Der Clan
Loren. Und der Stiftung. Da liegt die Gefahr. Allerdings, vor zwei Wochen ist das Angebot dann wieder zurückgezogen worden.«
»Das nennt man branchenintern die Giftpille«, sagte Angelo. »Nachdem XB Motors diese gewaltige Verschuldung einging, war die Firma für die Haie natürlich mit einem Schlag praktisch nicht mehr interessant.«
Anne warf ihre kaum angerauchte Zigarette in einen Standaschenbecher, schloß dessen Deckel und erstickte die Glut so, nachdem sie gerade erst zwei oder drei Züge gemacht hatte. »Für den Moment hast du sie jedenfalls ausgetrickst und sie dir vom Hals geschafft«, sagte sie.
»Anders herum«, widersprach er kopfschüttelnd. »Für den Moment habe ich veranlaßt, daß die Firma tut, was sie einfach tun muß, wenn sie weiter auf dem Automobilmarkt präsent und konkurrenzfähig sein will. Daß die gewaltige Kreditsumme, die wir aufgenommen haben, zur Giftpille wurde, ist nur ein zusätzlicher, wenn auch willkommener Nebeneffekt.«
»Angelo, mach dir nichts vor. Loren wird verkaufen. Und die Stiftung auch. So sehr ich Nummer eins wirklich gehaßt habe, betrübt es mich doch mitanzusehen, wie das, was er aufgebaut hat, nun in die Hände von Leuten fallen soll, die es nur abmontieren wollen, um es stückweise zu verscherbeln, für so viel, wie sie nur kriegen können.«
»Ja, er war ein mieser, böser, alter Dreckskerl«, nickte Angelo. »Aber auch ich will, daß die Firma, die er gegründet hat, weiterbesteht. Für dich und für mich und für Cindy und für Betsy und Alicia ... und für Loren den Vierten. Ich verrate dir etwas. Ich habe noch ein paar Überraschungen in der Hinterhand für die Herren Übernahmehaie.« Und sein Lächeln dazu war böse.
1985 1
Für Angelo war nun seine ständige Anwesenheit auf der Baustelle des neuen Werks von XB Motors erforderlich. Obwohl er inzwischen wieder Vizepräsident mit fast unbeschränkten Vollmachten war, wußte er auch, daß seine genauen Anweisungen nicht korrekt ausgeführt würden, wenn er nicht persönlich die permanente Aufsicht führte.
An Tagen, an denen er nicht anwesend sein konnte, vertrat ihn Keijo Shigeto auf der Baustelle. Er konnte Angelo allerdings nur berichten, wenn er etwas nicht Ordnungsgemäßes wahrnahm. Weisungen nahm von ihm niemand an.
Angelo hatte einen kleinen Learjet geleast, damit er zusammen mit Keijo rasch zwischen Detroit und dem Greenwich am nächsten gelegenen Flughafen Westchester hin und her gelangt, und daß er auch spätestens binnen Stunden dort sein konnte, falls Keijo ihn zu Hilfe rief oder er selbst ihn brauchte. Doch sogar so zwangen die Dinge Angelo, mehr von zu Hause fort zu sein, als er wollte und beabsichtigt hatte. Er hatte mit der Firma vereinbart, im Ramada Inn in der Nähe der Baustelle zwei Suiten für sich und Keijo dauerzumieten. Dort verbrachte er allerdings mehr Nächte, als ihm lieb war.
2
Angelos Kinder hatten sich längst daran gewöhnt, daß ihr Vater kein Mann mit festen Arbeitsstunden war. Aber das traf auf die Väter der meisten ihrer Freunde und Schulkameraden zu. Green-
wich war nun einmal kein Wohnort, wo die meisten Leute von neun bis fünf arbeiteten.
John war inzwischen fast dreizehn. Er besuchte eine private Tagesschule für Jungen, Anna eine für Mädchen. Morris, der acht war, machte sich gut und besuchte eine nahegelegene Grundschule, in die auch seine kleine Schwester Valerie ging. An normalen Wochentagen war tagsüber allenfalls noch die zweijährige Mary zu Hause, doch auch sie war oft mit dem Au-pair-Mädchen nachmittags im Park oder am Strand zum Spielen und Spazierengehen.
Wie es ihre Absicht gewesen war und wie sie es angekündigt hatte, widmete Cindy deshalb jetzt der Galerie mehr Zeit.
Marcus Linicombe übte inzwischen einen sehr starken Einfluß auf das Geschäft aus. Er hatte Cindy überzeugt, daß sie auch das Obergeschoß des Galeriehauses anmieten müßten. Dort hinauf führte jetzt eine neu installierte stählerne Wendeltreppe. Die Räume oben waren für Spezialausstellungen reserviert, unter anderem auch für die Netsuke, die in Glasvitrinen ausgestellt wurden. In zwei anderen Räumen hingen englische Genrestücke aus dem 18. und 19. Jahrhundert, für die es immer einen Markt gab; Pferde vor allem, aber auch ländliche Stücke mit Scheunen und Hütten, und adelige Jagdszenen.
»Ihr mögt sie nicht«, sagte er zu Cindy und Dietz Keyers, »ich mag sie auch nicht, aber darauf kommt es nicht an. Es gibt einen bemerkenswerten Teil des Publikums,
Weitere Kostenlose Bücher