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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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hier und jetzt ausschlüge, wäre eine solche Beleidigung nicht weniger öffentlich.
    Shigeko saß mit gesenktem Blick da und ließ sich ihre Reaktion auf die Diskussion nicht anmerken.
    Takeo sagte: »Diese Ehre ist zu groß für uns. Meine Tochter ist noch sehr jung, aber ich danke Ihnen von Herzen. Ich würde die Angelegenheit gern mit meinerFrau besprechen – Lord Saga weiß vielleicht nicht, dass sie die Drei Länder gleichberechtigt mit mir regiert. Ich bin mir sicher, die Aussicht auf eine solche Verbindung zwischen uns wird sie genauso hoch erfreuen wie mich.«
    Â»Ich hätte das Leben Ihrer Frau gern verschont, zumal sie ein Baby hat, aber wenn sie gleichberechtigt mit Ihnen regiert, muss sie entweder mit Ihnen sterben oder ins Exil gehen«, sagte Saga mit einer gewissen Gereiztheit. »Vielleicht halten wir fest, dass Lady Maruyama im Falle ihres Sieges nach Hause zurückkehren darf, um sich mit ihrer Mutter zu besprechen.«
    Shigeko ergriff zum ersten Mal das Wort. »Ich habe auch einige Bedingungen, wenn ich sie äußern darf.«
    Saga warf seinen Männern einen Blick zu und lächelte nachsichtig. »Lasst sie uns hören, Lady.«
    Â»Ich bitte Lord Saga zu schwören, dass er die weibliche Nachfolge in Maruyama erhält. Und als Oberhaupt meines Clans werde ich, nachdem ich mich mit meinen obersten Gefolgsleuten und mit meinen Eltern als Herrschern über die Drei Länder beraten habe, selbst über meine Ehe entscheiden. Ich bin Lord Saga überaus dankbar für seine Großzügigkeit und die Ehre, die er mir zuteilwerden lässt, aber ohne die Zustimmung meines Clans kann ich nicht einwilligen.«
    Sie klang zwar entschlossen, aber auch so charmant, dass man keinen Anstoß an ihren Worten nehmen konnte. Saga verneigte sich vor ihr.
    Â»Wie ich sehe, habe ich eine würdige Gegnerin«, erklärte er und seine Männer lachten leise auf.

KAPITEL 39

    Als sie zu ihrer Residenz zurückkehrten, stand der Neumond des sechsten Monats im Osten hinter dem sechsfach gestuften Dach einer Pagode. Nachdem Takeo gebadet hatte, ließ er Hiroshi kommen und berichtete ihm von den Gesprächen, die sie an diesem Tag geführt hatten. Er ließ nichts aus und schloss mit dem Heiratsangebot.
    Hiroshi hörte schweigend zu und sagte nur: »Das kommt natürlich nicht unerwartet und es ist eine große Ehre.«
    Â»Trotzdem … mit so einem Mann …«, sagte Takeo sehr leise. »Shigeko wird deinen Rat befolgen, den meiner Frau und den meinen. Wir müssen ihr zukünftiges Leben bedenken und auch erwägen, was das Beste für die Drei Länder ist. Es besteht wohl eine kleine Chance, dass wir uns nicht sofort entscheiden müssen.« Er seufzte. »Von diesem Wettkampf hängt so viel ab – und auf Sagas Seite weiß man offenbar schon ganz genau, wie er ausgehen wird!«
    Â»Matsuda Shingen selbst hat Ihnen geraten, nach Miyako zu reisen, richtig? Sie müssen seinem Urteil vertrauen.«
    Â»Ja, das muss ich und das tue ich auch. Aber wird sich Saga an die Abmachung halten, die er selbst getroffen hat? Er ist ein Mann, der das Verlieren hasst, und er ist so felsenfest von seinem Sieg überzeugt.«
    Â»Die ganze Stadt ist begeistert von Ihnen, Lady Shigeko und dem Kirin. Man verkauft Gemälde des Tieres, und sein Bild wird in Stoffe gewoben und auf Gewänder gestickt. Wenn Lady Shigeko diesen Wettkampf gewinnt, und das wird sie, dann werden Sie die Unterstützung – und den Schutz – des Volkes genießen. Man dichtetet schon Lieder darüber.«
    Â»Die Menschen lieben vor allem Geschichten über Verlust und Tragödien«, erwiderte Takeo. »Wenn ich erst auf der Insel Sado im Exil bin, werden sie meine traurige Geschichte genießen und dabei ein paar Tränen vergießen!«
    Ein leises Pochen an der Tür, und nachdem sie aufgeglitten war, trat Shigeko ein, gefolgt von Gemba, der eine schwarz lackierte Kiste mit dem goldenen Intarsienbild des Houou trug. Takeo bemerkte, wie seine Tochter zu Hiroshi sah, und aus ihren Blicken sprach eine so tiefe gegenseitige Zuneigung und ein solches Vertrauen, dass sich sein Herz vor Bedauern und Mitleid schmerzhaft zusammenzog. Sie wirken jetzt schon wie ein Ehepaar , dachte er, und sind so tief miteinander verbunden . Am liebsten hätte er seine Tochter diesem Mann zur Frau gegeben, für den er eine so hohe

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