Der Clan der Vampire (Venedig 1 & 2)
Regel, auf der sie trotz ihrer Ausschweifungen bestanden: Niemand würde eine Jungfrau deflorieren.
Es roch schwer nach Zigarren, Alkohol und Parfüm. Viola nahm einen flachen Atemzug und ließ die Tür hinter sich einrasten. Ein weinroter Vorhang aus schwerem Samt trennte das Foyer von den Räumen dahinter. Musik und Lachen trieben zu ihr. Sie machte einen Schritt nach vorne, da hielt sie eine Hand auf ihrem Arm zurück.
Die Luft blieb ihr im Hals stecken und sie wandte sich erschrocken um.
„Die Eintrittsgebühr, Signora“, verlangte die untersetzte Frau in dem reich bestickten Kleid. Ihre Brüste quollen über ihr tief ausgeschnittenes Oberteil und die großen Edelsteine, die an einer Kette um ihren Hals hingen, funkelten im Kerzenlicht.
„Natürlich“, antwortete Viola und griff in ihr Täschchen, um eine Münze herauszuholen. Der Mann, der ihr von diesem Club erzählt hatte, hatte sie darauf hingewiesen. Sich jetzt wie eine Ahnungslose zu benehmen, die so etwas zum ersten Mal tat, wäre nicht gut und würde nur Misstrauen heraufbeschwören.
Die Gastgeberin nahm die Münze entgegen und ließ sie in den Falten ihres Rockes verschwinden. „Gut.“
Einen Moment später teilte sie den Vorhang und erlaubte Viola, hindurchzuschreiten.
Der Raum war größer, als sie erwartet hatte. Tatsächlich war er bestimmt so groß wie der Ballsaal ihrer Eltern. An den Seiten befanden sich Nischen, um einen Anschein von Privatsphäre zu bieten, falls jemand dies wünschte, aber in der Mitte gab es unzählige Diwans und Sofas und deren Benutzer waren den Augen aller ausgesetzt. Große Kronleuchter mit brennenden Kerzen spendeten Licht. Ein kleines Streichquartett sorgte für das Ambiente.
Diener schwirrten umher, um die Gäste mit Getränken zu versorgen und nach dem Aussehen einiger Anwesenden zu urteilen, schien der Alkohol in Strömen zu fließen. Männer lungerten auf den Sofas, einige komplett bekleidet und durchaus respektabel, andere hatten die Krawatten gelockert und ihre Hemden aufgeknöpft. Frauen lagen in mehr als unanständigen Posen über den Männern.
Hatte ihr Informant nicht gesagt, dies wäre kein Bordell? Viola spürte ihren Herzschlag ansteigen. Sie war nicht wie die Frauen, die sie hier sah. Bescheidenheit und Privatsphäre schienen für diese unwichtig zu sein. Das war nicht, was sie erwartet hatte. Vielleicht hatte der Mann sie missverstanden. Sie hatte ein Etablissement gesucht, wo sie einen Mann finden konnte, der sie in die Privatsphäre eines Schlafgemachs bringen würde und sie erleben ließe, wie es war, den Körper eines Mannes zu spüren.
Es war ein Fehler gewesen, hierher zu kommen. Viola wich einen Schritt zurück und prallte gegen ein Hindernis. Sie drehte sich um.
„Ciao, Bella“, begrüßte sie der attraktive Fremde und ließ einen anerkennenden Blick über ihren Körper schweifen.
Viola schluckte schwer, unfähig zu antworten. Der Puls an ihrem Hals schlug so wild, dass sie sich sorgte, ihre Schlagader könnte platzen und die Menschen um sie herum mit ihrem Blut bespritzen.
Ihr Schweigen schien ihn nicht zu stören. „Ich sehe, Sie sind neu hier.“ Er hob seine Hand und zeichnete den Saum ihres Dekolletés nach. Von seiner Kühnheit überrascht keuchte Viola und wich zurück.
„Ich heiße Salvatore. Und ich würde mich freuen, wenn Sie mir die Ehre erweisen, den Abend mit mir zu verbringen.“
Sie nahm einen beruhigenden Atemzug und warf ihm einen abschätzenden Blick zu. Er war etwas größer als andere Männer. In seinem dunklen Anzug und der modischen Krawatte würde nicht einmal ihre Mutter Einwände gegen ihn aufbringen können, wenn er ihr den Hof machen wollte. Aber er war nicht hier, um ihr den Hof zu machen. Das wollte sie nicht.
Alles, was sie wollte, war gebettet zu werden. War er der richtige Mann dafür? Würden diese eleganten Hände sie streicheln und ihr das Gefühl geben, eine echte Frau zu sein, oder würde seine Berührung sie gleichgültig lassen? War ihr flatternder Herzschlag Zeichen für ihr Interesse an ihm oder Zeichen ihrer Angst, ihren Plan durchzuziehen?
Sie konnte sich nicht sicher sein. Aber wenn sie nur einfach hier stehenblieb, ohne eine Entscheidung zu treffen, würde sie nie ihr Ziel erreichen.
Viola sammelte all ihren Mut, zwang ein Lächeln auf ihre Lippen und unterdrückte ihre aufsteigenden Zweifel. „Das wäre reizend.“
2
Dante war überaus wütend.
Er musterte eingehend die blauen Flecken auf Benedettas Gesicht.
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