Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
Vom Netzwerk:
Dongo verbeugte sich abermals und verschwand mit schnellen Schritten in den Wald.
    »Danke, Dongo … Nun, Okumba«, Vitus gab das Päckchen an den Magister weiter, »auch ich habe etwas zum Abschied. Es ist eine Gabe von Haff an mich, die ich dir schenken will. Ich bin sicher, er wäre damit einverstanden.«
    »Ein Geschenk?« Der Riese hob abwehrend die Hand. Dann jedoch siegte seine Neugier. »Was ist es denn?«
    »Hier, nimm.«
    »Ooohh!« Okumba rollte vor Freude mit den Augen. »Deine Muskete!«

Der Hermaphrodit Achille
    »Gesundheit,
mon ami,
hat zu tun viel mit die Gefühl,
compris?
Wenn ich habe eine gute Gefühl, ich sehe gut aus und bin gesund, wenn ich habe eine schlechte Gefühl, ich sehe schlecht aus und sterbe früh
, c’est tout, oui?«
     
    A uf der weiten Werftanlage der Hafenstadt Habana herrschte an diesem Tag Hochbetrieb. Unzählige Arbeiter bewegten sich ameisengleich zwischen den Schiffsleibern, die, von starken Pfählen gestützt, wie Glucken auf der Helling saßen – in leichter Neigung, damit sie nach vollendeter Reparatur umso besser zurück in den Canal del Puerto gleiten konnten.
    Allerorten wurde gezimmert, gemessen, gebohrt und gehämmert. Spanten wurden gesetzt, Masten gestellt, Planken kalfatert. Die Luft war voll von Lärm und Gestank. Es roch nach Teer, Holz, Schlick und Schweiß.
    Wer seinen Blick von Süden her über das Gelände schweifen ließ, sah linker Hand die langen Bahnen der Reepschläger, die das für gute Seemannschaft unabdingbare Tauwerk herstellten. Daneben einige offene Schmieden, aus denen klingende Hammerschläge herüberhallten, und dahinter, in einiger Entfernung, Berge von Baumstämmen und Bauholz, schweres Material, das nur mit Hilfe von Ochsen zu bewegen war.
    Zur Rechten blinkten die Wasser des Kanals, auf denen mehrere Leichter lavierten, die Proviantfässer zu den an ihren Ankern schwojenden großen Galeonen transportierten. Die Segler waren bereits ausgebessert und standen kurz vor dem Auslaufen nach der Bahía de Matanzas, jener Bucht auf der Nordseite Kubas, in der sich jedes Jahr die große Armada sammelte, bevor sie die gefährliche Überfahrt durch die Weiten des Ozeans heim nach Sevilla antrat. Die Armada bestand traditionell aus zwei Verbänden, einem, der aus Nombre de Dios über Cartagena nach Habana kam, und einem zweiten aus Veracruz, einer Hafenstadt im Süden des Golfs von Mexiko.
    Im Vordergrund, nur fünfzig oder sechzig Schritte entfernt, war eine Viermastgaleone an Land gezogen worden, deren Rumpf von einigen dreckverkrusteten Arbeitern mit Schwabbern bearbeitet wurde.
    »Was machen die Burschen da?«, fragte der Magister blinzelnd. »Sie sehen aus wie Kobolde aus den Sümpfen von Dartmoor, wenn ich mal einen englischen Vergleich heranziehen darf.«
    Hewitt antwortete leise lachend: »Soweit ich sehe, bringen sie eine Schmiere gegen den Schiffswurm auf. Eine widerwärtige Arbeit und eine ungesunde dazu.«
    Der kleine Gelehrte nickte. »Dieser Wurm scheint eine äußerst gefräßige Spezies zu sein. Man sah es auch an O’Tufts Pinasse. Eine solche Schmierbehandlung sollte er ihr mal angedeihen lassen; der Schiffsleib hatte Löcher wie ein Hummerkorb. Na, immerhin hat O’Tuft uns sicher bis in diesen Hafen gebracht.« Er blinzelte abermals. »Und woraus besteht die Schmiere?«
    Hewitt zuckte bedauernd mit den Schultern. »Das weiß ich nicht genau.«
    »Macht nichts.« Der kleine Mann, unternehmungslustig wie immer, trat ein paar Schritte zur Seite und umkurvte einen Langofen, der zur Erhitzung von Schiffsplanken diente. »Ich frage mal den Burschen da vorn in der Grube.«
    »Lass doch, Magister!«, rief Vitus hinterher. »Es ist heiß, es ist Mittag, und wir haben andere Sorgen, als irgendwelchen Wurmrezepten auf den Grund zu gehen. Wir wissen noch nicht einmal, wo wir heute Nacht schlafen werden!«
    »Gemach, gemach, nur einen Augenblick! He, mein Freund, weißt du, aus welchen Bestandteilen die Schmiere gegen den Schiffswurm besteht?«
    Der Angesprochene blickte auf. Die Freunde, die notgedrungen hinterhergekommen waren, sahen, dass er rot entzündete Augen hatte. Er besaß stattliche Schultern und beachtliche Oberarme, ansonsten war er so hager, dass man ihn schon mager nennen musste. »Es kommt drauf an«, antwortete er bedächtig und fuhr fort, mit einer Holzschaufel Späne aus der Grube zu schippen.
    »Worauf?« Der Magister wäre nicht der Magister gewesen, wenn er sich mit dieser Antwort zufrieden gegeben hätte.
    Der Hagere

Weitere Kostenlose Bücher