Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers
im gleichen MaÃe vertraut wie dir.«
Wieder fiel Taku der Groll in der Stimme seines Bruders auf, aber das beunruhigte ihn weniger als dessen Kontakte zu den Kikuta. Stimmte dies oder gab Zenko nur an?
Er wartete schweigend ab, was Zenko noch preisgab.
»Natürlich gingen im Mutodorf diese Gerüchte über den Jungen um«, fuhr Zenko fort. »Dass Takeo sein Vater sei, nicht Akio.« Er tat gleichmütig, doch Taku hörte ein groÃes Interesse aus seiner Stimme heraus.
»Das könnte nur Muto Yuki bestätigen«, erwiderte er. »Und sie ist kurz nach der Geburt des Kindes gestorben.«
»Ja, ich erinnere mich«, sagte Zenko. »Aber wer auch immer der Vater sein mag, der Junge ist Kenjis Enkel und die Mutofamilie hat ein Interesse an ihm. Wenn ich Oberhaupt werde, spreche ich die Kikuta auf ihn an.«
»Ich denke, wir sollten die Nachfolge Kenjis offenlassen, bis wir mit unserer Mutter darüber geredet haben«, sagte Taku höflich. »Ich muss dich wohl nicht erst daran erinnern, dass das Oberhaupt der Familie üblicherweise über herausragende Fähigkeiten verfügt.«
Zenko errötete vor Zorn, er verengte wütend die Augen. »Ich besitze viele Stammesfähigkeiten, kleiner Bruder. Sie mögen nicht so blendend sein wie deine, aber sie sind äuÃerst wirkungsvoll!«
Taku bewegte unmerklich â und ohne es wirklich ernst zu meinen â den Kopf, um seine Unterwerfung zu signalisieren, und wandte sich dann weniger heiklen Themen zu. Nach einer Weile gesellte sich Lord Kono zu ihnen. Sie aÃen gemeinsam zu Mittag und statteten im Anschluss mit Hana und den zwei jüngeren Söhnen dem Kirin einen Besuch ab. Danach wurde Dr. Ishida in die Residenz eingeladen, damit er sich mit Chikara vertraut machte, bevor er diesen nach Hagi mitnahm.
Bei der Begegnung mit Kono hatte Ishida recht nervös gewirkt, und als sich der Edelmann nach seiner Zeit in Fujiwaras Haushalt erkundigte, war er noch angespannter gewesen. Er nahm die Einladung nur zögernd an, traf mit Verspätung zum Abendessen ein und war, wie Taku missbilligend feststellte, ziemlich betrunken.
Auch Taku war angespannt. Das Gespräch, das er mit Zenko geführt hatte, beunruhigte ihn, und beim Essen war er sich der unterschwelligen Spannungen im Raum bewusst. Wie üblich lieà er sich nichts davon anmerken, sondern unterhielt sich oberflächlich, aber höflich mit Kono, machte Hana Komplimente für das Essen und ihre Söhne und versuchte, Ishida in Gespräche über unverfängliche Themen zu verwickeln, zum Beispiel die Sitten der Gen-Nomaden oder den Lebenszyklus der Wale. Zu seiner Schwägerin, die er nicht besonders mochte und der er auch nicht wirklich traute, hatte er ein schwieriges Verhältnis, obwohl er nicht anders konnte, als ihre Intelligenz und ihr Temperament zu bewundern, und der Wirkung ihrer Schönheit konnte sich sowiesokein Mann entziehen. Taku erinnerte sich daran, wie sie als Jungen alle Feuer und Flamme für sie gewesen waren â er, Zenko und Hiroshi. Sie waren ihr gefolgt wie hechelnde Hunde und hatten untereinander um ihre Aufmerksamkeit gekämpft.
Es war allgemein bekannt, dass Konos Vater die Männer lieber gemocht hatte als die Frauen, doch Taku konnte bei Kono kein Anzeichen dafür erkennen. Stattdessen meinte er in Konos Aufmerksamkeit gegenüber Hana eine nur allzu natürliche Anziehung zu sehen. Unmöglich, sie nicht zu begehren , dachte er und fragte sich kurz, wie es wäre, wenn er im Dunkeln neben ihr erwachte. Er war fast ein bisschen neidisch auf Zenko.
»Dr. Ishida hat sich um Ihren Vater gekümmert«, sagte Hana zu Kono. »Und nun kümmert er sich um die Gesundheit von Lord Otori.«
Taku hörte sowohl Falschheit als auch Missgunst aus ihrer Stimme heraus und sein Begehren wich der Abneigung. Er war froh, dass er von dieser fatalen Leidenschaft kuriert und nie einer anderen erlegen war. Dankbar dachte er an seine eigene ehrliche Frau, der er voll und ganz vertraute und die er jetzt schon vermisste. Vor ihm lag ein langer, öder Sommer.
»Mit groÃem Erfolg«, sagte Zenko. »Dr. Ishida hat Lord Otori mehrmals vor dem Tod bewahrt.«
»Mein Vater hatte immer Hochachtung vor Ihrem Können«, sagte Kono zu Ishida.
»Das ist zu viel der Ehre. Mein Können ist bescheiden.«
Taku glaubte, Ishida würde die Sache damit auf sichberuhen lassen, doch
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