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Der Clan der Wildkatzen

Der Clan der Wildkatzen

Titel: Der Clan der Wildkatzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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den Spatzen und schließlich den Nachtigallen schnupperte, schwoll Empörung in der Jägerin an. Kirri lebte genügsam, und weil sie frische Beute bevorzugte, waren die Pausen zwischen ihren Mahlzeiten oft länger, als es die meisten anderen Tiere ausgehalten hätten. Verschwendung konnte sie jedoch nicht ertragen.
    Und wer dieses Massaker angerichtet hatte, war ein Verschwender gewesen. Die Mungodame setzte sich auf die Hinterpfoten, legte den Schwanz zur Seite und starrte die Toten an. Der Geruch des Blutes drang ihr bitter und eklig in die Nase. Wie Beraal beobachtete auch sie die Großfüße auf den Dachterrassen. Ihrer Erfahrung nach behandelten sie ein Tier wie jedes andere. Vermutlich machten sie keinen Unterschied zwischen den Schuldigen und den Unschuldigen.
    Kirri schnatterte verzweifelt vor sich hin, als zu ihren Füßen ein winziger brauner Kopf in die Höhe ging.
    » Er ist weg, nicht?«, fragte eine braune Maus.
    » Redest du mit mir?« Kirri war sprachlos. Sie überlegte, die Maus anzugreifen, aber es schien ihr der Mühe nicht wert. Solange sie nicht sehr hungrig war, gab sie sich mit so kleiner Beute nicht ab.
    Jethro trat ein gutes Stück zurück und sorgte dafür, dass er jederzeit hinter den Ebenholzwurzeln verschwinden konnte. » Ich dachte, du würdest nach Datura suchen, Madame Mungo«, sagte er. » Warum bist du sonst hier und schnüffelst an diesem Blutmorgen zwischen den Leichen herum? Verzeih mir, wenn ich eine unpassende Bemerkung gemacht habe.«
    » Datura«, sagte Kirri nachdenklich. » Den hat das Kätzchen schon erwähnt. Das dürfte der Anführer dieser Unbezähmbaren sein?«
    » Ja«, sagte die Maus. » Er ist für dieses Blutbad verantwortlich.«
    Kirri holte tief Luft und sah sich das Gemetzel an. » Für das alles hier?«
    » Für alles«, sagte der Mäuserich verbittert. » Nur am Ende sind auch andere Katzen gestorben– seine geschätzten Freunde aus dem Verrammelten Haus sind tot. Die Siamkatze– du kennst sie wahrscheinlich nicht– wurde von seinen Anhängern in einen Hinterhalt gelockt. Sie hat gekämpft wie ein Tiger, aber es waren zu viele für sie. Er jedoch hat überlebt, nicht wahr? In dem Augenblick, als die Niederlage seiner Anhänger absehbar wurde, ist er davongeschlichen. Und jetzt versteckt er sich im Stufenbrunnen.«
    Die Mungodame starrte die Maus an. Ihre Augen waren so rot wie glühende Kohle.
    Jethro wurde unbehaglich zumute und seine Nase zuckte hektisch. » Vermutlich interessiert es dich ja nicht«, sagte er und hielt sich bereit, um in seinem Loch zu verschwinden, » aber es war ein schrecklicher Krieg.«
    » Etwas interessiert mich doch«, sagte Kirri. » Hast du eine Siamkatze erwähnt? Eine ältere, aber gute Jägerin? Mit lebendigen blauen Augen, cremefarbenem Fell, schwarzem Schwanz und schwarzem Fleck im Gesicht?«
    » Ja«, antwortete Jethro erschrocken. » Es war schrecklich, wie die über sie hergefallen sind. Sie haben ihr keinen Platz zur Verteidigung gelassen und sie nicht wie Katzen, sondern wie Hunde bekämpft, im Rudel nämlich. Wie die schlimmsten Ratten.«
    Kirri wandte sich zum Gehen und ihr braunsilbernes Fell zitterte. In ihren Augen funkelte etwas, das die Maus nicht richtig verstand.
    » Wohin gehst du?«, fragte Jethro.
    » Tanzen«, erwiderte die Mungodame und lief zielstrebig auf den Stufenbrunnen zu.
    Auf dem hohen, glatten Stein, auf dem gestern Nacht noch Miao gestanden hatte, lag Datura mit ausgestreckten Pfoten und genoss es, wie sich der nasse Sandstein auf seinem Fell anfühlte. Der weiße Kater dachte nicht an seine Gefährten, an Ratsbane und Aconite und die anderen Unbezähmbaren, die geflohen oder tot waren. Stattdessen dachte er mit Verbitterung an die Jahre, die er im Verrammelten Haus verbracht hatte, Jahre, die er für die besten seines Lebens gehalten hatte.
    Aber das war nichts im Vergleich zu dem hier, dieser Welt voller Beute und voller kleiner Freuden wie einem Gang über nasses Gras, das an den Pfotenballen kitzelte. Auch das Vergnügen, ein Tier nach dem anderen zu töten, hatte er noch nie erlebt. Bislang hatte er nur selten töten dürfen und dann wieder warten müssen, bis sich das nächste Opfer in das Verrammelte Haus verirrte.
    Noch als Kätzchen hatte Datura entschieden, dass es in der Welt zwei Sorten von Wesen gab: die Schwachen und die Starken. Er wusste, zu welcher Sorte er gehörte. Er hatte auch gedacht, Ratsbane sei stark, aber der war nun tot. Die Toten gehörten eindeutig zu den

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