Der Clan
für die Brustwarzen. Obendrein hatte sie sich vor einer Woche die Haare ganz kurz schneiden lassen, hatte fast einen Stoppelschnitt.
Sie wußte selbst, daß sie nach einundzwanzig Ehejahren nicht mehr so aussah wie anfangs, als sie Loren zum erstenmal die SM-Behandlung angedeihen ließ. Selbst noch vor fünf Jahren hätte sie niemals einen BH dazu getragen. Doch inzwischen hingen ihre Brüste schon ziemlich, und ihre Brustwarzen waren nicht mehr fest und klar abgegrenzt, sondern verschwammen an den Rändern, die wie ausgeflossen aussahen. Unter ihren Armen und unter dem Kinn war die Haut auch nicht mehr straff wie einst. Über ihrem Slip wölbte sich ihr Bauch. Nicht, daß sie selbst nicht am besten gewußt hätte, daß sie in ihrem Aufzug und in ihrem Alter eher nur noch wie eine Karikatur einer Domina aussah, eine Rolle, die allmählich nicht mehr so richtig zu ihr paßte.
Aber ja nun. Und er? Welche Rolle sollte er denn spielen? Er kauerte nackt vor ihr auf dem Boden. Sie hatte die Kette zwischen seinen Fußeisen zweimal um seine Handschellen gewickelt. Er konnte am Boden kauern und herumkriechen, aber weder sitzen noch stehen. Sie hatte ihm den Rest des Scotch vom Essen, das vom Zimmerservice gekommen war, in eine Schale gegossen und diese vor ihn hingestellt, so daß er aus ihr schlabbern konnte. Ein Glas konnte er ja nicht halten. Er war völlig hilflos, und genau das wollte er sein.
Bei ihm zeigte sich das Älterwerden weniger als bei ihr. Er war wohl etwas dicker geworden, aber an sich immer noch ziemlich genau der Mann, den sie geheiratet hatte. Und sie konnte nicht umhin, sich Gedanken darüber zu machen, ob er nicht selbst den Unterschied zwischen ihnen merkte.
Der Gedanke stachelte sie an, nach ihrer Reitpeitsche zu greifen und ihm einen zornigen Hieb über sein blödes Hinterteil zu versetzen. Verdammter Perverser!
»O Gott, mein Baby!« jaulte er auf.
»Wir können jederzeit damit aufhören«, sagte sie kalt. »Ich muß das nicht haben, dir den Arsch zu vertrimmen!«
Loren zog den Atem ein. »Nein, aber nur nicht ganz so fest«, keuchte er flüsternd. »Und übrigens, es ist Zeit, die Glotze anzumachen.«
Sie stand auf, ging zum Fernseher und schaltete ihn ein.
Werbung. Endlose Werbespots. Ärgerlich schlug sie ihm die Peitsche zwischen die Schulterblätter. Er japste nach Luft, beklagte sich aber nicht.
Dann endlich kam mit viel Ankündigungsgetöse und noch einmal viel Werbung zuvor das Programm Hinter den Kulissen , und der Ansager kündigte dies mit mindestens drei Rufzeichen an.
»Heute: Eine neue Haarkur gegen Kahlköpfigkeit! Ein Cereal mit sämtlichen Vitaminen und Mineralien, die der Organismus braucht, das aber nur eine Kuh verdauen kann! Und schließlich: ein Elektroauto, das - nun, Sie werden es selbst sehen! Wenn Sie so ein Ding fahren, nehmen Sie lieber einen Regenschirm mit, wenn Sie nicht eine Dusche von Batteriesäure abbekommen wollen!«
Bis die anderen angekündigten Beiträge dieses Fernsehmagazins erledigt waren, dauerte es noch einmal zwanzig Minuten. Dann aber ...
»Wir können Ihnen nicht sagen, was der folgende Beitrag Ihnen wirklich und genau zeigt. Wir wissen es nämlich selbst nicht. Sehen Sie es sich einfach an und urteilen Sie selbst. XB Motors entwickelt gerade ein Elektroauto, das mit Batterien laufen soll. Die Arbeit geht unter ungefähr der strengsten Geheimhaltung seit der Atombombe vor sich. Jedenfalls hat man so viel Geheimnistuerei in Detroit noch nie erlebt. Hinter den Kulissen aber konnte sich ein Videoband verschaffen, das Sie jetzt sehen werden. Sie werden das Auto äußerlich als einen XB Stallion erkennen. Chassis und Karosserie dieses Typs werden zum Ausprobieren des neuen, elektrisch betriebenen Automobils verwendet. Wir wissen, wie gesagt, nicht, was das genau ist, was Sie gleich sehen werden. Aber schauen Sie genau hin, in Zeitlupe ...«
Es wurde ein leicht unscharfes und verschwommenes Schwarzweiß-Band eingespielt. Ein Stallion kam von links ins Bild und bewegte sich im Zeitlupentempo auf eine dicke Mauer zu. Er prallte auf. Langsam sah man, wie die Karosserie zusammengeknautscht wurde. Dann füllte sich das Innere des Autos schlagartig mit einer Explosion von Flüssigkeit, die derart durch die zersplitternden Scheiben in alle Richtungen spritzte, daß das Fahrzeug selbst kaum noch auszumachen war. Eine Zeitlupenviertelminute lang sah es aus, als sei das Auto ein Wasserfall, bis alle Flüssigkeit versprüht war und das Wrack des Stallion
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