Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Clan

Titel: Der Clan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
daß Sie für mich arbeiten.«
    »Was denn? Testfahren ist nichts mehr für mich?«
    »Davon hab’ ich kein Wort gesagt«, erwiderte er. »Ich habe andere Pläne. Große Pläne.« Seine Stimme ging in ein vertrauliches Flüstern über. »Ich will einen neuen Wagen bauen!«
    Ich glaube, ich riß vor Staunen den Mund auf. »Was wollen Sie?«
    »Sie haben es doch gehört!« schnauzte er mich an. »Einen neuen Wagen. Brandneu von oben bis unten. Anders als jeder andere, der je gebaut wurde.«
    »Haben Sie das schon mit irgend jemand besprochen?« fragte ich.
    »Mit LH Drei?«
    »Ich brauche mit niemand darüber zu sprechen«, sagte er gereizt.
    »Ich kontrolliere noch immer achtzig Prozent des Aktienkapitals der Gesellschaft.« Er rollte seinen Stuhl näher an mich heran. »Und schon gar nicht mit meinem Enkel.«
    »Was erwarten Sie yon mir?«
    »Daß Sie mich aus diesem    gottverdammten Stuhl
    rausbringen«, sagte er. »Sie sollen meine Beine sein!«
    Beim Abendessen redete er noch immer. Wir saßen an einem kleinen Tisch vor einem einfachen Essen: Salat, Lammkoteletts und Gemüse, Wein für mich, ein Glas Milch für ihn. Der Wein war gut, ein 51er Mouton Rothschild. Die Milch auch, Walker-Gordon-Vollmilch.
    »Als Termin habe ich die New Yorker Automobilausstellung im Frühjahr 72 vorgesehen. Wir haben also drei Jahre Zeit.«
    Ich mustere ihn.
    Er lachte. »Ich weiß, was Sie denken. Ich bin einundneunzig. Keine Sorge, ich werde hundert.«
    »Das wird nicht leicht sein«, sagte ich.
    »Nichts ist jemals leicht gewesen. Aber bisher hab’ ich’s immer geschafft.«
    Ich lachte. »Das hatte ich nicht gemeint; ich bin überzeugt, Sie werden hundertfünfzig. Ich spreche von dem neuen Wagen.«
    »Über den denke ich schon lange nach«, sagte er. »Dreißig Jahre lang hab’ ich mich an diesen Stuhl fesseln lassen. Und das war ganz verkehrt. Ich hätte es mir nicht gefallen lassen sollen.
    Vor dem Krieg hatten wir einen Marktanteil von fast fünfzehn Prozent; jetzt haben wir zwei Prozent. Sogar der lausige kleine Volkswagen verkauft hier mehr als wir. Und das ist noch nicht alles. Die Japaner sind im Kommen, die machen uns noch alle fertig. Die kleinen Bastarde werden die ganze Welt schlagen. Sie werden uns alle zusammen unterbieten und aus dem
    Geschäft werfen.
    In diesem und dem nächsten Jahr kommen die amerikanischen Firmen mit ihren kleinen Sub-Compact-Cars heraus. Das wird ihnen nichts nützen. Natürlich werden sie Autos verkaufen. Aber den Ausländern können sie nichts anhaben. Sie verderben sich nur gegenseitig das Geschäft und drücken ihr eigenes Stückpreisvolumen.
    Die einzige Lösung ist ein völlig neuer, auf völlig neue Weise gebauter Wagen. Ein Wagen vom vollkommen automatisierten, elektronischen Fließband. Ich erinnere mich noch, wie Ford mit dem Modell T herauskam. Da war Feuer unter dem Dach. Aus einem einzigen Grund: Ford hatte den besseren Einfall gehabt. Aber das war der einzige Einfall, den die je hatten. Seither fliegen sie brav hinter dem Papierdrachen von General Motors her, genau wie die ganze übrige Industrie. Auch wir.«
    »Keine leichte Sache, die Sie da vorhaben.«
    »Aber nicht unmöglich«, sagte er. »Geld verlieren liegt mir nicht. Ich bin ein Gewinner - bin es immer gewesen.«
    »Ich lese die Jahresberichte«, sagte ich. »Bethlehem verdient Geld, die Firma verdient immer.«
    »Aber nicht an Autos«, entgegnete er. »Die machen nur dreißig Prozent unseres Umsatzes aus. Die Abteilung Apparatebau liefert siebenundfünfzig Prozent, und der Rest stammt von der Herstellung von Einzelteilen für andere Gesellschaften. Auf diese Weise sorgen sie dafür, daß wir im Geschäft bleiben; sie fürchten sich vor Antitrust und Monopol. Im Augenblick werden über siebzig Prozent unserer Kapazität dafür eingesetzt, und nicht für Autos.«
    »Das wußte ich nicht«, sagte ich.
    »Das wissen nur sehr wenige. Es begann während des Krieges. Ford, GM und Chrysler bekamen alle großen Aufträge. LH Zwei verlegte sich auf andere Gebiete. Nach dem Krieg konnten die anderen sofort wieder in die große Produktion einsteigen; wir nicht. Aber wir waren für den Apparatebau gerüstet, und ich muß sagen, da hat LH Zwei phantastisch gearbeitet. Wir verdienten jährlich mehr als vierzig Millionen netto. Doch darauf pfeife ich. Es sind keine Autos!«
    Ich lehnte mich zurück und schaute ihn an. »Wie steht es mit Nummer Drei?«
    »Er ist ein braver Junge«, sagte Nummer Eins. »Aber ihn interessiert nur

Weitere Kostenlose Bücher