Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
Vom Netzwerk:
verschwanden in dem Moment, in dem sie auf die Gleise fielen.
    »Sie sind nicht so schlecht, wenn man sich mal daran gewöhnt hat«, sagte der Mann, legte einen verrosteten Rost auf die Tonne und stellte die Kaffeekanne drauf. »Schmecken wie Huhn.« Er blickte von Jeff zu Jagger, dann zurück zu Jeff. »Ihr müsst sie nicht essen. Keiner tut's, wenn er hier runterkommt.« Wieder grinste er kalt und zeigte seine abgebrochenen Zähne. »Nach einer Weile gewöhnt man sich an alles hier unten.«

19. Kapitel
    Die Nacht schien dunkler geworden, als Heather und Keith aus der U-Bahnstation kamen. Auf dem Broadway drehten ein paar Taxis ihre Runden, und auf den Gehsteigen waren einige Leute unterwegs, aber als sie den langen Block entlang zu Jeffs Haus gingen, erstarb der Verkehrslärm vom Broadway, und die Straße blieb ungewöhnlich menschenleer.
    Vor Jeffs Haus blieb Keith stehen und wandte sich Heather zu. »Das alles ist verrückt, nicht wahr? Ich meine, was wir tun – närrischen alten Frauen in die U-Bahn-Tunnels nachlaufen?«
    Heather sah zu ihm auf. Obwohl sie zu Beginn des Abends, im Apartment, keine große Ähnlichkeit zwischen ihm und Jeff entdeckt hatte, erkannte sie jetzt, im Licht der Straßenbeleuchtung und den Schatten, die auf seinen Zügen lagen, ganz deutlich den Sohn im Vater. Vielleicht war es nur etwas in seiner Stimme oder seiner Haltung oder sogar in seiner Kinnlinie, doch was immer es war, plötzlich hatte sie das Gefühl, mit Jeff selbst hier zu stehen, die Unsicherheit in seiner Stimme zu hören, wenn er über die Zukunft sprach, über den Schmerz, den er seinem Vater würde zufügen müssen, wenn er ihm sagte, er werde nie wieder nach Bridgehampton zurückkehren, auch nicht nach Beendigung seines Studiums.
    Dieser Schmerz, das wusste Heather, wäre nicht annähernd so groß gewesen wie der, den Keith jetzt erlitt.
    »Ich geh wohl am besten nach Hause, und Sie sollten ebenfalls zusehen, dass Sie ein bisschen Schlaf kriegen«, sagte sie. Sie wollte sich abwenden, aber Keith streckte die Hand aus und ergriff ihren Arm.
    »Sagen Sie mir, dass ich nicht spinne«, bat er. »Sagen Sie mir, dass ich Recht habe.«
    »Ich weiß nicht, ob Sie Recht haben«, sagte Heather. »Aber etwas weiß ich. Ich bin nicht sicher, was es war – es scheint unmöglich, dass wir Jeffs Stimme hörten, aber ...« Sanft löste sie sich aus seinem Griff. »Wenn Sie spinnen, dann spinne ich wohl auch.« Sie wandte sich in Richtung Broadway, drehte sich aber noch einmal um und schaute ihm direkt in die Augen. »Morgen«, sagte sie. »Morgen machen wir uns wieder auf die Suche.«
    »Ich warte auf Sie«, entgegnete er.
    Diesmal blickte Heather nicht zurück, fühlte aber Keiths Blicke, als sie die 109 th Street entlang den Lichtern und dem Lärm des Broadways entgegenlief.
    »Bisschen Kleingeld?«
    Eine Frage, so alltäglich, dass Heather sie fast nicht mehr hörte, aber als sie die Hand hob, um dem Taxi zu winken, das, noch zwei Blocks entfernt, auf dem Broadway näher kam, hörte sie es wieder.
    »Ach, kommen Se, Lady – ham Se nich' mal 'n Quarter?«
    Noch immer dem Taxi winkend, spähte Heather aus den Augenwinkeln hinunter, von wo die Stimme kam.
    Ein Junge, vielleicht zehn Jahre alt, gewiss nicht älter. Er trug die bei den Obdachlosen übliche Kleidung: eine zerlumpte Hose und ein schmieriges Hemd, das hinten aus der Hose hing. Seine Haut war blass, das ungepflegte blonde Haar fiel ihm zerzaust in die Stirn.
    Es waren die Augen, die sie erschreckten. Es waren nicht die Augen eines Zehnjährigen.
    Sie glichen mehr den Augen eines Tieres.
    Als er zu Heather hochblickte, fiel ihr auf, dass diese Augen einmal in eine Richtung und dann in die andere huschten, die Straße nach einer unsichtbaren Gefahr absuchend.
    Sie schaute auf ihre Uhr. Es war fast Mittemacht. Was tat er hier? War er von zu Hause ausgerissen?
    Sie dachte an die alte Frau, die im Dunkel der Tunnels verschwunden war.
    Die Frau, die wahrscheinlich auch keine Familie hatte, wie dieser Junge.
    Die Frau, die sich am Ende so gefürchtet hatte, dass sie nicht einmal mit jemand reden wollte, sondern es vorzog, im Dunkel und im Dreck der U-Bahntunnel zu verschwinden
    In ein paar Jahren, vielleicht sogar schon nach ein paar Monaten, würde dieser Junge genauso sein.
    Als das Taxi hielt, suchte Heather tief in ihrer Handtasche, bis ihre Finger einen Geldschein fanden. Sie zog ihn heraus und reichte ihn dem Jungen, ohne einen Blick darauf zu werfen. Er schnappte den

Weitere Kostenlose Bücher