Der Club der Lust
nicht
zu
lange.» Sie grinste. «Vielleicht sogar nur ein oder zwei Stunden.» Sie drehte sich um undstellte das Geschirr in die Spüle. «Ich muss noch einige Nähereien fertig machen, und du hast einen Artikel zu schreiben. Lass uns doch erst mal ein paar ‹normalen› Dingen nachgehen, und dann schauen wir mal, wonach uns ist.»
Das war zwar vernünftig, trotzdem fühlte Natalie sich abgewiesen. Und nicht nur das – sie war auch alarmiert, dass sie den Daumery-Artikel schon wieder so völlig vergessen hatte! Schließlich war das der eigentliche Zweck ihrer Rückkehr nach Redwych gewesen. Und doch – wenn ihr zu diesem Zeitpunkt jemand gesagt hätte, sie solle die Idee fallen lassen und den Artikel nicht schreiben, hätte ihr das überhaupt nichts ausgemacht.
Plötzlich war ein verdächtig lautes Klappern des Geschirrs in der Spüle zu hören, und eine Sekunde später küssten die beiden Frauen sich voller Leidenschaft. Ihre Münder vereinten sich geraume Zeit, bis Patti sich mit offensichtlichem Bedauern wieder entzog.
«Hör mal. Das ist kein Korb oder so was. Wir kommen schon noch zusammen. Ich glaube nur, dass wir erst mal ein bisschen Luft holen müssen. Okay?»
Natalie nickte. Sie wusste, dass Patti Recht hatte, und war froh um deren Besonnenheit. Und dennoch wollte sie die Schwester!
Sie beließen es also zunächst dabei und zogen sich in verschiedene Zimmer zurück. Patti fand zwar, dass sie auch beide in einem Raum hätten arbeiten können, aber Natalie wusste, dass es so besser war. Sie konnte sich in unmittelbarer Nähe von anderen Menschen nicht konzentrieren. Selbst in London waren die besten Artikel in ihrer Wohnung entstanden. Und Patti brachte sie noch mehr durcheinander als irgendein Kollege – besonders jetzt.
Außerdem hätte Dyson vielleicht jede Minute hereinkommen können. Sie war alles andere als sicher, ob sie ihn jetzt um sich haben und sich von ihm über die Schulter schauen lassen wollte. Er hatte zwar schon früh das Haus verlassen, konnte sich seine Arbeit aber selbst einteilen und somit jederzeit auftauchen.
Auf ihrem Zimmer lief es zunächst gar nicht gut. Ihre Gedanken schweiften immer wieder von Whitelaw Daumery und seinen illegalen Geschäften ab und wanderten zu Patti und Stella, dann wieder zu Alex und Steven Small.
Seit meiner Ankunft hier habe ich mit mehr Menschen geschlafen und mehr Dinge erlebt, als ich es normalerweise in zwei oder drei Jahren tue …
Es war schon erstaunlich. Verdammt großartig, aber auch eine gefährliche Ablenkung von der Arbeit. Wen interessierte schon, was Whitelaw Daumery getan hatte? Es sei denn, es hatte mit einem von Stella Fontaynes merkwürdigen, sexuellen Schattenspielen zu tun.
Natalie holte sich eine Flasche Wasser aus der Küche und entschloss sich dabei, Patti ein wenig unter die Arme zu greifen, wenn sie erst einmal wieder zu Geld gekommen war. Nach dieser Ablenkung gelang es ihr schließlich, sich auf die Enthüllung des wahren, habgierigen Charakters von Daumery – Vorsitzender des «Komitees für Moral in der Geschäftswelt» – zu konzentrieren.
Endlich nahm einer ihrer Entwürfe Formen an. Die Worte, die Whitelaw Daumerys Karriere zerstören würden, waren in einen glatten und doch bissigen Text verpackt – scharfzüngig und vernichtend. Die Geschichte musste nicht mehr groß ausgeschmückt werden, und Natalie verkniff sich auch die leiseste Spur von Übertreibung. Seine Taten machten Daumery selbst zu seinem größten Feind. Die Auszüge aus den Briefen, die Simon Natwick ihr kopiert hatte, sagten so gut wie alles. Zwar wäre es perfekt gewesen, wenn sie ein paar Standbilder aus den gestern gesehenen Videos gehabt hätte, aber das Anschauen dieser Tapes war wohl ein einmaliges Vergnügen gewesen. Trotzdem würde die bloße Erwähnung ihrer Existenz sicher ausreichen.
Als Natalie schließlich wieder aus der Welt von Daumery und seinen Dieben und «Geschäftsfreunden» auftauchte, wurde esdraußen bereits dunkel. Sie hatte stundenlang gearbeitet und nur kurze Pausen gemacht, um etwas zu essen und auf die Toilette zu gehen. Patti hatte sie den ganzen Tag nicht gesehen. Der einzige Hinweis auf ihre Anwesenheit war ein köstlicher Salat im Kühlschrank gewesen, den Natalie auf der Suche nach etwas Essbarem gefunden hatte, und das stete Surren der Nähmaschine im Wohnzimmer. Dieses Geräusch war allerdings von recht heftigem Fluchen begleitet worden, als das Brummen plötzlich aufhörte. Das Entwerfen und Nähen
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