Er bückte sich, schöpfte eine Hand voll Wasser, roch daran und leckte sich die Finger ab. Er zuckte zusammen. Es war salziger als bloßes Brackwasser. Die weißen Flecken, auf denen die Hufe der Stute geknirscht hatten, waren Salzkristalle.
»Ein Salzsee?«, fragte Ayrlyn.
Er nickte. »Vielleicht ... vielleicht kann ich Ordnung hineingeben und es trinkbar machen.«
Sein Pferd schnaubte und drängte näher zum Wasser.
Nylan wusste nicht, ob die Stute wirklich versuchen würde, es zu trinken, aber er gab vorsichtshalber Ayrlyn die Zügel,
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