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Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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gesagt, dass sie sich von Jimmy fern halten müsse.
    Aber sie hatte es nicht getan.
    Stattdessen war sie richtig nett zu ihm gewesen.
    Er hatte auch Jimmy ihretwegen gewarnt. Ihm gesagt, sie sei ganz genauso wie seine Mutter.
    Jimmy hatte ihn nur angelächelt, wie immer. »Ach, komm schon, Jag – du erinnerst dich doch nicht mal mehr an deine Mutter.«
    Doch er erinnerte sich. Er erinnerte sich, dass sie sich, als er ein kleiner Junge war – sogar noch bevor er in die Schule ging –, mit einem Kerl namens Ted herumgetrieben hatte.
    Und schon als er Ted das erste Mal traf, hatte er gewusst, was geschehen würde.
    »Keine Sorge, Francie«, sagte seine Mutter ihm immer wieder. »Er nimmt mich dir nicht weg.«
    »Nenn mich nicht so. Das is'n Mädchenname.«
    »Ist es nicht. Und selbst wenn er's wäre, wo ist das Problem?« Sie hob ihn auf und schwenkte ihn durch die Luft. »Bist du nicht hübsch genug, um mein kleines Mädchen zu sein?«
    Der Nachbarsjunge hatte es gehört und angefangen, ihn auch Francie zu nennen. Später sogar Francine.
    Er hatte es gehasst. Und er hätte den Jungen auch daran gehindert; nur war, als er eines Tages aus der Schule kam, noch bevor er sich genau überlegt hatte, was zu tun wäre, seine Mutter fort gewesen.
    Seine Mutter mit Ted und mit Sack und Pack.
    Er wartete darauf, dass sie zurückkam und bemühte sich, nicht zu weinen, aß, was er im Kühlschrank fand und blieb die ganze Nacht wach, damit er bereit war, wenn sie ihn holen kam.
    Er wartete den ganzen nächsten Tag und auch die nächste Nacht, aber die Mutter war nicht mehr nach Hause gekommen.
    Endlich war eine Fremde erschienen, hatte ihn mitgenommen und zu jemand gebracht, bei dem er leben sollte.
    Dann hatte er bei vielen Leuten gelebt, war aus einem Haus in ein anderes gezogen, war nie lange genug in einem geblieben, um das Gefühl zu haben, dass er dazugehörte. Inzwischen waren alle Leute, die ihn ein paar Wochen aufgenommen hatten – aber nie länger als ein paar Monate – in seinem Kopf miteinander verschmolzen. Selbst wenn jemand ihn gefragt hätte, wäre es ihm nicht möglich gewesen, den Gesichtern die richtigen Namen zuzuordnen.
    Der einzige Mensch, an den er sich erinnerte – an den er sich sogar erinnern wollte –, war Jimmy.
    Er hatte Jimmy vor drei Jahren kennen gelernt und sofort gewusst, dass sie Freunde werden würden. Das lag zum Teil an Jimmys Lächeln – und daran, was er dabei empfand. Ähnliches hatte er nicht mehr empfunden, seit die Mutter fortgegangen war. Er und Jimmy fingen sofort an zusammen rumzuhängen; sie betranken sich, warfen manchmal Drogen ein und streiften einfach so durch die Straßen. Jimmy hatte kein Zimmer, also nahm Jagger ihn bei sich auf. Er hätte ihm sogar das Bett überlassen und auf dem Sofa geschlafen, aber Jimmy sagte, das Bett sei für beide groß genug, und das hätte fast alles kaputt gemacht. Eine Sekunde lang hatte er das Gefühl gehabt, Jimmy umbringen zu müssen, aber dann riss er sich zusammen. »Ich bin keine Schwuchtel«, sagte er, und seine Stimme zitterte vor kaum unterdrücktem Zorn.
    Jimmys Lächeln erlosch. »Hey, Mann, das hab ich nie behauptet. Hab nur gesagt, das Bett ist groß genug. Kein Problem, okay?«
    Und es war okay gewesen – es war okay gewesen bis zu dem Moment, in dem sie Cherie trafen. »Wird französisch geschrieben«, sagte sie sofort, als war ihm das nicht egal. »Es bedeutet Liebling.« Sie lächelte Jimmy an, als sie das sagte, und Jimmy lächelte zurück.
    Da wusste Jagger, dass sie mit Jimmy weggehen würde, so wie seine Mutter mit Ted weggegangen war. Aber er hatte es nicht zugelassen. Er hatte gewusst, wann sie es planten – hatte es den ganzen Tag gewusst. An der Art, wie sie sich ansahen, wie sie miteinander redeten, wenn sie glaubten, er höre nicht zu. Doch er hatte genau gewusst, was sie vorhatten.
    Er hatte es Jimmy sogar gesagt: »Du gehst weg, nicht wahr? Du gehst mit ihr weg, genau wie meine Mom mit Ted weggegangen ist.«
    »Was laberst du da, Mann?«, fragte Jimmy, aber in seinen Augen war ein Ausdruck, der Jagger verriet, dass ihm ganz klar war, wovon Jagger redete. »Warum sollte ich mit ihr weggehen wollen? Du bist mein Kumpel, Jag. Es heißt nach wie vor du und ich.«
    Jimmy hatte ihm zugelächelt, und Jagger wollte ihm gern glauben – wollte ihm lieber glauben als alles andere. Aber er konnte es nicht, und an diesem Abend, als sie ein bisschen Dope rauchten, das Cherie irgendwo aufgetrieben hatte, fing er an, die

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