Der Chaos-Pakt

die Wagenräder Rinnen in den Straßenbelag geschliffen. Nylan untersuchte die Brücke mit seinen Sinnen und sah sich um. »Der Fluss ist neu, wenigstens das Flussbett.«
    »Neu? Er sieht aus, als wäre er schon eine Weile hier«, wandte Ayrlyn ein.
    »Seit ein paar hundert Jahren«, erklärte Nylan. »Für einen Fluss ist das keine lange Zeit.«
    »Also haben sie auch hier den Planeten angepasst.«
    Aber warum? Warum hatten sie einen Fluss verlegt? Nylan schwankte etwas im Sattel, als die Stute auf der anderen Seite des Brückenbogens wieder bergab lief.
    Jenseits des Flusses ging es wieder durch Felder, doch auf dieser Seite standen keine Häuser mehr und der Damm war niedriger.
    »Ein Überschwemmungsgebiet«, sagte Ayrlyn. »Der Damm ist auf dieser Seite niedriger. So planen die Rationalisten.«
    »Ich bin beeindruckt«, sagte Nylan, »aber ich bin auch beunruhigt, obwohl ich den Grund nicht nennen kann.«
    »Da ist noch etwas«, fügte Ayrlyn hinzu. »Es gab keine Schilder. Im ganzen Ort war kein Schild und kein geschriebenes Wort zu sehen.«
    »Das ist aber seltsam.«
    »Ja.« Ayrlyn hielt inne und überprüfte die Umgebung. »Vor uns, wo die Straße sich gabelt, sind Leute. Reiter.«
    »Verdammt.« Nylan tastete unwillkürlich nach dem Schwert im Schultergeschirr und dem zweiten an der Hüfte. Er rückte beide Waffen zurecht und vergewisserte sich, dass er sie im Notfall leicht erreichen konnte. »Sollen wir querfeldein ausweichen?«
    »Es sind nur drei. Sie kennen sich hier aus und wahrscheinlich sind ihre Pferde frischer als unsere.«
    »Glaubst du denn, wir können uns da herausreden?«
    »Vielleicht. Jedenfalls werden sie eine größere Überraschung erleben, wenn wir ihnen einfach entgegenreiten, statt die Flucht zu ergreifen.«
    Das war durchaus vernünftig und Ayrlyn hatte ja tatsächlich viel öfter Recht behalten als er, überlegte Nylan. Trotzdem, da kamen ihnen drei Bewaffnete entgegen und nur er und Ayrlyn trugen Waffen.
    Die drei grün uniformierten Berittenen hielten Säbel aus Neusilber in den Händen und erwarteten sie an der Kreuzung.
    »Sylenia, du hältst dich zurück.« Nylan zügelte das Pferd gut zwanzig Ellen vor der einheimischen Patrouille, hielt sich aber bereit, das Kurzschwert aus Westwind zu ziehen, falls es nötig würde.
    »Ihr müsst mit uns kommen«, verkündete der Reiter in der Mitte.
    Es war unverkennbar die alte Sprache der Rationalisten. Nylan brauchte einen Augenblick, um sich darauf einzustellen.
    »Warum denn?«, fragte Ayrlyn. »Wir haben niemandem etwas getan.«
    »Ihr seid Fremde. Fremde haben hier keinen Zutritt. Cyad darf nicht besudelt werden.« Der beinahe lüsterne Blick des Sprechers passte nicht recht zu seinen Worten.
    Nylan betrachtete das Gelände hinter den Bewaffneten, konnte aber niemanden sonst spüren.
    »Kommt jetzt!«, fauchte der cyadorische Anführer, als wäre es ihm völlig unvorstellbar, dass man sich ihm widersetzte.
    Nylan riss die Augen auf, als Ayrlyns Pferd einen Satz machte und ihre schwere Klinge die Schulter des Sprechers spaltete. Viel zu spät zog auch er sein Schwert aus der Scheide an der Hüfte und trieb sein Pferd an.
    Der Bewaffnete auf der rechten Seite sah zwischen Nylan und dem toten Anführer hin und her, dann hob er langsam sein Schwert. Nylan schlug die Klinge aus Neusilber weg und traf den Mann in der Schulter, dann schlug er dem Mann die Klinge endgültig aus der Hand.
    »Ser!«
    Als er Sylenias Schrei hörte, drehte er sich sofort um. Der dritte cyadorische Reiter drang auf Ayrlyn ein, die sich nur schwach mit ihrer Klinge wehrte. Eher blindlings als aufgrund von kühler Überlegung handelnd, warf Nylan seine schwere Klinge und glättete den Energiefluss, während sie flog.
    Der Schwall des Chaos ließ ihn im Sattel erstarren. Einer Nova gleich explodierte grelles Licht in seinen Augen und er tastete blind nach dem Schwert im Schultergeschirr.
    »Das ist nicht mehr nötig, Ser Nylan.« Sylenias Stimme drang nur mit Unterbrechungen zu ihm durch. »Das ist nicht mehr nötig, sie sind alle tot.«
    Er ließ die Hand sinken und kniff vergebens die Augen zusammen, um die Blitze des Chaos zu vertreiben, die in ihnen zuckten.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte das Kindermädchen.
    »Wir reiten einfach weiter. Schneller Schritt«, keuchte Nylan. »Wir müssen ein Waldstück erreichen ... wo wir Schutz finden ... aber nicht zu nahe. Übernimm du die Führung.«
    »Ich ... das kann ich nicht.«
    »Du bist die Einzige, die sehen