Der Clan der Wildkatzen
hinter einer grauen Wolkenbank, doch schon hoch am Himmel. Es war bereits Vormittag. Als er nach links trabte und nachschauen wollte, ob es einen Weg durch die Hecke gab, fielen ihm von den Wandelröschenblättern ständig Tropfen in den Nacken, und die winzigen Dornen drückten sich in Bauch und Rücken.
Vor ihm gab es nichts außer einem Stinkkäfer, der anklagend mit dem Unterkiefer klickte. Southpaw hatte das ausgesprochen unangenehme Gefühl, dass sich der Boden unter seinem flachen Bauch in Schlamm verwandelte. Er schob sich vorwärts, wurde jedoch von einer Reihe Ameisen, die ihm entgegenkamen, aufgehalten.
» Nicht. Über. Diese. Linie«, brummten die Ameisen mit ihren leisen, monotonen Stimmen, die in Southpaws Kopf widerhallten. » Versuch. Nicht. Hier. Durchzukommen. Wir. Haben. Sprühgift. In. Vier. Stärken: Pfeffer. Chili. Jalapeño. Peperoni. Und. Wir. Haben. Keine. Bedenken. Es. Einzusetzen.«
Southpaw erstarrte, aber die Ameisen marschierten weiter und kamen näher. Also schob sich der kleine Kater schmachvoll wieder aus der Hecke und beschmierte sich dabei mit jeder Menge Schlamm.
Er konnte nicht im Stufenbrunnen bleiben. Wenn Hulo ihn später hier entdeckte, würde ihm der Kater den Hintern versohlen, bis ihm das Fell in Streifen herunterhinge, das hatte er ihm schon einmal angedroht. Vorsichtig schlich der kleine Kater dicht an der Einzäunung durch die Akazie und das Gras und hoffte, Hulo würde ihn nicht sehen, wenn er dicht am Zaun um das Verrammelte Haus blieb. Southpaw hatte schon mehr als die Hälfte hinter sich gebracht, schob sich durch die verflochtenen Büsche und machte die kurzen Beine lang, um über die dicken alten Wurzeln der Bäume zu klettern, als er plötzlich Geschrei hörte. Er konnte nicht sehen, welches Tier schrie, doch es klang einfach schrecklich, wie ein sehr junges Beutetier – ein Mäusebaby oder Küken –, und dann kamen weitere Schreie dazu.
Er war stehen geblieben, wie gelähmt vor Angst, und seine Pfoten schwitzten. Es schien ihm, als hätte sich Blut in den Regen gemischt.
Dann schoss mit einem Mal ein vertrauter Geruch wie ein Pfeil auf ihn zu, und der kleine Kater spürte, wie ihm erneut das Blut gerann. Der Duft war von feuchtem Fell und Zedern, mächtig und warnend. Die Ebenholzblätter raschelten und im nächsten Moment stellte sich Kirri Southpaw in den Weg.
» Deine Pfoten riechen nach Angst, kleiner Jäger«, sagte die Mungodame. Winzige Regentropfen zitterten auf dem Silberfell und verliehen ihr eine unheimliche, fast geisterhafte Aura. » Ist es dein Clan, der heute Morgen sein Blut vergießt? Ich hätte nie gedacht, dass ich eines Tages die Wilden Katzen sehe, wie sie ihre Beute über die Schlafgrenze hinaus jagen.«
Southpaw starrte Kirri in die roten Augen und wünschte, Miao oder Hulo wären bei ihm. In den Augen des Mungos entdeckte er ein wütendes Glitzern, das bei ihrer ersten Begegnung nicht da gewesen war.
Aus der Ferne hörte er ein Miauen und er erkannte es sofort wieder. Es sprach zu seinem unsichtbaren Opfer: » Lauf, Frischfleisch, lauf, wenn du kannst. Nein? Sehr gut. Ratsbane, töte ihn auf der Stelle.« Und plötzlich begriff Southpaw.
» Meine Art, ja, aber nicht mein Clan, Madame Mungo.« Er versuchte, seine Angst nicht in seiner Stimme mitschwingen zu lassen, und er wünschte, seine Schnurrhaare würden nicht so stark zittern. » Das Verrammelte Haus wurde geöffnet, nachdem der Großfuß, der dort lebte, gestorben ist, und heute Morgen sind die Unbezähmbaren herausgekommen.«
Die Mungodame hob die eleganten Pfoten mit den tödlichen Krallen, richtete sich auf und sog die Luft ein. » Das war also der Gestank hinter dem Blut«, sagte sie. » Ich habe mich schon gewundert. Und deine Lehrerin? Die siamesische? Zieht sie nicht in die Schlacht? Wird dein Clan heute nicht mit den Unbezähmbaren tanzen?«
Aus irgendeinem Grund fühlte Southpaw sich bei Kirris Worten etwas besser, doch dann dachte er daran, wie wenige Katzen in den Kampf zogen. » Ich glaube schon. Aber sie sind in der Unterzahl. Heute ist nur eine Handvoll Wilder Katzen hier und sie müssen gegen Datura und seine Horde der Unbezähmbaren ankommen. Der Rest des Clans ist auf der anderen Seite des Kanals. Vielleicht kommen noch einige vom Schrein.«
Kirris Augen blitzten auf und sie blickte sehnsüchtig in Richtung des Verrammelten Hauses. Aber dann ließ sie sich wieder auf den Boden nieder. » Das ist eine Angelegenheit zwischen euren Clans, zwischen den
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