Der Chaos-Pakt
offenbar verwundert ob des fehlenden Bartes, bis er die Stoppeln bemerkte.
»Die Herde?«, wollte Hisek wissen.
»Die Tiere sind im Pferch. Keine Katzen da, also sind alle Lämmer wohlauf. Die Katzen kommen wohl erst später im Jahr.« Jirt war gedrungen wie sein Vater, hatte aber braune Haare und einen braunen Bart.
»Gut. Wir können jetzt essen. Ihr habt das Fleisch mitgebracht, Händlerin, also sollt Ihr auftragen«, bat Hisek. »Setzt Euch.« Hisek gab Ayrlyn und Nylan zu verstehen, dass sie am Ende der Bank sitzen sollten.
Als sich auch die anderen an der schlichten Tafel niedergelassen hatten, verteilte Ayrlyn den Eintopf. Ein neuer Donnerschlag schien das ganze Haus zu erschüttern, als Ayrlyn sich schließlich selbst bediente. Der Regen fiel jetzt wie eine Wand herunter.
»Wir sind sehr dankbar, dass wir hier unterkommen konnten«, sagte sie zu Hisek.
Der Eintopf war gar nicht übel, nicht so wie die Pampe, die Kadran gemacht hatte, wenngleich nicht so gut wie Blynnals Gerichte. Es war ein einfaches, sättigendes Mahl, zu dem das getrocknete Wildbret einen guten Teil beitrug. Kisens Brötchen lagen schwer im Magen, aber mit der Kruste, die Nylan seinem Sohn gab, war Weryl eine Weile beschäftigt, diente sie ihm doch zugleich als Nahrung und Beißring. Wenigstens konnte Nylan ungestört ein Dutzend Löffel vertilgen, ehe er sich wieder um Weryl kümmern und ihn füttern musste.
»Habt Ihr hier viel Ärger mit Katzen?«, wollte Nylan von Jirt wissen.
»Kommt ganz drauf an. Im letzten Jahr war es schlimm, da haben wir die Hälfte der Lämmer verloren«, antwortete der Hirte mit vollem Mund. »Dieses Jahr ist es besser. Wenn der Winter kalt ist, wird der Frühling leichter.«
»Wie das?«, fragte Ayrlyn.
»Die Hirsche. In einem kalten Winter haben es die Hirsche schwer. Sie werden schwach und sind leichte Beute für die großen Katzen. Katzen sind schlau. Sie jagen lieber einen Hirsch als ein Schaf, das einen Hirten hat, der sich wehrt.« Jirt nahm sich das nächste Brötchen. »Gute Brötchen, meine Liebe, so mag ich sie.«
Kisen lächelte.
»Ist es eigentlich wahr, was man sich über die Engel erzählt?«, fragte Hisek. »Dass sie ... dass Ihr alle Bewaffneten des Fürsten Sillek und ungefähr achtzig Züge von Fürst Karthanos' Leuten getötet habt?«
»Das kommt ungefähr hin. Wir wollten es nicht, aber wenn zweitausend Leute anrücken und Euch töten wollen ...« Ayrlyn zuckte mit den Achseln.
»Die Narren«, murmelte Hisek mit vollem Mund. »Die können da oben doch sowieso nicht leben. Können nicht einmal die Tiere zum Weiden hinauf schaffen, wenn sie nicht gerade sehr reiche Herren sind. Die Gegend taugt nur für Banditen und seit die Engel da sind, gibt es erheblich weniger von der Sorte. Von Euch, Händlerin, haben wir hier mehr gehabt als von den Herren in Lornth.«
»Aber jetzt ist Frieden«, warf Nylan ein. »Karthanos und die Herrscher von Lornth haben sich bereit erklärt, Westwind in Frieden zu lassen, wenn Westwind die Straßen frei von Räubern hält.«
»Immerhin, das ist doch vernünftig«, bemerkte Jirt.
»Es werden ja doch immer nur die einfachen Leute getötet«, sagte Hisek. »Golar war ein Rekrut. Er kann von Glück reden, dass er lebendig nach Hause gekommen ist. Sein Bruder hatte weniger Glück. Der Herr des Graslandes, dieser Fürst aus Jerans, hat ihn getötet. Ihn und seine verfluchte Schlampe.«
Nach einigem müßigem Gerede, nachdem auch die Brötchen aufgegessen waren und nachdem Nylan Weryl noch einmal umgezogen hatte – zum Glück war er dieses Mal nur nass –, zogen die drei Männer den Tisch an eine Seitenwand des Raumes.
»So, besser geht es leider nicht«, erklärte Hisek.
»Es ist schon gut so«, beruhigte Ayrlyn ihn.
»Viel besser, als bei diesem Wetter draußen zu übernachten«, stimmte Nylan zu.
Jirt und Kisen zogen sich durch eine windschiefe Tür ins kleine Schlafzimmer zurück, Nylan rollte sein Bettzeug weit vom Feuer entfernt aus und überließ Ayrlyn den wärmeren Platz. Nachdem er Weryl ebenfalls dicht am Feuer untergebracht hatte, streckte er sich aus. Er war froh, dass er kein Gewicht mehr tragen musste. Eine Weile fühlte er sich ganz gut, dann wurde ihm schmerzlich bewusst, dass der Holzboden hart war. Fast so hart wie die Steine, aus denen die Wände bestanden.
Neben seinem Kopf fiel ein Tropfen aufs Holz.
Der Ingenieur drehte sich zu Ayrlyn um. Ihre Blicke begegneten sich, sie zuckte leicht die Achseln.
»Immer noch besser, als
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