Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels
eines Dritten hatte, der ihm sonderbar ähnlich sah. Sowie ihre Gegner abgelenkt waren, traf der Fuchs den Schwertarm eines Mannes mit einem Rückschlag und trennte ihn von der Schulter. Jato hatte die Kehle des anderen gefunden und schnitt tief in die Gurgel.
»Ha!«, machte der Fuchs mit einer gewissen Befriedigung, während er die Leichen und dann die Schwertklinge betrachtete, bevor er sie wieder in die Scheide steckte. »Das ist eine gute Waffe. Vielleicht behalte ich sie doch noch!«
»Du hast sie doppelt verdient â¦Â«, fing Shigeru an, doch der andere unterbrach ihn.
»Sie drücken die Dinge schön aus, Lord Otori, aber bei allem Respekt, jetzt haben wir keine Zeit für so etwas. Sie müssen wissen, dass die ganze Tohanarmee Sie sucht. Sadamu hat Belohnungen für jeden Otorikopf ausgesetzt und die gröÃte ist für Ihren. Ich habe Sie zuerst gefunden und werde nicht zulassen, dass ein anderer Sie kriegt.«
»Du hast mir doch nicht das Schwert meines Vaters gegeben, um uns beide Sadamu auszuliefern?«
»Nein, wenn ich Sie hätte töten wollen, hätte ich das inzwischen getan, bevor Sie es auch nur gemerkt hätten. Ich versuche Ihnen zu helfen.«
»Warum?«
»Ich glaube, wir sollten das später diskutieren, wenn wir dort sind, wo Sie hingehen wollen.«
»Es sieht so aus, als sollte ich leben«, sagte Shigeru und schaute kurz zurück auf die Stelle, die er zu seinem Sterbeplatz bestimmt hatte. »In diesem Fall muss ich so bald wie möglich zurück nach Hagi und vom Clan und dem Mittleren Land retten, was ich noch retten kann.«
»Dann gehen wir nach Hagi«, sagte der Fuchs und begann rasch den Hang hinauf in die Dunkelheit des Waldes zu steigen.
Die letzten Geräusche des Schlachtfeldes verklangen, während der Wald ringsum tiefer wurde. Es war fast völlig finster und die ersten Sterne standen am Himmel: der GroÃe Bär tief im Nordosten wie ein Omen für bevorstehendes Ãbel. Eine Füchsin schrie und Shigeru lief ein Schauer über den Nacken. Er entsann sich, wie er diesem Mann zuvor als Junge gefolgt war, noch bevor er einen einzigen Mann getötet hatte und seine ganze Zukunft voller Hoffnung erschien ⦠Dann war seine Welt aus dem Gleichgewicht geworfen worden â durch den Zusammenstoà mit einer übernatürlichen Realität. Jetzt schwankte seine Welt wieder â er wusste nicht, ob es in seiner Macht stand, sie zu stabilisieren, oder ob sie sich neigen und fallen würde, wobei sie ihn und alles, was irgendwelche Bedeutung für ihn hatte, in die Vergessenheit schleuderte.
Die Füchsin schrie wieder. Sie würde jagen, um ihre Jungen zu füttern â ein unerwartetes Festmahl erwartete sie auf der Ebene drunten. Shigeru schauderte, als er an die Szenen des kommenden Morgens dachte, wenn die Toten die Krähen fütterten.
KAPITEL 31Â
Sie wanderten fast die ganze Nacht immerzu bergauf durch das wilde Bergland im Westen von Yaegahara. Die meiste Zeit ging Shigeru wie betäubt, seine Kopfwunde schmerzte, Geist und Körper waren fast jenseits der Erschöpfung. Im einen Moment bedauerte er bitter die Handlungen, die zu diesem Unglück geführt hatten, im nächsten empörte er sich über jene, die sich gegen ihn gewandt hatten, und nahm Abschied von den Toten, die ihn begleiteten. Schlachtszenen ohne jede Bedeutung zogen an ihm vorbei. Wer aus seiner Armee lebte noch? Wer von ihnen würde ins Mittlere Land zurückkehren?
Oben am Pass hielten sie kurz an. Es war so kalt, dass der schwarze Fels des Berges immer noch hier und da von Schnee bedeckt war, der geisterhaft weià im vormorgendlichen Licht schimmerte, doch Shigeru spürte den Frost nicht. Er fiel in einen leichten, fiebrigen Schlaf; beim Aufwachen schwitzte er und spürte, wie die Angst ihm die Brust einschnürte.
Der Fuchs beugte sich über ihn. Es war schon Tag, die ersten Sonnenstrahlen berührten die Gipfel rundum und färbten den Schnee golden und rosa.
»Wir müssen weiter.« Er sah ihn besorgt an. »Sie sind ganz heiÃ. Können Sie gehen?«
»Natürlich.« Shigeru stand auf und schwankte leicht,als ihm das Blut aus dem Kopf strömte. Die Verletzung schmerzte heftig. Er ging zum Schnee, schob ein paar Handvoll zusammen, rieb sie über Kopf und Hals und zuckte zusammen, als er die Wunde berührte, dann stopfte er sich
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