Der Club der Gerechten
Bobby Breen. An das, was später kam, erinnerte er sich nicht so genau. Ein paar Leute fragten ihn, was er getan hatte, aber er hatte nichts gesagt, denn er wusste, dass sie ihm ohnehin nicht zuhören würden.
Sie hatten ihn ins Krankenhaus gebracht, aber anstatt ihn in ein Zimmer zu legen, hatten sie ihn in den Keller geführt. Da war ihm allmählich aufgegangen, dass vielleicht etwas nicht in Ordnung war und er hatte endlich gesprochen. »Wo, verdammt, sind wir?«, fragte er. »Was geht hier vor?«
Aber anstatt ihm zu antworten, schlug ihn einer seiner Begleiter – schlug ihn so hart, dass er das Bewusstsein verlor. Das Nächste, woran er sich erinnerte, war, dass er in dem Raum aufwachte, in dem er jetzt saß.
Ein Raum ohne Fenster, in dem es nach Urin, Scheiße und Müll stank. Auf dem Boden lagen ein paar schimmlige Matratzen, und es gab nur eine Lichtquelle – eine nackte Glühbirne, die an einem Kabel von der Decke hing.
Die einzige Tür war von draußen versperrt.
Jagger hatte keine Ahnung, wie lange er in diesem Raum blieb – ahnte nicht, wie spät und welcher Tag es war – nicht einmal ob es Tag war oder Nacht. Ab und zu öffneten dieselben Typen, die ihn ins Krankenhaus gebracht hatten, die Tür und gaben ihm etwas zu essen. Meist war es altbackenes Brot, aber manchmal war auch ein bisschen Fleisch dabei, und meistens gaben sie ihm eine alte, mit Wasser gefüllte Dose, damit er das Essen runterspülen konnte.
Jedesmal, wenn sie kamen, fragte er, was eigentlich los sei, aber sie sagten es ihm nie. »Wirst du schon merken«, war alles, was sie jemals sagten. »Und wenn du's merkst, wird es dir gefallen – wird es dir mächtig gefallen.«
Jetzt hörte er sie wieder kommen, hörte ihre Schritte vor der Tür. Der Schlüssel drehte sich im Schloss, und der Riegel glitt zurück.
Die Tür schwang auf, ein Mann wurde hereingeschoben, und dann schloss sich die Tür wieder.
Schloss sich und wurde verriegelt.
Jagger sah den Mann an. Er war jung – zwei-oder dreiundzwanzig vielleicht.
Ungefähr so alt wie Jimmy gewesen war.
Aber er hatte keine blauen Augen wie Jimmy. Seine Augen waren braun.
Braun wie die Augen von Jaggers Mutter.
Und er hatte auch lockiges Haar wie seine Mutter.
Und er sah verängstigt aus.
»Hast du'n Namen?«, fragte Jagger.
Der Mann zögerte und nickte dann. »Jeff.«
»Jeff«, wiederholte Jagger, fast als spreche er zu sich selbst. Dann nickte er. »Gefällt mir. Gefällt mir mächtig.«
9. Kapitel
Mary und Keith schwiegen auf der Rückfahrt nach Bridgehampton; es war jedoch nicht das ungezwungene, vertraute Schweigen zweier Menschen, die so viele gemeinsame Jahre hinter sich hatten, dass sie fähig waren, die Stimmung des anderen ohne Worte zu erfühlen. Die Stille zwischen ihnen war viel eher ein Graben, ein Abgrund, der mit den Jahren immer breiter geworden war, sodass sie nicht einmal nach einer Tragödie wie der, die sie heute getroffen hatte, diesen Abgrund überbrücken konnten.
Und doch hatte Mary das Gefühl, etwas sagen zu müssen. Keiths Schmerz war im Truck beinahe greifbar, und sie wusste, dass er nicht den Trost des Glaubens hatte, der ihm helfen konnte, diesen Schmerz allein zu ertragen. Daher wandte sie, nachdem sie jedes ihr bekannte Gebet zu Jeffs Erlösung gesprochen hatte, ihre Aufmerksamkeit dem Mann zu, der so viele Jahre ihr Ehemann gewesen war.
»Ich weiß, wie schwer das für dich ist, Keith«, sagte sie leise, »aber wenn du IHN nur ließest, würde der Herr dir helfen, jede Last zu ertragen, die er dir auferlegt.« Sie biss sich auf die Lippen, denn sie wusste, dass ihre nächsten Worte Keith verletzen würden, sie wusste aber auch, dass sie gesagt werden mussten. »Es ist unseretwegen geschehen. Vor so vielen Jahren, als ich dir erlaubte ...« Sie verstummte, nicht mehr bereit, die Worte laut auszusprechen. »Nun, du weißt, wovon ich rede. Es ist unsere Schuld – alles.«
Keith antwortete nicht sofort, schaute nur zu ihr hinüber und schüttelte bekümmert den Kopf. »Um Himmels willen, Mary!« Er seufzte. »Warum willst du dir die Schuld geben? Wir haben nichts Unrechtes getan, ganz gleich, was Father Noonan sagt. Und Jeff hat ganz bestimmt nichts verbrochen.«
»Wenn er nichts verbrochen hat...«, begann Mary, doch Keith ließ sie nicht zu Ende sprechen.
»Komm mir nicht mit dem Schmarm über die Jury oder Cynthia Allen oder sonst was«, sagte er grollend. »Jeff hat dieser Frau nichts getan. Auf keinen Fall.« Endlich sah er sie ganz
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