Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Clan der Wildkatzen

Der Clan der Wildkatzen

Titel: Der Clan der Wildkatzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
der Katzen machte die Vögel scheu und Katar duckte sich. Sein Schwanz zuckte wild hin und her. Er schickte einen kurzen Alarmruf an alle Katzen ins Netz und verbreitete darüber, dass im Verrammelten Haus etwas ganz und gar nicht stimmte– und dann erstarrte er, denn plötzlich sah er Großfüße auf das Grundstück laufen. Katar suchte zwischen mehreren Lilien Schutz und beobachtete, wie die Lichter im Haus angingen. Das schrille Klagen der Unbezähmbaren bekam er nicht aus dem Kopf.
    Immer mehr Großfüße kamen den Pfad entlang, der für sie durch den Regen so seine Schwierigkeiten barg– seit Langem unbenutzt, war er mit Unkraut überwuchert und gefährlich glitschig. Katar kroch noch tiefer ins Gebüsch, als einer der Großfüße ausrutschte und beinahe in die Lilien gefallen wäre.
    Katars Schnurrhaare erstarrten, als er das laute Knarren verrosteter Scharniere hörte und die Tür des Verrammelten Hauses beobachtete, die, seit er sich entsinnen konnte, geschlossen und verrammelt gewesen war– und die nun aufschwang. Einen entsetzlichen Moment lang fragte sich der Kater, ob eine Flut von Katzen aus den stinkenden Tiefen des Hauses strömen würde, aber nur die Großfüße gingen hinein und wieder hinaus. Ungebeten übermittelten ihm die Schnurrhaare ein kurzes, flüchtiges Bild vieler Katzen, die missmutig in die Winkel und Ecken des Hauses zurückwichen, während die Großfüße einfielen.
    Eine Weile lang passierte nichts. Katar hörte nur die Großfüße, wie sie im Haus miteinander redeten. Als sie dann immer wieder den Pfad entlanggingen, wirkten sie betrübt. Der Kater fragte sich, ob er über die Rückseite fliehen könnte, aber es waren so viele Großfüße, dass es ihm vernünftiger erschien, an Ort und Stelle zu verharren.
    Zu seinen Füßen regte sich der Boden ein wenig und ein kleiner brauner Kopf mit Schnurrhaaren kam hervor.
    » Das ist einfach eine Katastrophe«, sagte die Maus. » Für mich, für dich und für uns alle.«
    Katar war nicht sicher, was die Regeln im Umgang mit Beutetieren betraf– bislang hatte er sich selten mit einem unterhalten–, aber die Maus sprach Wildisch und hatte sich direkt an ihn gewandt. Und wenn er sie sich schnappte, riskierte er, die Aufmerksamkeit der Großfüße auf sich zu lenken. Der Kater dachte über seine Möglichkeiten nach, bis seine natürliche Neugier den Sieg davontrug. » Was für eine Katastrophe, Maus?«, fragte er.
    » Der Aufruhr im Verrammelten Haus«, sagte sie, beäugte den Kater misstrauisch und hielt einen wohlbedachten Abstand. » Ich könnte es dir erzählen, wenn du bereit bist, Frieden zu gewähren, o Katze.«
    » Möge Frieden zwischen uns herrschen«, sagte Katar großzügig. » Warum lassen die Großfüße ihre Köpfe hängen, Maus?«
    » Er ist tot, nicht?«
    » Er?«, fragte Katar und überlegte, ob das eine Katze oder eine Maus sein sollte.
    » Er«, sagte die Maus. » Der Großfuß, der hier mit den Katzen lebte. Riechst du es nicht? Er war krank und ist jetzt tot, und niemand ist mehr hier, der die Katzen im Haus zurückhält.«
    Jetzt konnte es auch Katar riechen: den unmissverständlichen Geruch des Todes, der durch den Regen zu ihm herüberwogte.
    » Vielleicht bleiben die Katzen, wo sie sind«, sagte er. » Solange wir leben, haben sie das Verrammelte Haus nie verlassen, Maus. Warum glaubst du, tun sie es jetzt?«
    Die Maus seufzte, was sich wie ein leises Quieken anhörte. » Ich wurde da drin geboren«, sagte sie. » Es gab dort viel zu sammeln für uns Mäuse und Ratten, aber die Katzen bekamen Kätzchen, und immer mehr Katzen kamen dazu, und über die Jahre wurden sie böse.«
    Katar hörte aufmerksam zu und wusste, was die Maus meinte. » Also bist du abgehauen?«, fragte er.
    » Ja, aber viele von uns haben dort von Zeit zu Zeit Streifzüge unternommen, um Futter zu sammeln. Die Unbezähmbaren hatten da drin nichts weiter zu tun, als zu spielen. Und man könnte sagen, dass sie sehr schreckliche Spiele gelernt haben, Katze.«
    Katar schaute zum Haus hinüber. Das Klagen war zu einem lauten Chor angeschwollen. Ihm stellte sich das Fell auf, und das hatte nichts mit der Kälte oder dem Regen zu tun– jedes Mal wenn die Unbezähmbaren im Haus jaulten, lief ihm ein Schauer über den Rücken. Die Tür öffnete sich wieder und ein säuerlicher Gestank wallte heraus. Die Maus sagte die Wahrheit: Der alte Großfuß, der im Haus gelebt hatte, war tot.
    » Ich heiße Katar«, sagte er. » Verzeih mir, aber ich kenne deinen

Weitere Kostenlose Bücher