Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Chinese

Der Chinese

Titel: Der Chinese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
Vom Netzwerk:
– er maulte: »Ig tue schiebe…« – »Krüz!« sagte Studer. Denn er hatte in dieser Farbe die Stöck, das Zehni und Drüüblatt vom Achti… Dazu das Schaufelaß und zwei kleine Herz.
    Sein Partner spielte aus – und Studer wunderte sich, denn statt eines Trumpfes warf dieser die Herzzehn auf das Deckli. Sack-Amherd nahm mit dem Aß, Studer stach mit dem Trumpfkönig und Hungerlott packte den Stich, weil er mit dem Trumpfaß überstochen hatte. Es wurde eine böse Partie. So laut war das Gelächter der beiden Sieger, daß der Wirt Brönnimann die Nase zur Tür hereinsteckte, der Lehrer Wottli Witze riß und die beiden Unterlegenen leise, aber überzeugt fluchten.
    Obwohl der Wachtmeister fest behauptete, er jasse nur aus psychologischen Gründen, gewissermaßen, um den Charakter seiner Mitspieler zu ergründen, ärgerte es ihn doch – und heute abend besonders –, daß er verloren hatte. Nun mischte der ehemalige Maurermeister (war er nicht jetzt in einer Kohlenhandlung beschäftigt und machte blau – nicht nur am Montag?) die Karten und schon die Bewegungen, die er beim Austeilen machte, wirkten aufreizend. Er leckte seinen Daumen ab, klebte ihn auf die oberste Karte und zog sie dann vom Haufen ab, schleckte den Finger ein zweites Mal – für die nächste Karte – und so fort, bis das Spiel vergeben war. Hungerlott behauptete, er habe zehn Karten – und das Spiel mußte noch einmal ausgeteilt werden. Endlich stimmte es, und Sack-Amherd machte Trumpf. Plötzlich war Studers Ärger vergangen. Er starrte nur auf seinen Partner und verlangsamte das Spiel.
    Vater Äbi zitterte ja! – Zwar, an diesem Zittern konnte der Alkohol schuld sein. Und doch! Und doch! Es war etwas anderes: Denn der Mann schien die ganze Zeit auf etwas zu warten. Seine Ohren waren groß und rot, die Muschel oben ganz flach, und senkrecht standen sie vom Kopfe ab. Diese Ohren verrieten, daß Äbi angestrengt lauschte, bald wandte er den Kopf der einen Türe zu, die auf den Gang führte, bald der anderen, die ins Nebenzimmer ging. Und er schloß dazu die Augen. Dies bewies, daß er auf ein Geräusch wartete… Was für ein Geräusch?
    Studer machte einen kleinen Versuch. Nachdem er die eingeheimsten Stiche gezählt hatte, schnauzte er seinen Partner an: – Ob er denn nicht besser spielen könne? – So gut wie ein Schroter spiele er immer noch, war die Antwort.
    »Eeh, tue nid eso!« sagte Hungerlott beruhigend. Dann wandte er sich an den Wachtmeister, um ihm zu erklären, er habe seinen Schwiegervater eingeladen, die Nacht über zu bleiben. Er habe ja genug Platz, jetzt, da seine Frau gestorben sei. Äbi könne im gleichen Zimmer schlafen, es stünden zwei Betten darin… Studer räusperte sich, sein Blick wanderte von einem zum andern, blieb dann am kriminalistisch geschulten Lehrer hängen. Wottli hatte beide Hände auf Äbis Schultern gelegt. Die langen, dünnen Finger gruben ihre Nägel in den Stoff der schmierigen Kutte.
    Und plötzlich schien es dem Wachtmeister, als wiederhole sich der Abend des 18. Juli… Aus dem Nebenzimmer kam Lärm, Gläser zersplitterten; dann hörten die fünf des Wirtes Stimme um Hilfe schreien. Der Wachtmeister schob seinen Stuhl zurück, sprang zur Türe und riß sie auf.
    Vier Männer in verschmierten blauen Überkleidern umstanden den Wirt, zwei hielten seine Arme gepackt – und in einer Ecke wehrte sich Huldi gegen drei andere Armenhäusler. Diese drei erkannte der Wachtmeister wieder – heut morgen hatten sie mit Reisbesen einen Bärentanz aufgeführt.
    Studer handelte schnell; den Wirt befreite er, indem er die zwei, die ihn hielten, im Nacken packte und mit den Köpfen gegeneinanderstieß – da flohen die beiden andern. Mit denen, welche die Serviertochter hielten, verfuhr er gleich, nur der dritte, der das Huldi an den Haaren gezerrt hatte, konnte mit der Faust ausholen… Er wollte Studer eins auswischen, doch dieser konnte sich schnell bücken und die geballte Hand zerschlug eine Fensterscheibe. Dann verschwanden weitere vier, jeder rieb sich den schmerzenden Schädel und auch der letzte drückte sich, nachdem er seine blutende Hand mit dem Nastuch umwickelt hatte. Stille. Unter der Tür, die in Brönnimanns Privatraum führte, standen zwei Gestalten: Sack-Amherd ließ seine Uhrkette schwingen und Hungerlott spielte mit seinem Witwerring.
    »Wo sind die anderen?«
    »Sie sind grad fortgegangen, Herr Wachtmeister. Mein Lehrer hat gesagt, er wolle nachschauen gehen, ob in der Gartenbauschule

Weitere Kostenlose Bücher