Der Club der Gerechten
bös zerkratzter Eiche, der Lack fast völlig abgeschabt. Die anderen, ursprünglich gepolstert und mit verschiedenfarbigem Vinyl bezogen, wurden jetzt fast nur noch von Klebstreifen zusammengehalten.
Gegenüber vom Herd stand ein Sofa, wie Jeff es oft in seinem Viertel gesehen hatte, auf die Straße geschleppt, damit es die Müllabfuhr mitnahm. Dieses schien ein Altersgenosse des Kühlschranks zu sein. Der billige Holzrahmen im kitschigen mediterranen Stil, der zerknautschte Samtbezug fleckig und zerrissen – trotzdem aber waren noch Spuren der originalen Goldfarbe erhalten.
Es gab noch zwei Sessel, einer ein Lehnsessel mit einem zerbrochenen Bein. Der Schaden schien den Mann nicht zu stören, der lang ausgestreckt laut darin schnarchte.
An den fensterlosen Wänden hingen Bilder, doch wie alles andere im Raum sahen sie aus, als habe man sie weggeworfen – einige, weil die Rahmen zerbrochen und die Darstellungen es nicht wert waren, neu gerahmt zu werden; andere, weil sie nur in den Neppläden für Touristen gut ausgesehen haben mochten, wo sie ursprünglich verkauft worden waren. Alle hatten jedoch etwas gemeinsam: Sie stellten eine Landschaft dar, als dienten die Bilder als Fenster zu einer imaginären Welt an der Oberfläche. Eines zeigte eine Frühlingswiese mit im üppigen Gras äsenden Rotwild. Ein anderes einen Wald mit buntem Herbstlaub, von einem Strahl übernatürlichen Lichts entflammt, als lächle Gott selbst von einem nicht sichtbaren Himmel herunter. Den Gegensatz zu den phantastischen Bildern bildeten zwei schiefe Stehlampen ohne Schirme, die die Tristheit des Raumes noch unterstrichen.
Das Überraschendste war ein Fernseher, der, auf CNN eingestellt, in der Ecke leise vor sich hin summte.
»Gefällt euch meine Wohnung?«
Jeff riss die Augen vom Fernseher los.
Die Frau, die ihn lächelnd ansah, schien in den Sechzigern zu sein. Nur etwas über einsfünfzig groß und schwer, schien ihr Körper noch voluminöser durch die Unmenge an Kleidung, die sie trug. Ihr Rock zeigte ein Paisleymuster in leuchtenden Rot-, Purpur-und Grüntönen. Er war ihr etwa fünf Zentimeter zu lang, und sie wischte mit dem ausgefransten und vor Dreck starrenden Saum gewissermaßen ständig den Boden. Ihre dunkel burgunderfarbene Bluse wies Roststreifen auf, und auf einer Seite ihres üppigen Busens breitete sich ein riesiger Fettfleck aus. An ihrem Unterarm klirrten mindestens ein Dutzend Armreifen, und um den Hals trug sie unzählige Halsbänder und Kettchen.
Ihr Gesicht bedeckte eine dicke Make-up-Schicht, die sich in die tiefen Falten ihrer Wangen eingefressen hatte; ein blutroter Lippenstift betonte die Fältchen um ihren Mund. Die kupferfarbene Perücke konnte die grauen Strähnen nicht ganz bändigen, die sich auf ihrer Stirn krausten.
Um die Schultern trug sie eine zerlumpte schwarze Stola, der die meisten Fransen fehlten und die ihr bis unter die Taille reichte. »Nicht übel, eh?«, fragte sie und zeigte mit einer weit ausholenden Geste auf den Raum. Die Asche ihrer Zigarette fiel auf den Boden, als sie einen ausgiebigen Lungenzug machte.
»Wenn der Rauch mich nich umbringt, wird's der Krebs tun«, gackerte sie und blinzelte Jeff mit einem zahnlückigen Lächeln zu. Ihr Blick wanderte von Jeff zu Jagger, und ihr Lächeln verschwand; sie blinzelte auch nicht mehr, sondern stieß mit ihrer Zigarette in seine Richtung. »Erinnere mich nich, dich reingebeten zu haben.«
Jaggers Hand umklammerte den rostigen Schienennagel fester.
»Is schon okay, Tillie«, schmeichelte Creeper. »Hast du grad gesagt, sie könnten was zu essen haben?«
»Das war, bevor ich sie gesehn hab«, fauchte Tillie und zielte mit ihrer Zigarette wieder auf Jagger. »Jetzt hab ich ihn gesehn, und ihn will ich nich. Also schaff ihn raus.«
Jeff spürte die Spannung, die sich in Jagger staute.
»V'Ileicht will ich nich gehn«, knurrte er.
Tillie kniff die Augen zusammen und spitzte die Lippen, wobei sie den Lippenstift noch mehr verschmierte. »Na ja, essen kannste was, schätze ich. Dann sehn wir weiter.« Sie sah wieder Jeff an und wies mit dem Kopf auf eine Öffnung in der Wand gegenüber. »Dort kannste dich waschen«, sagte sie. »Wenn de auf'n Eimer musst, vergiss nich, den Deckel wieder draufzutun. Möchte nich, dass es hier stinkt.«
Mit Jagger dicht auf den Fersen, ging Jeff durch die Öffnung in der Wand.
»Was'n das hier?«, knurrte Jagger, während er sich umsah. Auf einem ramponierten Tisch standen eine abgestoßene
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