Der Clan
»Er muß jeden Augenblick kommen. Er ist an der High School hier, und sobald die Schule aus ist ...«
»Sieht aber noch verdammt jung aus«, bemerkte Cindy.
»Na und? Das hindert doch nicht, daß er Modell steht. Er ist sechzehn. Außerdem haben mir seine Eltern die schriftliche Zustimmung gegeben, daß er mir Modell stehen darf. Manchmal kommt seine Mutter sogar mit und sieht zu während ich arbeite. Es ist ihr lieber, wenn er sich sein Taschengeld mit Modellstehen verdient, als daß er Zeitungen austrägt oder im Supermarkt an der Kasse einpackt. Für Malklassen steht er sowieso nicht, und ich werde sicherlich auch nicht mehr als höchstens zwei oder drei Bilder von ihm malen.«
Sie trat hinter Cindy, umfaßte sie von hinten und streichelte ihre Brüste. »Wenn du hier wohnen würdest, könntest du mir auch noch mal Modell stehen. Ich könnte ja dein Gesicht etwas verändern, damit man dich nicht erkennt.«
Cindys Galerie hatte inzwischen noch weitere sechs Akte Amandas von sich selbst verkauft. Im Augenblick war sie zweifellos das berühmteste Malermodell der Welt, noch berühmter als Modell, denn als ihre eigene Malerin. Ein riesiger Spiegel stand auf einer großen Holzstaffelei in einer Ecke des Ateliers.
»Ich glaube nicht«, wehrte Cindy ab, »daß ich mich noch einmal vor dir ausziehen möchte. Du bist auch so schon begehrlich genug.«
Amanda küßte sie in den Nacken. »Ich liebe dich«, sagte sie nur.
So redeten sie inzwischen immer miteinander, aber Cindy bezweifelte, daß Amanda das wirklich so meinte. Sie glaubte nicht, daß Amanda Liebe im üblichen romantischen Sinn verstand oder kannte. Sie schien lediglich eine erotische Attraktion auf sie auszuüben. Im übrigen betrachtete Amanda sie offenbar nicht nur als ihre Mäzenin, sondern auch als »beste Freundin«. Gut, sie hatte zugelassen, daß Amanda ihre Brüste küßte und ihren Leib, als sie ihr Modell stand, aber niemals wäre in Frage gekommen, daß sie ihr mit der Zunge »dort unten« zu nahe kam - was Amanda im übrigen aber bisher auch gar nicht versucht hatte. Sie hatte auch, als sie allein miteinander waren, Amandas Küsse schon mal erwidert, einschließlich feuchterer auf Amandas erigierte Brustwarzen. Aber mehr war niemals gewesen.
Die Kaffeemaschine röchelte sich aus. Amanda ging in die Küche und kam mit dampfenden Tassen ihres starken Lieblingskaffees wieder.
»Ich habe in den Nachrichten gesehen«, sagte sie nebenbei, »daß Mr. Hardeman gestorben ist; der originale Mr. Hardeman.«
»Da war die Hebamme nicht mehr schuld«, sagte Cindy ungerührt.
»Herzschlag, hieß es«, sagte Amanda. »Na, in dem Alter war das wohl sein gutes Recht.«
»Er hat sich Zeit genug gelassen, das alte Ekel.«
»Hast du nicht mal gesagt, der würde immer weiterleben, wenn ihn nicht endlich mal jemand mit einer silbernen Kugel totschießt?«
»Jetzt stehen die Chancen endlich besser«, meinte Cindy, »daß wir das neue Auto auf die Räder kriegen. Die ganze Zeit hat er zwar versprochen, sich nicht einzumischen, aber genau das pausenlos getan. Ewig verlangte er, dieses neue Auto müsse so aussehen, wie er dachte, daß ein Auto aussehen müsse, nämlich eben so wie das, das er selbst vor dreißig Jahren gebaut hat. Hätte man ihn nur noch gelassen, dann hätte er wahrscheinlich auch noch Heckflossen daran haben wollen wie einst.«
»Sobald der Wagen raus ist«, sagte Amanda in aller Unschuld, »kaufe ich mir davon eines.«
Es klingelte. Sie ging zur Tür und drückte auf den Auslöser für die Haustür.
»Das wird Greg sein.«
»Hör mal«, sagte Cindy, »wir können vor dem Jungen nicht über das neue Hardeman-Auto oder so was reden, klar? Außerdem gehe ich dann sowieso gleich. Er wird sich nicht vor mir ausziehen wollen.«
»Aber was denn. Er ist doch kein Baby mehr.«
Sie stellte ihn vor, als er hereinkam: »Gregory Hammersmith.«
Er schüttelte Cindy die Hand und erklärte, erfreut zu sein, ihre Bekanntschaft zu machen. »Amanda hat mir schon erzählt, daß sie mit Ihnen befreundet ist. Ich habe auch schon viel von Mr. Perino gehört, wenn ich ihn auch nie fahren sah, nicht mal im Fernsehen.«
»Sag mal, Greg«, sagte Amanda. »Würde es dich genieren beim Modellstehen, wenn Mrs. Perino dabei wäre?«
»Nein, nein, das ist schon okay«, sagte Greg. Er sagte es so leichthin, daß Cindy einen Augenblick lang vermutete, es heiße sogar »je mehr, desto lieber«. Doch er sagte nichts weiter und begann sich auszuziehen. Er schleuderte die
Weitere Kostenlose Bücher