Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels
aus einer anderen Lebenszeit, ein anderes Licht, vom Wald und dem fallenden Regen grünlich gefärbt â¦
Der Fuchsgeist stand vor ihm mit Jato in den Händen. Dasselbe blasse, lebhafte Gesicht, die unauffällige, schmale Gestalt, die schwarzen, undurchschaubaren Augen, die alles aufnahmen.
»Lord Otori!«
Der Mann, der gesagt hatte, er werde der Fuchs genannt, hielt in beiden ausgestreckten Händen das Schwert und bemühte sich, es nur ganz leicht zu berühren, denn jeder Druck auf die Klinge würde sofort die Haut schlitzen. Die Scheide war verloren gegangen, doch die Verzierungen aus Bronze und Perlmutt leuchteten auf dem Griff. Shigeru nahm es zögernd und ehrfürchtig, verneigte sich vor seinem Wohltäter und spürte die Kraft des Schwerts, als es in seine Hand glitt.
Das Leben voll unerträglichem Schmerz und unmöglichen Forderungen stürmte auf ihn ein.
Töte dich nicht. War es die Stimme des Mannes, seines toten Vaters oder die des Schwerts? Lebe und räche dich!
Er spürte, wie sich sein Gesicht veränderte, als seineLippen sich öffneten. Seine Augen füllten sich mit Tränen und er lächelte.
Er nahm Iries leere Scheide vom Gürtel des Kriegers und schob Jatos Klinge hinein. Dann griff er nach seinem alten Schwert auf dem Schrein und streckte es dem Fuchs entgegen.
»Nimmst du das zum Tausch?«
»Ich bin kein Krieger. Ich habe keine Verwendung für ein Schwert.«
»Du hast den Mut eines Kriegers«, erwiderte Shigeru, »und der Otoriclan ist, wenn er überlebt, immer in deiner Schuld.«
»Lassen Sie uns hier weggehen«, entgegnete der andere und lächelte schwach, als hätten Shigerus Worte ihm gefallen. »Legen Sie Ihre Rüstung ab und lassen Sie sie hier.«
»Du denkst wahrscheinlich, ich sollte mir das Leben nehmen«, sagte Shigeru und tat, was der Fuchs vorgeschlagen hatte. »Ich wünschte, ich hätte es getan, wünschte, ich könnte es immer noch tun. Aber meines Vaters letzter Befehl lautete, ich solle leben â wenn Jato, sein Schwert, zu mir käme.«
»So oder so ist es mir gleichgültig. Ich weià nicht, warum ich Ihnen helfe. Glauben Sie mir, das ist bei mir nicht üblich. Kommen Sie, folgen Sie mir.«
Der Fuchs hatte Shigerus Schwert wieder auf den flachen Stein gelegt, doch als sie sich dem Berg zuwandten, hörten sie von unten rasche Schritte und ein kleiner Trupp Männer kam in Sicht, das dreifache Eichenblatt auf ihrer Rüstung war deutlich sichtbar.
»Vielleicht brauche ich das doch noch«, murmelteder Fuchs, griff nach dem Schwert und zog es aus der Scheide. Im selben Moment wurde Jato in Shigerus Hand lebendig. Er hatte das Schwert schon zuvor gehalten, aber jetzt kämpfte er zum ersten Mal damit. Ein Erkennen blitzte in ihm auf.
Der Hang war ihr Vorteil, doch sie hatten beide keinerlei Schutz und die Tohan waren in voller Rüstung, drei trugen Schwerter und zwei Speere mit gebogenen Klingen. Shigeru spürte, wie seine Energie zurückkam, als hätte Jato ihn mit neuem Leben erfüllt. Er parierte den Schwertschlag des Mannes, der ihm am nächsten kam, machte mit schlangenartiger Geschwindigkeit einen Schritt zur Seite und lieà den Mann vorbeistolpern. Jato zischte durch die Luft und schlitzte unter dem Helm den Nacken auf, wobei das Rückenmark verletzt wurde. Ein Speerstoà folgte von unten, doch der Fuchs hatte sich unsichtbar gemacht und tauchte jetzt hinter dem Kämpfer auf, schlug mit dem langen Schwert zu und spaltete den Mann von der Schulter bis zur Hüfte. Der Speer fiel nutzlos zu Boden.
Die Tohan hatten vielleicht erraten, gegen wen sie kämpften, und die Hoffnung auf eine groÃe Belohnung spornte sie an, doch nachdem die ersten beiden so rasch umgekommen waren, floh der zweite Speerkämpfer rückwärts den Hügel hinab, offensichtlich wollte er jetzt, wo die Schlacht vorbei war, nicht noch getötet werden. Aber er rief um Hilfe. Shigeru wusste, jeden Moment würden andere den Hang heraufkommen. Wenn er jetzt die Gefangennahme vermeiden wollte, musste er die übrigen Männer töten und sofort fliehen. Er wusste, dass er immer erschöpfter wurde, und er kämpfte gegen zwei zugleich. Jato glitt durch die Luft wie eine Viper beim Angriff. Shigeru glaubte schon, der Fuchs habe ihn im Stich gelassen, dann merkte er, dass der Mann neben ihm kämpfte â und die Unterstützung
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