Der Club der Gerechten
Eve. »Das haben viele Obdachlose.« Sie sah Carey Atkinson an. »Ich vermute, Ihre Abteilung wird Al Kellys Mörder leider nicht finden können?«
Atkinson zuckte mit den Schultern und breitete hilflos die Hände aus. »Sie wissen genauso gut wie ich, dass wir nicht das Personal haben, um den Mord an jedem Penner zu untersuchen, der sich in dieser Stadt umbringen lässt.«
»Sie würden das Personal finden, wenn Ihnen die Probleme der Obdachlosen so am Herzen lägen wie mir.« Eve ließ den Blick zu Arch Cranston schweifen. »Was uns zu dem anderen Grund bringt, der uns heute Abend hier zusammengeführt hat, nicht wahr? Ich habe Sie gestern nicht bei der Wohltätigkeits-Gala für Montrose House gesehen.« Sie wandte sich wieder an den Polizeichef. »Nun ja, ich habe nicht erwartet, Sie dort zu treffen.«
Cranston griff in die Innentasche seines Jacketts und holte einen dicken Umschlag heraus, den Eve misstrauisch musterte. »Für Monsignore McGuire.«
»Dann schicken Sie ihn ihm«, sagte Eve und machte keine Anstalten, den Umschlag entgegenzunehmen. »Was mich mehr interessiert ist die Art, wie Ihre Abteilung unsere Leute schikaniert.« Wieder sah sie den Polizeichef an. »Wie kommt es, dass Sie nicht genug Personal haben, um herauszufinden, wer Obdachlose umbringt, aber immer über genug Leute verfügen, sie von der Straße zu vertreiben?«
Atkinson schüttelte ungeduldig den Kopf. »So viele sind es nicht...«, begann er, aber Eve ließ ihn nicht ausreden.
»Es sind wahrscheinlich fünfzigtausend Menschen, die entweder auf oder unter den Straßen dieser Stadt leben, und das wissen Sie.«
Atkinson stellte sich stur. »Es sind nicht einmal ein Zehntel davon.«
Eve machte sich nicht die Mühe, zu antworten. Ihnen beiden war klar, dass er es besser wusste. Der Kellner kam, um ihre Bestellung aufzunehmen, und als er ging, kehrte sie zum Thema Jeff Converse zurück. »Ich habe dem Vater versprochen, mich darum zu kümmern«, sagte sie. »Ganz offensichtlich wird es mir nicht möglich sein, mit Al Kelly über das zu sprechen, was er gesehen hat, daher frage ich Sie beide – wäre es möglich, dass passiert ist, was Al Kelly Mr. Converse erzählt hat? Wenn ich ihm sage, Sie seien absolut sicher, dass sein Sohn tot ist – könnte er mir das Gegenteil beweisen?«
Atkinson schüttelte den Kopf. »Converse hat in der Gerichtsmedizin so viel Staub aufgewirbelt, dass sogar ich davon gehört habe. Und ich habe auch von Wilkerson, dem Captain vom Fifth Precinct einiges erfahren. Mr. Converse war heute Morgen dort und wollte den Unfallbericht sehen.«
»Und hat er ihn gesehen?«, fragte Eve.
Atkinson schüttelte den Kopf. »Am Ende hat er entschieden, dass er ihn nicht zu sehen braucht. Er hat mit den Beamten gesprochen, die zu dem Unfall gerufen wurden.«
»Dann war's das?«, fragte Eve.
»Das war's«, versicherte ihr Cranston. »Wenn Converse tatsächlich noch einmal bei Ihnen auftauchen sollte, können Sie ihm sagen, es habe keinen Irrtum gegeben. Sein Sohn ist in den Flammen umgekommen.« Er schüttelte den Kopf mit der übertriebenen Trauer, die Polizisten so leicht fällt. »Eine furchtbare Sache – egal, was der Junge getan hat, einen solchen Tod hätte ich ihm nicht gewünscht.«
Eve Harris hob eine Braue, sagte jedoch nichts zu Arch Cranstons leicht durchschaubarer Unaufrichtigkeit. Dann kehrte sie zu dem Thema und dem Namen zurück, den Keith Converse erwähnt hatte.
»Es ging da auch um einen Mann namens Scratch. Laut Keith Converse hat dieser Scratch seinen Sohn in die U-Bahn hinuntergeführt.« Ihre dunklen Augen nagelten Atkinson in seinem Sessel fest. »Mir scheint, dass jemand wenigstens mit ihm reden sollte, wenn er tatsächlich existiert. Muss ich selbst mit Wilkerson sprechen?«
Atkinson seufzte schwer. »Nein, Eve. Ich lasse morgen früh im Fifth anrufen – verdammt, vielleicht sogar noch heute Abend. Aber wenn der Typ in den Tunnels haust, rechnen Sie nicht damit, dass meine Leute ihn finden.«
Diesmal machte Eve sich nicht die Mühe, das spöttische Glimmen in ihren Augen zu unterdrücken. »Oh, Himmel, nein, Carey. Ich würde gewiss nicht erwarten, dass New Yorks Elite in diesen schrecklichen Tunnels ihr Leben aufs Spiel setzt. Sie könnte ja von einer Gang randalierender, obdachloser, alleinerziehender Mütter zusammengeschlagen werden, die ihre vaterlosen Babys schwingen. Nein, dem könnten wir New Yorks Elite wirklich nicht aussetzen, oder?«
Carey Atkinson ignorierte ihre Worte,
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