Der Clan
trug sie jetzt selbst, das genaue Gegenstück für Damen zu dem seinen. Als sie ihn auszog und nachlässig über einen Stuhl warf, kam darunter ein schwarzes Strickkleid zum Vorschein. Dazu trug sie eine schwere Goldkette um den Hals.
Sie hob den Kopf und lächelte Angelo an. »Dieses hier stammt von meinem früheren Verblichenen. Da hing noch ein Kreuz dran. Kannst du dir das vorstellen an mir?« Sie lachte.
Sie ließ sich neben ihm nieder und drückte sich mit der Hüfte fest an ihn.
»Glenfiddich?« fragte er.
»Oder was der gute Harry sonst zu empfehlen hat.«
Die Bar war zu dieser Stunde nur schwach besucht. Alle Touristen mußten wohl gerade ihr Hoteldinner hinunterwürgen, weil der Bus zum Theater wartete.
Angelo signalisierte dem Barmann.
»Weißt du was?« sagte Roberta. »Ich habe einen Bärenhunger.«
»Na, wie sehr nach Abenteuer steht dir der Gaumen?« erkundigte er sich.
Sie ließ ein zweideutiges, gurrendes Lachen vernehmen.
»Lammhoden vielleicht, wie wäre es damit?«
»Wenn du sie verdrückst, Kumpel, dann ich meinetwegen auch.«
Als ihre Drinks kamen, bat Angelo den Barmann, für sie in dem libanesischen Restaurant am Sheperd Market anzurufen und ihnen einen Tisch reservieren zu lassen.
3
Angelo bestellte die Lammhoden als Vorspeise für sie beide. Wenn man nicht gerade Orientale war, bestellte man das eher der Kurio-sität halber und als kulinarisches Abenteuer, damit man sagen konnte, das auch schon mal gekostet zu haben, weniger, weil es so köstlich schmeckte. Zwar waren sie keineswegs ekelerregend, hatten aber doch ihre ganz eigene Geschmacksnuance, die nicht unbedingt jedermanns Sache sein mußte. Als Entrée bekamen sie dafür andere Lammteile.
Dazu aßen sie Humus auf knackigem libanesischem Brot mit vielen runzeligen griechischen schwarzen und grünen Oliven, frischen Tomaten, Radieschen und Mohren, dies alles zu zwei Flaschen eines ausgezeichneten libanesischen Rotweins.
»Und damit zum Geschäft«, sagte Roberta, als sie ihre beiden ersten Lammhoden verspeist und mit Wein nachgespült hatten. »Loren würde dir gerne hinten reintreten.«
Angelo sah zum Nebentisch, wo zwei erkennbar aus dem Nahen Osten stammende Männer saßen und angesichts des geringen Tischabstands zweifellos jedes Wort mithören konnten. Sie hatten allerdings bisher nur arabisch gesprochen, und falls sie verstanden, was »hinten reintreten« bedeutete, ließen sie jedenfalls nichts davon erkennen.
»Und ich ganz gerne ihn«, antwortete er, »nur, ist es was Spezielles?«
»Er geht mit dem Gedanken um, den neuen Wagen zu stoppen«, sagte Roberta. »Und zwar, soweit ich sehe, nur aus dem Grund, dir eins auszuwischen.«
»Bitte, dann baue ich ihn eben woanders! So ist das absolut nicht. Ich bin nicht auf Bethlehem-Motors angewiesen.«
Roberta griff nach seiner Hand und drückte sie heftig. »Ich lege keinen Wert darauf zuzuschauen, wie sich zwei Hammel die Köpfe einander einrennen. Wenn es denn nur darum ginge, wüßte ich ohnehin, wer gewinnt. Sieh mal, mein Lieber, natürlich weiß ich, daß du den kleinen Loren allemal schaffst. Und kriegen kannst, was du willst. Und dazu sogar seine Firma benützen kannst, ob es ihm paßt oder nicht. Aber es ist klüger, du gebrauchst deinen Kopf, als daß du den Hahn auf dem Mist spielst.«
»Im Korb bin ich’s ja sowieso«, lächelte er. Dann sah er sich im Lokal um. »Also weißt du, der geeignetste Ort, über diese Dinge zu reden, ist das hier ja nun auch nicht.«
Das Restaurant war hell beleuchtet und ziemlich voll. Kellner wuselten hin und her, und der Sommelier öffnete routiniert seine Weinflaschen an den Tischen. Zwei Drittel der Gäste waren Orientalen, oder genauer gesagt, Levantiner, der Rest Touristen. Die großen Fenster gingen hinaus auf eine Straße, wo Londons knalligste Huren auf und ab paradierten.
»Du weißt sowieso«, fuhr Roberta indessen ungerührt fort, »daß du gewinnst. Die einzige Frage ist, ob ich dir genug bedeute, daß du mir meinen Ehemann nicht gleich ans Hungertuch lieferst.«
»Nun komm schon zur Sache, Roberta«, sagte er.
»Also gut. Der ganze Dreh, wie ich dir schon oft gesagt habe, besteht darin, ihn glauben zu lassen, daß er ein wichtiger Mann ist. Wie soll der neue Wagen heißen? Wenn man ihm die Namens wähl überließe ...«
Angelo grinste. »Ich weiß schon, wie ich ihn taufen würde«, sagte er. »Aber nun gut, soll er den Namen vorschlagen. Ich jedenfalls bin, genau wie alle Welt übrigens, diese albernen
Weitere Kostenlose Bücher