Der Club der Lust
hatte, war von Patti nur ein «Ich war es einfach leid, wie eine Vogelscheuche rumzulaufen, und hatte Lust auf einen neuen Look» als Erwiderung gekommen. Nachdem sie in eine Lederjacke geschlüpft war – eine weitere Neuerung –, hatte sie Natalie einen Kuss auf die Wange gegeben und ihre Schwester sich selbst überlassen.
Ein neues Leben hat sie also auch noch, dachte Natalie in Erinnerung an Pattis Gesichtsausdruck, als sie das Haus verließ.
Ihre Schwester hatte förmlich geglüht. Sie wirkte nervös und doch freudig erregt. Ihre Augen waren weit und die Wangen rot gewesen. Sie führte definitiv etwas im Schilde. Natalie schüttelte den Kopf und kam sich wie eine alte Jungfer vor.
Hohe Absätze. Abends ausgehen. Ein Liebhaber! Pattis Welt schien sich auf jede erdenkliche Weise verändert zu haben. Und meine ist immer noch dieselbe – außer dass ich im Zug mit einem Fremden gefickt habe.
Natalie aß still zu Abend und fütterte Ozzy – ein charakterloses Tier, das sie sofort als weitere Futterquelle adoptiert hatte. Nach dem Essen zog Natalie sich in das Schlafzimmer zurück, in dem sie normalerweise untergebracht war. Sie wollte auf keinem Fall Dyson, dem neuen Mitbewohner, über den Weg laufen. Und da Patti sie weder über seinen Verbleib noch über Details seines Kommen und Gehens informiert hatte, konnte sie nicht wissen, wann er wohl auftauchen und sie in irgendwelche Peinlichkeiten verwickeln würde.
Ich frage mich, ob die beiden wohl über mich gesprochen haben, dachte Natalie, während sie vor dem kleinen tragbaren Fernseherrecht motivationslos durch die Kanäle zappte. Ob Patti ihm erzählt hat, dass ich schon angekommen bin und sie beobachte? Die Vorstellung war schrecklich, auf eine kranke Art aber auch erregend. Dyson hatte wirklich hinreißend und ausgesprochen geil ausgesehen. Aufgeheizt durch die Zugspiele mit Steven Small lechzte sie im Moment mehr nach Sex als je zuvor.
Sie war sich dieses nagenden Schmerzes der Lust durchaus bewusst und stellte sich vor, wie Patti und Dyson sich kichernd befummelten. Sie lachten, weil sie fickten und Spaß hatten, während sie im Haus war und mitkriegte, dass die beiden fickten und Spaß hatten. Sie wussten, dass Natalie sie hören und sogar sehen konnte. Es ließ sich unmöglich sagen, ob es Natalie nun gelungen war, Patti davon zu überzeugen, dass sie nicht Zeuge ihres Liebesaktes geworden war. Nach diesem Vorstoß schien das Thema für sie beendet zu sein. Verdammt!
Vergiss es einfach, Nat, sagte sie sich selbst und stellte den Fernseher aus, der sie so gar nicht ablenken wollte. Du bist beruflich hier und nicht, um über Pattis oder dein eigenes Sexleben zu spekulieren.
Sie kramte ihren Laptop aus dem Gepäck und machte sich ein paar Notizen zu den Recherchen für ihr aktuelles Projekt und schloss den Rechner dann an die unbenutzte Telefonbuchse in einer Ecke des Zimmers an. Nach ein oder zwei abgebrochenen Versuchen gelang es ihr schließlich, sich bei einem Internetprovider anzumelden und ein paar E-Mails an ihre wertvollsten Kontaktleute zu schicken. In die üblichen Höflichkeitsformeln verpackt, die Journalisten oft anwandten, schickte sie Bitten nach mehr Informationen über Daumery Whitelaw raus, um ihr bisher mageres Dossier über ihn zu vervollständigen. Dafür dass der Mann so eine bekannte, öffentliche Person war, gab es erstaunlich wenig zugängliche Details über sein Privatleben. Doch Natalie musste zugeben, dass ihr Versuch, mehr über ihn herauszufinden, nur sehr halbherzig gewesen war und sie sicher mehrhätte finden können, wenn sie sich richtig reingekniet hätte. Es war trotz ihrer vorher getroffenen Entscheidung eben nicht einfach, die Gedanken an Sex abzustellen.
Nachdem sie den Computer ausgestellt und wieder weggepackt hatte, hörte sie unten ein Geräusch. Einen Moment lang geriet sie in Panik, die sich aber schnell verflüchtigte, als ihr klar wurde, dass es das Geräusch eines Schlüssels und nicht irgendeines Einbrechers oder Unbefugten war. Die festen Schritte auf der Treppe verrieten ihr, dass es sich um Dyson und nicht um Patti handelte. Natalie hielt geradezu den Atem an, um ja nicht seine Aufmerksamkeit zu erregen, doch schon bald hörte sie den jungen Mann wieder die Tür zuknallen und das Haus verlassen.
Ob er sich mit ihr trifft? Mit diesem Gedanken warf Natalie sich wieder zurück aufs Bett. Sie war unruhig. Die Müdigkeit von vorhin war verschwunden. Der quälende, unleugbare Sexdämon hatte wieder
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