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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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stattfinden wird.« Als sie zum Haupteingang gingen, ergriff er Takeo beim Arm und sagte vertraulich: »Und ich muss Ihre Streiter kennenlernen. Ich nehme an, Lord Miyoshi ist einer von ihnen – und einige andere Ihrer Krieger.«
    Â»Der zweite ist Sugita Hiroshi. Dem dritten sind Sie bereits begegnet. Es ist meine Tochter Lady Maruyama.«
    Saga blieb stehen, sein Griff wurde fester. Er zog Takeo herum, damit er diesem direkt ins Gesicht sehen konnte. »Das hat Kono schon berichtet, aber ich habe es für einen Scherz gehalten.« Er starrte Takeo durchdringend aus seinen schwerlidrigen Augen an. Dann lachte er unvermittelt und senkte seine Stimme noch weiter. »Sie haben die ganze Zeit vorgehabt, sich zu unterwerfen. Der Wettstreit ist nur eine Formsache für Sie, oder? Ich begreife Ihre Logik: Damit wahren Sie Ihr Gesicht.«
    Â»Sie sollten sich nicht täuschen«, erwiderte Takeo. »Der Wettstreit ist nichts weniger als eine Formsache.Ich nehme ihn sehr ernst, genau wie meine Tochter. Es könnte nicht mehr auf dem Spiel stehen.« Doch schon während er sprach, regten sich Zweifel in ihm. In welche Lage hatte ihn sein Vertrauen in die Meister des Weges des Houou gebracht? Er befürchtete, Saga könnte es als Beleidigung auffassen, dass Shigeko ihn vertrat, und sich Verhandlungen verweigern.
    Doch nach einem kurzen, überraschten Schweigen lachte der Kriegsherr noch einmal. »Das wird eine sehr hübsche Sache werden. Die schöne Lady Maruyama tritt gegen den mächtigsten Lord der Acht Inseln an.« Er lachte leise in sich hinein, als er Takeos Arm losließ. Dann schritt er über die Veranda und rief mit lauter Stimme: »Bring mir meinen Bogen und meine Pfeile, Okuda. Ich möchte sie meinem Rivalen zeigen.«
    Sie warteten unter der tief hinabgezogenen Dachtraufe, während Okuda zur Waffenkammer ging. Bei seiner Rückkehr trug er den Bogen selbst. Dieser war länger als eine Armspanne und rot und schwarz lackiert. Ein Gefolgsmann kam mit einem verzierten Köcher nach, in dem ein Bündel Pfeile steckte. Sie waren nicht weniger beeindruckend und wurden von einem mit Goldlack überzogenen Band zusammengehalten. Saga zog einen aus dem Köcher und hielt ihn hoch, um ihn vorzuführen. Es handelte sich um einen hohlen Pfeil aus Paulownienholz mit stumpfer Spitze und weißer Befiederung.
    Â»Reiherfedern«, sagte Saga, ließ seine Finger sehr sanft darübergleiten und warf Takeo einen Blick zu, der sich nur allzu sehr des Reiherwappens der Otori hinten auf seinem Gewand bewusst war.
    Â»Ich hoffe, Lord Otori fasst dies nicht als Beleidigung auf. Aber meiner Erfahrung nach sorgen Reiherfedern für den besten Flug.«
    Er reichte den Pfeil wieder seinem Gefolgsmann, nahm Okuda den Bogen ab und spannte und bog ihn mit einer einzigen, mühelosen Bewegung. »Ich glaube, er ist fast so lang, wie Lady Maruyama groß ist«, sagte er und wandte sich Shigeko zu. »Haben Sie je an einer Hundejagd teilgenommen?«
    Â»Nein, im Westen jagen wir keine Hunde«, antwortete sie.
    Â»Ein großartiger Sport. Die Hunde sind so wild darauf, mitzumachen! Man kann sie wirklich nur bemitleiden. Natürlich sind wir nicht darauf aus, sie zu töten. Ich würde gern einen Löwen oder einen Tiger jagen. Das wäre eine würdigere Beute!
    Da wir von Tigern sprechen«, fuhr er fort und wechselte wie gewohnt unvermittelt das Thema, wobei er den Bogen zurückreichte und auf der Treppe in seine Sandalen schlüpfte. »Wir dürfen nicht vergessen, über den Handel zu reden. Sie schicken Schiffe nach Shin und Tenjiku, richtig?«
    Takeo nickte bejahend.
    Â»Und Sie haben die Barbaren des Südens empfangen? Sie sind für uns von besonderem Interesse.«
    Â»Wir haben Geschenke aus Tenjiku, Silla, Shin und von den Inseln des Südens für Lord Saga und Seine Göttliche Majestät mitgebracht«, erwiderte Takeo.
    Â»Ausgezeichnet, ausgezeichnet!«
    Die Sänftenträger hatten sich im Schatten vor demTor ausgeruht. Nun sprangen sie auf die Beine und verneigten sich demütig, während ihre Herren in ihre eleganten Sänften stiegen und auf eher unbequeme Weise zu jenem Haus gebracht wurden, das nun die Residenz der Otori war. Über dem Tor und längs der Straße flatterten die Banner mit dem Reiher. Das Haupthaus lag am westlichen Rand eines großen Gebäudekomplexes. Die ganze Ostseite bestand aus

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