Der Chaos-Pakt
wich er aus, als eine alte Frau aus der ersten Hütte trat.
Ayrlyn ritt langsamer und hielt den Kastanienbraunen an. Nylan zügelte sein Pferd neben ihr und sah sich um. Drei Häuser weiter die Straße hinunter tauchte vor einer Hütte ein bärtiger Mann auf und stützte sich auf einen Stab. Er stand nur da und sah zu ihnen herüber.
»Händlerin? Wo ist dein Karren?«, fragte die grauhaarige Frau.
Nylan erkannte erschrocken, dass die Frau noch gar nicht so alt war, wahrscheinlich kaum älter als er selbst. Hinter ihr, in der Tür des Steinhauses, stand ein Mädchen, das ihr ungefähr bis zur Hüfte reichte. Das Kind schleppte ein verwachsenes Bein hinter sich her und humpelte über die Türschwelle nach draußen.
Die grauen Augen unter grauem Haar richteten sich auf den Schmied.
»Eine Frau mit silbernem Haar und einem Kind.«
»Er ist ein Mann und ein Schmied«, erklärte Ayrlyn.
»Aber er hat keinen Bart. Sind alle silberhaarigen Männer wie er? Ohne Bärte? Ein silberhaariger Mann mit einem Kind. Kein Mann aus Lornth würde sein Kind tragen.«
»Ein Bart ist zu warm«, erklärte Nylan freundlich, während Weryl unwillig strampelte. Er zuckte zusammen, als ihm wieder einmal eine Hacke in den Bauch gestoßen wurde, aber er wollte seinen Sohn erst aus dem Tragesack befreien, wenn er sicher war, dass man sie hier freundlich aufnehmen würde.
»Waa-daa.«
Er schloss einen Kompromiss, indem er die Wasserflasche hervorzog und Weryl trinken ließ, was bedeutete, dass das Kind ihm das Wasser wieder einmal über die Hosenbeine verteilte. Eine Bö zauste Nylans Haare, dann war erneutes Donnergrollen zu hören.
»Ein Schmied, sagst du ... nun ja ... die Engel sind eben anders als wir.« Sie lachte, es war fast ein Gackern. »Und angesichts dieser Klingen und der himmlischen Feuer, von denen ich gehört habe, habe ich Besseres zu tun, als dich mit Fragen zu belästigen. Brauchst du vielleicht ein paar Hühner, Händlerin?«
»Nein, ich brauche keine Hühner. Wir sind auf Reisen, wir sind nicht zum Handeln gekommen.« Ayrlyn hielt inne. »Wer könnte uns wohl ein Dach über dem Kopf bieten?«
»Hisek hat vielleicht Platz, er hat auch einen großen Schuppen, in dem ihr die Pferde unterstellen könnt.« Die Frau deutete in die entsprechende Richtung. »Auf der anderen Seite, direkt hinter der verbrannten Hütte. Sie hat Jirt gehört. Es war sowieso nicht viel damit los und seit Hiseks Weib gestorben ist, lebt Jirt mit seiner Frau bei Hisek. Hisek ist nämlich sein Vater. Sie haben eine große Stube und sogar ein Zimmer für die jungen Leute, man stelle sich das vor. Hisek hat es für Gistene gebaut. Er sagte, so macht man das eben in Lornth. Sie hat bloß nicht mehr viel davon gehabt.« Ihr scharfer Blick richtete sich auf die Besucher. »Was seid ihr so früh im Jahr schon unterwegs?«
»Es wäre für mich und meinen Sohn nicht gesund gewesen, länger auf dem Dach der Welt zu bleiben«, erklärte Nylan ausweichend.
»Wie man hört, ist das für viele Leute eine ungesunde Gegend.« Das lahme Mädchen zupfte ihre Mutter am Arm und die grauhaarige Frau nickte. »Ja, ich habe einen Topf auf dem Feuer stehen. Geht ihr nur zu Hisek.«
Der Mann mit dem braunen Bart beobachtete sie schweigend wie zuvor, als sie an seinem Haus vorbeiritten. Er sah zwischen Nylan, Ayrlyn und Weryl hin und her. Nylan nickte höflich, aber der Mann reagierte nicht. Dann kamen sie an der niedergebrannten Hütte vorbei, von der außer geschwärztem Stein und verkohlten Resten von Dachbalken nicht mehr viel zu sehen war.
»Das muss diesen Winter passiert sein«, meinte Ayrlyn.
»Im Winter ...« Natürlich. Im Winter entfachten die Leute Feuer, um sich zu wärmen.
Ayrlyn und Nylan zügelten die Pferde vor einem größeren Steinhaus. Es hatte sogar eine primitive Veranda und neben dem Haupthaus stand ein lang gestreckter Stall. Ein dumpfes Blöken verriet ihnen, dass mindestens ein Ochse im Stall stand.
»Seid gegrüßt«, rief Ayrlyn, als sie abstieg.
Nylan sah zu, wie ein vierschrötiger weißhaariger Mann auf die Veranda trat.
»Ihr müsst wohl Hisek sein«, begann Ayrlyn höflich. »Ich bin Ayrlyn ...«
»Die Händlerin der Engel. Ja, ich habe Euch schon einmal gesehen.« Dann verzog er verwirrt das Gesicht. »Allerdings habe ich nichts zum Tauschen.«
»Wir suchen eine Unterkunft für die Nacht. Wir haben gehört, dass Ihr eine große Stube habt.«
»So ist es.«
»Für ein paar Kupferstücke«, bot Ayrlyn an.
»Ich weiß nicht
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