Der Clan der Wildkatzen
nachgelassen, und das stete Plätschern der Tropfen, die auf den Blättern landeten, beruhigte Jethro. Der Milan saß noch immer oben auf dem Dach, wo der Mäuserich ihn zuvor gesehen hatte, und schien seine Flügelspitzen zu testen. Er schlug mit den Flügeln und sie blähten sich auf und sackten zusammen wie Segel im Wind.
Jethro sah die Katzen nicht herauskommen, denn sie bewegten sich zu schnell und leise. Erst als die Bandikutratte kreischte, blickte er in deren Richtung. Der Mäuserich quiekte vor Entsetzen, denn die Ratte– eine junge, eigentlich noch ein Baby– drehte sich in der Luft, während ihr Rumpf von den Kiefern einer weißen Katze gehalten wurde und ihre Hinterläufe strampelten, um sich zu befreien. Dann schnappte eine schwarze Katze nach dem Hals der Ratte, und der Schrei des armen Wesens verwandelte sich in Gurgeln, als das Blut spritzte. Der Schwarze sollte den tödlichen Biss ausführen , dachte die Maus, es ist seine Beute, denn er hat besser gebissen als der Weiße .
Aber Jethro musste schockiert feststellen, dass keine der Katzen Anstalten machte, die Ratte zu erlösen. Stattdessen schrie und gurgelte das arme Tier weiter, während die beiden Katzen mit ihm spielten.
» Oh, nicht doch!«, sagte der Mäuserich. Er erstarrte, als sich die weiße Katze zu ihm umdrehte.
Daturas gelbes Auge blitzte ihn an, die Pupille schmal, schwarz und voller Rachsucht. » Das Frischfleisch spricht«, sagte die Katze. » Hier scheint das Fleisch immer zu sprechen, Ratsbane.«
» Die werden schon schweigen, wenn wir ihnen die Schnäbel und Schnauzen abgebissen haben, Datura«, erwiderte die schwarze Katze und spielte weiter mit der Bandikutratte, die nun schlaff auf der Hecke zwischen den beiden Katzen lag. » Soll ich mir die Maus holen?«
» Später«, sagte Datura bestimmt. » Erst die Hecken, dann die Bäume. Haben alle verstanden? Wenn ihr irgendwelche Katzen aufstöbert, lasst euch nicht auf Palaver ein. Tötet sie. Mit dem Rest könnt ihr spielen.«
Jethro spürte wieder das Kribbeln im Fell, drehte sich von dem entsetzlichen Anblick der Bandikutratte weg und sah auf ein Meer von Katzen, die vom Verrammelten Haus ausschwärmten. Still strömten sie heraus, eine Welle Unbezähmbarer, die in die Hecken und Gärten schlichen. Ihre Schnurrhaare verströmten Boshaftigkeit.
Die Maus zögerte und wog die Risiken ab. Dies war nicht Jethros Kampf, und er war zu klein, um sich gegen die Unbezähmbaren zu wehren. Doch als er wieder zu dem schlaffen Körper der Ratte sah und zu den kleinen Eichhörnchen, die alarmiert die Köpfe aus einem Loch im Baum steckten, traf der Mäuserich seine Entscheidung. Er zog den schnürbandartigen langen Schwanz um sich herum und riss die schwarzen Augen auf. Dann quiekte er so laut, wie es ihm nur möglich war. » Die Unbezähmbaren sind draußen! Lauft um euer Leben! Verteidigt euch! Das Verrammelte Haus ist offen! Die Unbezähmbaren sind draußen!«
Ganz oben im Baum hörte ihn ein Kuckuck, der ungläubig zu den Unbezähmbaren herunterstarrte, ehe er ebenfalls Alarm schlug. Die Nachtigallen wurden davon angesteckt und bald fielen auch die Mainas und die Spatzen mit ein. Der Vorteil, den sich die Unbezähmbaren vielleicht erhofft hatten, weil sie lautlos aus dem Verrammelten Haus geschlichen kamen, war durch den schrillen Chor in den Bäumen dahin.
Datura kletterte in einen Baum und schüttelte die Eichhörnchen von den Ästen, die herabfielen und unten von den Katzen niedergemetzelt wurden. » Du hast ja keine Ahnung«, sagte er zu Jethro, » wie gut es sich anfühlt, kleine, weiche, quiekende Dinger zu jagen. Gleich bist du an der Reihe.« Die weiße Katze schaute zu, wie Ratsbane sich an das Nest der kreischenden Nachtigallen heranschlich.
Die Katzen bewegten sich in engen Gruppen zu dritt oder viert, verteilten sich auf dem Gelände und töteten alles, was sie fanden. Die Schreie der Heckenbewohner waren mitleiderregend.
» Es wird bestimmt noch besser, wenn wir erst einmal aufgewärmt sind, Frischfleisch«, sagte Datura, als könnte er Jethros Gedanken lesen. Dem Kater hing die Zunge aus dem Maul, während er hin und her lief und seine Truppen beobachtete.
Die Unbezähmbaren waren im Blutrausch. Jethro hatte so etwas schon einmal erlebt, bei einer Schar weißer Mäuse, die als Haustiere gehalten worden waren. Ein Großfußjunge hatte in den dicht gedrängten Gassen des Schreins einen Käfig fallen gelassen, und die Mäuse waren in das Labyrinth aus
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