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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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sauberen Schnee in den trockenen Mund. Er machte mehrere tiefe Atemzüge, wie er es in Terayama gelernt hatte, und schaute über das dichte Grün des Waldes drunten.
    Â»Gehen wir.«
    Der Fuchs führte, sie kletterten über Felsbrocken und begannen den Abstieg. Es war kaum ein Pfad, dem sie folgten, eher eine Fuchsfährte. Oft krochen sie auf allen vieren durch dichtes Gestrüpp, als würden sie sich durch die Erde graben. Von Zeit zu Zeit drehte der Fuchs sich um, als wollte er eine Pause vorschlagen, doch jedes Mal bedeutete ihm Shigeru, dass sie weitergehen sollten.
    Von dieser Wanderung blieb ihm nicht viel im Gedächtnis: der Wechsel von Fieber und Kälte, das Klopfen im Kopf, der Schmerz in den Lungen, nach dem zweiten Tag vermischt mit den Schmerzen an den verletzten, blutenden Füßen, der ständige Durst. Am Fuß der ersten Bergkette war ein kleines Tal mit Reisfeldern und Gemüsegärten. Sie brauchten einen halben Tag, um es zu durchqueren, und unterwegs schenkte ihnen ein Bauer ein wenig Frühgemüse und Karotten. Er schien den Fuchs zu kennen, genau wie die Landarbeiter auf den Feldern, doch Shigeru war noch nie zuvor in diesem Tal gewesen, hatte gar nicht gewusst, dass es existierte, und in dem abgezehrten, hohläugigen Flüchtling erkannten sie gewiss nicht den Erben – jetzt den Anführer – desClans. Auf der anderen Seite sah er eine weitere Bergkette, steiler und höher als die gerade überquerte, und dahinter noch eine. Er zwang sich, nicht an den nächsten Anstieg und den übernächsten zu denken, sondern sich auf das Gehen zu konzentrieren, einen Fuß vor den anderen, und durch reine Willensstärke durchzuhalten.
    Sie aßen im Gehen. Das Essen brachte wieder Speichel in den trockenen Mund und Shigeru fühlte sich ein wenig besser. Am Nachmittag stiegen sie wieder: Die Felder rundum waren steil terrassiert, kleine Erdflecken, die aus dem steinigen Boden geschnitten waren. Die Sonne verschwand früh hinter den Bergen; rasch kamen sie in den tiefen Schatten des nach Osten gerichteten Hangs. Shigeru schaute kurz zurück auf die andere Seite, die noch in Licht und Wärme badete. Zwischen den Bambuswäldchen und den bestellten Feldern waren keine Gebäude zu sehen. Er fragte sich, warum die Bewohner keine Unterkünfte auf jenen Hang gebaut hatten, um die längeren Stunden mit Sonnenlicht zu nutzen – zweifellos wegen einer alten Tradition oder eines Aberglaubens.
    Sie stiegen ein wenig weiter und umrundeten eine Felsnase. Jetzt wurde ihm klar, dass die Menschen in diesem Tal anderes mehr schätzten als die Nachmittagswärme. Zwischen den Felsen und der Felsenwand war ein massives Balkentor errichtet worden. Es stand jetzt offen, aber einmal geschlossen, würde es den Weiler dahinter abriegeln. Sie gingen durch das Tor, der Fuchs grüßte die Wachtposten, die dort saßen – kräftige junge Männer, Kriegern ähnlicher als Bauern –, und Shigeru befand sich in einem Dorf, in dem es keine Holzhäusergab. Die Behausungen waren in die Felsen gegraben, diese Dörfler wohnten in Höhlen. Es schienen etwa zehn zu sein, jede mit einer Holztür und Fensterläden, die an diesem milden Nachmittag im Frühsommer alle offen standen. Es gab sogar einen Schrein, erkennbar an der zinnoberroten, einem Vogelkäfig ähnlichen Pforte. Frauen saßen im Freien, bereiteten Mahlzeiten vor und wuschen Gemüse in dem Quellwasser, das in Zisternen geleitet wurde. Der Fuchs ging zu einer von ihnen und brachte Wasser in einem Bambusschöpfer zurück. Shigeru spülte Mund und Hände, dann trank er mit tiefen Zügen. Das Wasser war kühl und weich vom Kalkstein.
    Â»Was ist das für ein Ort?«
    Â»Einer, an dem Sie sich verstecken und ein paar Tage ausruhen können.«
    Â»Ich habe nicht vor auszuruhen«, sagte Shigeru. »Ich muss so schnell wie möglich nach Hagi.«
    Â»Nun, darüber reden wir später. Kommen Sie herein, wir werden etwas zu essen bekommen und dann eine Weile schlafen.« Der Fuchs sah Shigerus ungeduldige Miene und lachte. »Sie müssen sich vielleicht nicht ausruhen, ich aber schon!«
    Er zeigte keinerlei Anzeichen von Müdigkeit und Shigeru war überzeugt, dass der Mann eine weitere Woche ohne Schlaf auskommen würde, wenn es sein musste. Er merkte, dass das Fieber für den Augenblick herunterging, denn er konnte

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