Der Club der Gerechten
Emailschüssel – haargenau die gleiche wie Jeffs Eltern sie auf den Campingausflügen benutzt hatten, als er noch klein gewesen war – und ein dazu passender Krug. Ein Handtuch, nicht allzu schmutzig, hing an einem nicht sehr stabilen Halter, den man in den Beton gedübelt hatte.
Einzige Lichtquelle war eine nackte Birne, die an einem langen Kabel baumelte.
An der Wand über dem Tisch war ein gesprungener Spiegel angebracht, und zum ersten Mal, seit er seine Zelle in den Tombs verlassen hatte, sah Jeff sein Gesicht. Er erkannte sich selbst kaum.
Seine Haut starrte von Russ und Schmutz, und sein Haar hing fettig und schlaff herunter.
Seine Augen waren blutunterlaufen und hatten dunkle Ringe.
Auf der Stirn hatte er Pickel und am Kinn einen Schnitt – einen Schnitt, von dem er nicht einmal etwas gewusst hatte und der aussah, als werde er bald eitern.
Noch immer sein Spiegelbild anstarrend, antwortete Jeff schließlich auf Jaggers Frage. »Es ist ihr Zuhause«, sagte er. »Sie wohnen hier.«
Im Spiegel sah er, das Jagger sich grübelnd umschaute. In einem nächsten Raum hinter dem, in dem sie gerade waren, lagen mehrere Matratzen auf dem Boden – eine sogar mit Sprungfedern, wie es schien – und alle mit Decken.
Decken und Laken.
Die Erschöpfung, die Jeff verdrängt hatte, während sie durch die Tunnel irrten, bis sie über Creeper gestolpert waren, überwältigte ihn plötzlich, und er wollte nur noch eins – im Nebenraum verschwinden und sich auf ein Bett werfen.
»Un' jetz wohnen wir da«, sagte Jagger. Dann zwinkerte er Jeff zu. »Is verflucht besser als Rikers, wie?«
Jeff sagte nichts, schaute nur noch einmal in den Spiegel.
Doch was er sah, war nicht mehr sein Spiegelbild.
Was er sah, war Abschaum.
War ein Mensch der Sorte, die zu ignorieren er schon vor langer Zeit gelernt hatte.
Von der man sich abwenden, deren Existenz man einfach leugnen musste.
Malcolm Baldridge, seit so vielen Jahren nur als »Baldridge« bekannt, dass nur wenige Menschen – außer ihm selbst – wussten, dass er einen Vornamen hatte, griff tief in die Tasche nach dem einzelnen Schlüssel, der nie an dem großen Ring hing, den er in seiner privaten Pantry aufbewahrte.
Die ihm angeborene Besessenheit für Details, die Besessenheit, die ihn für seinen Job so überaus geeignet machte, veranlasste ihn zu untersuchen, ob sich jemand an der Tür zu schaffen gemacht hatte. Wie immer gab es kein Anzeichen dafür. Er steckte den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn herum, stieß die Tür auf und schloss sie wieder, bevor er Licht machte. Eine der Röhren in der Deckenbeleuchtung flackerte ein paar Mal und überflutete dann mit den anderen den Raum mit weißem Licht – einem Licht, das sich – darauf hatte Baldridge bestanden – der Sonne angleichen musste.
Es war eine Sache der Ästhetik, und auf Ästhetik legte Baldridge großen Wert.
Tatsächlich war sein Sinn für Ästhetik eine weitere wichtige Eigenschaft, die ihn für seinen Job qualifizierte.
Bevor er etwas anderes tat, zog er dünne Latexhandschuhe an, die er immer trug, wenn er in diesem Raum arbeitete. Dann holte er aus dem Vorratsraum vom obersten Regal eine neue Neonröhre und ersetzte die schadhafte in der Deckenbeleuchtung.
Es hatte keinen Sinn, sich unnötig ablenken zu lassen, wenn die schadhafte Röhre mitten bei der Arbeit von Neuem anfing zu flackern.
Schließlich macht er sich an die Arbeit.
Wie immer lag der Kadaver genau da, wo das Team ihn an den Abenden hinlegte, an denen die Jagd erfolgreich gewesen war – auf einer Tragbahre im begehbaren Kühlschrank. Der Kühlschrank war teuer gewesen, noch teurer aber die für seine Installierung notwendigen Neuerungen, doch Baldridge hatte darauf bestanden. »Der Geruch kann manchmal unerträglich werden«, hatte er erklärt, »und das viel schneller als ihr vielleicht denkt.« Auch war, Baldridges strengen Anweisungen zufolge, an den Kadaver nicht Hand angelegt worden. »Wiederherstellung ist mein Job«, hatte er erklärt. »Man überlässt so etwas am besten den Experten.« Baldridges Urteil war unfehlbar. Er hatte bei seinem Onkel gelernt, der noch immer in New Hampshire arbeitete, und in einem Beerdigungsinstitut in Kalifornien eine weitere Ausbildung genossen. Als sein kalifornischer Arbeitgeber über die Grenze nach Arizona übergesiedelt war, weil er hoffte, wegen gewisser Unregelmäßigkeiten einer Anklage zu entgehen, war Baldridge nach New York umgezogen.
Er bekleidete seine derzeitige
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