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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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bestärkt wurde, als ihn Lord Kono für den ersten Abend in der Hauptstadt zu sich einlud.
    Die Stadt lag in einem Tal zwischen den Hügeln. ImNorden befand sich ein großer See, der sie mit frischem Wasser und reichlich Fischen versorgte, und zwei Flüsse flossen durch die Stadt, die von mehreren, schönen Brücken überspannt wurden. Wie die alten Städte Shins war sie als Rechteck angelegt, von Nord nach Süd von breiten Straßen durchzogen, die von Gassen gekreuzt wurden. Der Kaiserpalast stand neben dem Großen Schrein am Kopf der Hauptstraße.
    Takeo und sein Gefolge wurden in einem großen Haus untergebracht, das nicht weit von Konos Residenz entfernt lag und Ställe für die Pferde bot. Für das Kirin hatte man eiligst ein Gehege errichtet. Takeo kleidete sich für das Treffen mit besonderer Sorgfalt und er ließ sich in einer der üppig mit Lackmalereien verzierten Sänften tragen, die man per Schiff von Hagi nach Akashi transportiert hatte. Ein ganzer Trupp Diener trug Geschenke für Kono: Erzeugnisse aus den Drei Ländern, die von Wohlstand und guter Herrschaft zeugten und die Kono während seines Aufenthaltes im Westen genossen oder bewundert hatte – ein harmloses Resultat der Spionage Takus.
    Â»Lord Otori ist in die Hauptstadt gekommen, während die Sonne sich ihrem Zenit nähert!«, rief Kono. »Der Zeitpunkt könnte nicht besser gewählt sein. Ich hege die größten Hoffnungen hinsichtlich Ihres Erfolges.«
    Das ist der Mann, der mir die Nachricht überbracht hat, dass meine Herrschaft unrechtmäßig sei und dass der Kaiser von mir verlangt, ich solle abdanken und ins Exil gehen, rief Takeo sich in Erinnerung. Ich darf mich nicht von seinenSchmeicheleien ablenken lassen . Er lächelte, bedankte sich bei Kono und sagte: »All das liegt in der Hand des Himmels. Ich werde mich dem Willen Seiner Göttlichen Majestät fügen.«
    Â»Lord Saga brennt darauf, Sie zu treffen. Der morgige Tag ist nicht übereilt, oder? Er würde gern alle Angelegenheiten klären, bevor die Regenfälle einsetzen.«
    Â»Selbstverständlich.« Takeo sah keinen Sinn darin, die Sache aufzuschieben. Die Regenfälle würden ihn zweifellos bis zum siebten Monat in der Stadt festhalten. Plötzlich stellte er sich vor, den Wettkampf zu verlieren. Was sollte er dann tun? In der feuchten und öden Stadt vor sich hin grollen, bis er zurück nach Hause kriechen und seinen Gang ins Exil vorbereiten konnte? Oder sich das Leben nehmen und Shigeko damit auf Gedeih und Verderb der Gnade Sagas ausliefern? War er wirklich bereit, das Schicksal eines ganzen Landes sowie sein Leben und das seiner Tochter bei einem Wettkampf aufs Spiel zu setzen?
    Er ließ sich diese Bedenken nicht anmerken, sondern verbrachte den restlichen Abend damit, Konos Sammlung von Kostbarkeiten zu bewundern und mit dem Edelmann über Gemälde zu diskutieren.
    Â»Einiges davon hat meinem Vater gehört«, sagte Kono, als einer seiner Gefolgsleute die Schätze aus den Seidentüchern wickelte. »Natürlich ist der größte Teil seiner Sammlung verloren gegangen … Aber wir wollen nicht an jene unglücklichen Zeiten denken. Vergeben Sie mir. Wie ich höre, ist Lord Otori selbst ein sehr begabter Künstler.«
    Â»Nicht sehr begabt«, erwiderte Takeo. »Das Malen bereitet mir allerdings großes Vergnügen, auch wenn ich wenig Zeit dafür habe.«
    Kono lächelte und schürzte wissend die Lippen.
    Er denkt bestimmt, dass ich bald alle Zeit der Welt dafür habe , überlegte Takeo, und angesichts der Ironie dieser Situation konnte auch er sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    Â»Ich werde so kühn sein, Sie um eines Ihrer Werke zu bitten. Und auch Lord Saga würde sich freuen, eines zu erhalten.«
    Â»Das ist zu viel der Ehre«, erwiderte Takeo. »Ich habe nichts mitgebracht. Und die wenigen Skizzen, die ich unterwegs gemacht habe, habe ich schon zu meiner Frau nach Hause geschickt.«
    Â»Wie schade, dass ich Sie nicht dazu überreden kann«, rief Kono voller Wärme. »Meiner Erfahrung nach ist das Talent eines Künstlers umso größer, je weniger er seine Werke zur Schau stellt. Der verborgene Schatz, die versteckte Fähigkeit ist das, was am meisten beeindruckt und am höchsten geschätzt wird.
    Was mich«, fuhr er nahtlos fort, »auf Ihre Tochter bringt – sie

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