Der Clark Darlton Reader
denke darüber nach, wie gut wir mit den Russen und dem Chinesen auskommen. Es sind prächtige Menschen, und bis heute haben sie noch kein Wort von Politik erwähnt. Ich glaube, daß gerade die Meinungsverschiedenheiten über so etwas Unsicheres wie die Politik die schlimmsten Grundübel der menschlichen Zwietracht überhaupt sind. Auf der einen Seite ist es unerläßlich, daß sich der einzelne Mensch mit der Politik befaßt, auf der anderen Seite begibt ersieh damit auch in Gefahr, gegen ein Volk, dessen einzelner Vertreter sein bester Freund sein könnte, aufgehetzt – und mißbraucht zu werden. Die Politik ist ein zweischneidiges Schwert. Ich habe mich entschlossen, es niemals mehr in die Hand zu nehmen. Selbst bei einem sicheren Instinkt und bei richtigem Handeln erntet man nichts anderes als Undank oder zumindest Unverständnis – und ändert doch nichts an den wirklichen Geschehnissen. Die Leute, die die Geschicke entscheiden, lassen sich kaum beeinflussen.
Frau Eberbach ist eine phantastische Frau. Sie hat sich mir besonders deshalb angeschlossen, weil wir unser gemeinsames Interesse für die marsianische Pflanzenwelt entdeckt haben. Stundenlang können wir zwei durch die Tundra streif en, und immer wieder finden wir etwas Neues. Übrigens muß ich noch bemerken, daß keiner von uns mehr das Atemgerät benutzt. Wir haben uns völlig an die kalte und sauerstoffarme Luft des Mars gewöhnt. Sie wird etwa der Luft der mittleren Anden entsprechen. Und dort leben ja auch Menschen.
Geregnet hat es noch nie. Ich glaube, das ist ein seltenes Naturereignis. Unserer geographischen Lage nach haben wir Frühling. Es muß täglich wärmer werden, und schon verfärben sich das Moos und die Blätter der Bäume. Die Bäume verlieren hier ihre Blätter nicht, sondern behalten sie ständig. Nur die Farbe ändert sich – und das haben unsere Astronomen bereits seit Jahren beobachtet.
Für morgen beabsichtige ich eine dreitägige Wanderung kanalaufwärts. Maria und Kennedy werden mich begleiten …
Als Haller, Kennedy und Maria Eberbach am vierten Tage noch nicht zum Lager zurückkehrten, wurde Hal Perkins unruhig.
„Ich weiß nicht, vielleicht wäre es doch besser, wir schickten eine Hilfsexpedition aus“, meinte er zu Mankow, der mit einem Stock sinnlose Figuren in den rötlichen Sand malte. „Es kann ihnen etwas passiert sein. Und sie haben nur Lebensmittel für drei Tage mit.“
Mankow sah auf.
„Und in welche Richtung soll sich die Suchexpedition begeben?“ fragte er, und man konnte hören, daß er von Hals Idee nicht begeistert war. „Sie kennen Haller. Er kann seinen ursprünglichen Plan, sich nur an den Ufern des Nordkanals zu halten, schon hundertmal geändert haben. Passen Sie auf: Er taucht auf einmal im Süden auf! Nein, ich halte eine einfache Suche für völlig sinnlos. Wir können nur eins machen: noch ein oder zwei Tage warten und dann mit dem Raumschiff aufsteigen, um nach ihrem Verbleib zu forschen.“
Hal nickte überrascht.
„Daran hatte ich nicht gedacht. Ja, das wäre die beste Lösung. Bei der Gelegenheit können wir dann gleich feststellen, ob das Ding noch funktioniert.“
„Warum soll … Mann, reden Sie keinen Unsinn!“
Hal sah Mankow ernst an.
„Das ist kein Unsinn!“ sagte er langsam. „Die Energie des Senders hat sehr nachgelassen. Wir sind kaum noch in der Lage, die seltsamen Radiosignale aufzufangen. Selbst wenn Phobos genau über uns ist, sind die Zeichen nur noch ganz schwach. Und die Energie für unseren Empfänger nehmen wir vom Antriebsaggregat. Sagt Ihnen diese Tatsache vielleicht etwas?“
Mankow hörte auf zu malen und stützte sich auf seinen Stock.
„Warum haben Sie mir das nicht eher gesagt? Glauben Sie denn vielleicht, ich hätte mich nicht schon tausendmal in meinen Gedanken mit der Ursache für das Auseinanderbrechen unseres Raumschiffes befaßt? Verlassen Sie sich darauf, Mr. Perkins: Da gibt es einen Zusammenhang, und es ist unsere gemeinsame Aufgabe, diesen zu finden, damit uns nicht auch noch der letzte Weg zur Erde genommen wird.“
Haller erhob sich von der primitiven Bank, die sie am Seeufer errichtet hatten, und deutete zu dem Plateau hoch.
„Kommen Sie, Mankow! Ich möchte versuchen, das Schiff sofort zu starten. Ich will wissen, ob wir noch genügend Energie zur Verfügung haben. Mir – mir ist plötzlich so komisch, wissen Sie. Ich habe Angst.“
Mankow hatte sich ebenfalls erhoben.
„Angst? Vor wem denn Angst? Vor dem
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