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Der Chinese

Der Chinese

Titel: Der Chinese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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sagte sie leise. »Die Ermittler sind schon um fünf Uhr heute Morgen gekommen. Der Staatsanwalt auch.«
     
    »Und was ist passiert?«
     
    »Ich weiß nicht. Aber ich vermute, dass Sie lange warten müssen. Aber bitte, ich habe nichts gesagt.«
     
    »Natürlich nicht.«
     
    Birgitta Roslin setzte sich und blätterte in einer Zeitung. Dann und wann kamen und gingen Polizisten durch die Glastür. Journalisten und ein Fernsehteam tauchten auf. Fehlte nur noch, dass sich auch Lars Emanuelsson zeigte. Es wurde Viertel nach neun. Sie schloss die Augen und lehnte sich an die Wand. Sie fuhr zusammen, als sie eine Stimme hörte, die ihr bekannt war.
     
    Vivi Sundberg stand vor ihr. Sie wirkte sehr müde und hatte dunkle Ringe um die Augen. »Sie wollten mich sprechen?« 
    »Wenn ich nicht störe.«
     
    »Sie stören. Aber ich gehe davon aus, dass es wichtig ist. Sie wissen ja inzwischen, wie hoch unsere Anforderungen sind, damit wir zuhören.«
     
    Birgitta Roslin folgte ihr durch die Glastür zu einem Raum, der gerade leer war.
     
    »Es ist nicht mein Zimmer«, sagte Vivi Sundberg. »Aber hier können wir uns unterhalten.«
     
    Birgitta Roslin setzte sich auf einen unbequemen Besucherstuhl. Vivi Sundberg lehnte sich an ein Regal mit roten Aktenordnern.
     
    Es ist absurd, dachte Birgitta Roslin, Vivi Sundberg hat bereits entschieden, dass das, was ich zu berichten habe, keine Bedeutung für die Ermittlung haben wird.
     
    »Ich glaube, ich bin auf etwas gestoßen«, sagte sie. »Eine Spur, könnte man es vielleicht nennen.«
     
    Vivi Sundberg betrachtete sie ausdruckslos.
     
    Birgitta Roslin fühlte sich herausgefordert. Trotz allem war sie Richterin, und es war ihr nicht ganz fremd, wie ein Hinweis beschaffen sein musste, damit ein Polizist in einer Ermittlung sich dafür interessierte. »Möglicherweise ist das, was ich zu sagen habe, so wichtig, dass Sie noch jemanden hinzurufen sollten.«
     
    »Warum?«
     
    »Ich bin davon überzeugt.«
     
    Ihr entschiedener Tonfall blieb nicht ohne Wirkung. Vivi Sundberg verschwand hinaus in den Flur.
     
    Nach einigen Minuten kam sie mit einem hustenden Mann zurück, der sich als Staatsanwalt Robertsson vorstellte. »Ich leite die Voruntersuchung. Vivi sagt, Sie hätten wichtige Dinge zu berichten. Sie sind Richterin in Helsingborg, wenn ich es richtig verstanden habe?«
     
    »Das ist zutreffend.«
     
    »Ist Staatsanwalt Halmberg noch da?«
     
    »Er ist pensioniert.«
     
    »Aber er lebt noch in der Stadt?«
     
    »Ich glaube, er ist nach Spanien gezogen.«
     
    »Der Glückspilz. Er war so begeistert von guten Zigarren. Die Schöffen fielen in Ohnmacht in den Räumen, in denen er sich in den Verhandlungspausen aufhielt. Sie erlitten Rauchvergiftungen. Als das Rauchverbot eingeführt wurde, begann er seine Prozesse zu verlieren. Er meinte, dass es an der Tristesse und dem Verlust der Zigarren lag.«
     
    »Davon habe ich reden hören.«
     
    Der Staatsanwalt setzte sich an den Schreibtisch. Vivi Sundberg war an ihren Platz am Aktenregal zurückgekehrt. Birgitta Roslin erzählte von ihren Entdeckungen. Wie sie das rote Band erkannt, seine Herkunft festgestellt und dann einen Chinesen gefunden hatte, der in der Stadt war. Sie legte die Videokassette zusammen mit der chinesischen Broschüre auf den Tisch und erklärte die Bedeutung der hastig hingeschriebenen Zeichen.
     
    Keiner sagte etwas, nachdem sie geendet hatte. Robertsson betrachtete sie mit durchdringenden Augen. Vivi Sundberg sah ihre Hände an. Dann nahm Robertsson die Kassette und stand auf. »Sehen wir sie uns an, jetzt, sofort. Es klingt wahnwitzig. Aber ein wahnwitziges Morden verlangt vielleicht nach einer wahnwitzigen Erklärung.«
     
    Sie gingen in ein Sitzungszimmer, in dem eine dunkelhäutige Reinmachefrau gerade Kaffeebecher und Papiertüten einsammelte. Birgitta Roslin war unangenehm berührt von der unfreundlichen Art, in der Vivi Sundberg ihr sagte, sie solle das Zimmer verlassen.
     
    Robertsson gelang es mit Mühe und einer Reihe von Flüchen, den Videospieler und den Fernsehapparat in Gang zu bringen. Er stellte ein Flipchart gegen die durchs Fenster einfallenden Sonnenstrahlen auf und drückte auf den Startknopf.
     
    Jemand klopfte an die Tür. Robertsson wurde laut und rief, dass sie ungestört sein wollten. Die russischen Frauen flimmerten vorbei und verschwanden. Das Bild flirrte. Wang Minhao kam ins Bild, blickte zur Kamera und verschwand. Robertsson spulte zurück und ließ den Film bis

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