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Der Clan der Wildkatzen

Der Clan der Wildkatzen

Titel: Der Clan der Wildkatzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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das Gleichgewicht, taumelte vom Geländer und musste eine komplette Kehrtwendung hinlegen, um nicht in die Topfpflanzen auf dem Balkon unter sich zu fallen.
    » Bei allen blutenden Flöhen und Zecken!«, entfuhr es ihm. » Verschwinde, du lausige alte… Miao? Was ist los?«
    » Wenn du nicht schläfst, Tooth, können wir dann reden? In Frieden, meine ich? Es ist wichtig«, sagte die Siamkatze.
    Plötzlich war Tooth hellwach. Er kannte Miao– und jagte sie– seit den Tagen, als sie noch die schnellste Sechswöchlerin in ihrem Wurf gewesen war, und im Laufe der Zeit hatte er mit ihr… also, er war sich nicht ganz sicher. Milane schlossen keine Freundschaft mit Katzen, das war allseits bekannt. Aber er und Miao hatten etliche Monsune kommen und gehen gesehen und stillschweigend hatten sie sich auf Frieden miteinander geeinigt. Heutzutage schoss er nur noch selten im Sturzflug auf Miao herab. Zwar wusste er, dass sie Schwierigkeiten mit der linken Hüfte hatte, aber trotzdem führte sie immer noch eine entsetzlich schnelle Pfote. Und außerdem musste er sich eingestehen, dass es ihm Spaß gemacht hatte, ihr beim Aufwachsen zuzuschauen. Doch trotz allem hatten sie in den vergangenen fünfzehn Jahren wohl nur dreimal miteinander gesprochen.
    » Komm hoch, Miao«, sagte er. » Regeln des Friedens: In diesem Kreis, zu dieser Zeit, vom Wind bezeugt, gilt diese Wahrheit! Gastfreundschaft ist das oberste Gesetz, doch gilt es nur für das Hier und Jetzt. Sicher vor Klaue und sicher vor Kralle, komm nur herbei, das ist keine Falle. Schnurrhaar und Pfoten sind sicher, also komm hier zur Rast, erzähl deine Sorgen, denn heute bist du mein Ehrengast.«
    Miao entspannte ihre Schnurrhaare. Auf diese Antwort hatte sie gehofft, doch bei den launischen Milanen wusste man nie, und sie war nicht sicher gewesen, wie Tooth reagieren würde. Der Rhythmus der uralten Worte beruhigte sie.
    Auf dem Dach war es nass, doch sie setzte sich trotzdem in die Nähe des Wasserspeiers und blickte zu Tooth hoch. » Es geht um das Verrammelte Haus…«, begann sie. Und dann erzählte sie ihm, was sie wusste, fing mit der Geschichte des Hauses an und endete mit den Neuigkeiten, die Katar am Abend zuvor in Erfahrung gebracht hatte.
    » So sieht es also aus«, fügte sie noch hinzu. » Wir brauchen das Bündnis, Tooth, und deshalb bitte ich dich, die Milane zusammenzurufen.«
    Tooth schloss die Augen. » Das ist eine Angelegenheit unter Katzen, Miao. Ich verstehe deine Besorgnis, doch ich weiß nicht, warum wir uns einmischen sollten. Es betrifft eine andere Spezies. Das ist nicht unser Kampf.«
    Miao zuckte mit den Ohren, um ihren Widerspruch zum Ausdruck zu bringen. » Überleg doch mal, Tooth«, sagte sie. » Was immer diese Wesen im Verrammelten Haus waren, als sie dort eingezogen sind– heute sind sie keine Katzen mehr. Du weißt, was passiert, wenn ein Hund tollwütig wird, eine Katze wild oder ein Milan tobsüchtig. Jetzt stell dir vor, das dauert über zwei Generationen an. Stell dir Kätzchen vor, die nie erfahren haben, wie es ist, ein Kätzchen zu sein, die niemals etwas anderes als dieses verdrehte, unnatürliche Leben kennengelernt haben. Stell dir ein Rudel Katzen vor, Tooth, ein Rudel wie bei wilden Hunden oder Hyänen– die alle anderen Wesen von Nizamuddin hassen. Sie werden Kämpfe anfangen. Es wird nicht nur Kämpfe zwischen Einzelnen geben, sondern sorgsam geplante Überfälle. Nicht nur auf die Katzen, sondern auch auf die Hunde, die Spatzen und Krähen, auf die Haustiere der Großfüße. Und auf dich und die Küken deiner Gefährtin Claw, wenn sie ihre nächste Brut hat. Hier geht es nicht um eine Gruppe Streuner, die aus einem Großfußhaus kommen und sich ein Stück Land erobern wollen; wir haben es vielleicht mit einer tödlichen Invasion zu tun. Und wir brauchen euch. Ohne euch werden auch die anderen Vögel nichts tun.«
    Tooth putzte sich die Federn und dachte nach. Dann wandte er sich wieder Miao zu. » Es sind immer noch Katzen, Miao. Das ist euer Kampf. Wir haben den Himmel für uns, der Wind trägt uns, wohin wir wollen. Die Vögel sind nicht an die Erde gebunden, und wir kämpfen nicht gegen die, die an die Erde gebunden sind. Für mich sieht das eindeutig nach einem Revierkampf zwischen verschiedenen Gruppen von Streunern aus. Aber selbst wenn ich denken würde, dass von diesen Unbezähmbaren eine Gefahr ausgeht, was hätten wir damit zu tun? Wir aus den hohen Lüften? Der Frieden hat Bestand, wenn du möchtest, Miao.

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