Der Chaos-Pakt
Ermüdet vom Spielen mit einem Kind?« Ayrlyn grinste breit. »Du könntest ja einfach einschlafen.«
»Einfach einschlafen? Keine Chance.« Nylan erwiderte das Grinsen und ignorierte das Stechen in der Schulter, als er Weryl wieder einmal mitten auf die Decke setzte.
Dieses Mal nahm Weryl Nylans Knie und nicht die Brust in Angriff.
»Das klingt wie ein Sieg der Wollust über die Vernunft. Glaubst du denn, ich bin interessiert? Du hast nicht einmal gefragt.«
»Bist du interessiert?«
»Wir werden sehen. Schließlich hast du ja erst gefragt, nachdem ich dich aufgefordert habe.« Die Heilerin schüttelte den Kopf, das hellrote Haar flog hin und her und schien von innen zu leuchten.
»Ich werde mich bessern.« Nylan hob Weryl hoch über seinen Kopf. »Deine Energiezellen sind noch voll geladen, was?«
»Ooooh ...« Über Nylan hängend, begann Weryl zu sabbern und der Speichel tropfte Nylan aufs Kinn. Er setzte seinen Sohn auf die Decke und wischte sich das Gesicht ab.
»Das geschieht dir recht«, meinte Ayrlyn.
»Danke. Ich werde mich daran erinnern, wenn wir ... was auch immer.« Der Schmied hob Weryl wieder hoch. »Wenn wir machen, was wir können, sobald wir es können. Weißt du, in gewisser Weise war es ziemlich dumm, einfach wegzugehen – so ganz ohne Ziel und ohne einen Plan.«
»Du meinst, wir hätten besser warten sollen, bis Ryba einen Weg gefunden hätte, mich zu beseitigen oder dich in einen Zuchthengst zu verwandeln? Vergiss nicht, wie sie Gerlich behandelt hat. Manchmal, o vernunftbegabter Schmied, manchmal muss man auch seinen Gefühlen folgen. Denn wenn du so weit bist, dass du es dir rational zurechtlegen kannst, ist es oft schon zu spät.«
»Vielleicht ... ich weiß aber noch nicht einmal, ob ich wirklich ein guter Schmied bin.«
»Die Einheimischen halten dich für gut, das ist schon einmal etwas.«
»Vielleicht«, sagte Nylan noch einmal.
»Glaubst du, du könntest irgendwo als Schmied arbeiten?«, fragte Ayrlyn.
»Ich weiß nicht. Wenn überhaupt, dann höchstens in einer kleinen Stadt, wo es noch keinen Schmied gibt. Die Einheimischen sind sicher viel besser als ich.«
»Das ist fraglich. Du hast ein Gespür für die Metalle, das den meisten Einheimischen fehlt. Narliat und Relyn haben es dir doch erklärt. Fürst Sillek konnte nur überleben, weil er drei Weiße Magier hatte – drei in einem ganzen Königreich. Das sagt mir, dass die Begabung für die Magie – oder die Fähigkeit, die Energien zu benutzen – nicht sehr häufig vorkommt.«
Nylan hob Weryl wieder auf und hielt ihn eine Weile. Er hoffte, die kurze Gefangenschaft würde den Jungen ein wenig beruhigen.
»Waaa-daaa-daaa.«
»Also gut.« Nylan setzte Weryl wieder auf die Decke. Der silberhaarige Junge ließ sich auf die Knie fallen und krabbelte zu Ayrlyn.
»Bin ich jetzt an der Reihe?« Ayrlyn hob Weryl auf und setzte ihn wieder auf die Decke.
Weryl lachte.
»Ich glaube, es ist Glück und Zufall. Wir haben uns alle im Kraftnetz der Engel bewegt und können die Ströme der Ordnung und des Chaos fühlen und deshalb fällt es uns leichter, das einzusetzen, was hier als Magie gilt.« Nylan fing Weryl ab, der schon wieder versuchte, über seine Stiefel zu klettern. »Schau dir nur Westwind an. Nur drei der ursprünglichen Marineinfanteristinnen haben irgendeine Art von Begabung gezeigt, aber alle Offiziere, die mit den Energien gearbeitet haben, besaßen sie.«
Ayrlyn zuckte mit den Achseln. »Mag sein. Doch das ändert nichts an meiner Annahme, dass es nicht viele Schmiede gibt, die über die gleiche Begabung verfügen wie du.«
»Das kann ja sein, aber ich habe leider kein Werkzeug.«
»Und du hattest viel zu große Schuldgefühle, um es einfach mitzunehmen.«
Sie mussten beide lachen, dann war wieder Ayrlyn an der Reihe, Weryl aufzuhalten.
XXIII
D ie Vorhut der Spiegellanzenkämpfer ritt vier Meilen voraus und bewegte sich auf der großen Nordstraße nach Osten. Neben den Reitern war noch genug Platz für einen Dampfwagen. Die Steine des Straßenpflasters, die aus größerer Entfernung weiß zu schimmern schienen, waren von kleinen Rissen und Dellen gezeichnet, wenn man sie aus der Nähe betrachtete.
Hinter der Vorhut kam die Zweite Kompanie der Lanzenreiter, dann die Vierte und schließlich die Sechste. Obwohl sie zu viert nebeneinander ritten, war allein der Zug der Berittenen fast eine Meile lang.
Dahinter kamen die Dampfwagen, nur ein halbes Dutzend, aber es waren mächtige Fahrzeuge mit
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