Der Club der Lust
Offenbarung, die für alle Anwesenden laut genug ausgesprochen worden war.
«Da bist du sprachlos, was?», fragte Stella, ging an Natalie und Patti vorbei und setzte sich auf einen der ramponierten Sessel. Dort schlug sie die Beine graziöser übereinander, als Natalie es jemals bei einer echten Frau gesehen hatte, und legte die Hände auf die Sessellehne, so als wollte sie die Perfektion ihrer makellosen, dunkelrot lackierten Fingernägel zur Schau stellen.
«Willst du dich nicht wenigstens bedanken?»
«Wofür?», entfuhr es Natalie. Sowohl ihr Verstand als auch ihre Reaktionen wurden durch die dominante Präsenz des Transvestiten stark beeinträchtigt.
«Dafür, dass ich dir überaus relevantes Material für deine Untersuchungen geliefert habe, Natalie.» Stella lächelte, machte kurz ein nachdenkliches Gesicht und begann dann, mit einem ihrer langen roten Fingernägel auf die Lehne zu trommeln. «Obwohl ich mich eigentlich noch gar nicht dazu durchgerungen hatte, dir die Videos zu zeigen …» Sie warf ihrer Schneiderin einen eindringlichen Blick zu, der selbst hinter der Maske der großen Sonnenbrille noch streng aussah. «Patti?»
«Sie ist meine Schwester. Ich wollte ihr helfen», flüsterte Patti.
«Ihr helfen? Ist das alles?» Stellas geschminkter Mund bog sich zu einem amüsierten Grinsen. Ganz kurz war auch die Zungenspitze zwischen den glänzenden Lippen zu sehen, und Stella nickte fast unmerklich.
Natalie drehte sich zu ihrer Schwester um, die nur ein paar Meter von ihr entfernt stand. Patti zitterte, und ihre Augen glänzten verräterisch. Sie hatte eindeutig Angst vor Stella Fontayne. Aber das war noch nicht alles. Patti sah tatsächlich aus, als würde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen. Sie schnappte fast nach Luft. Und die Brustwarzen unter ihrer weißen Baumwollbluse waren steinhart und pressten sich gegen den Stoff. Noch nie hatte Natalie jemanden gesehen, der so offenkundig geil war. Doch ob das nun an ihrer Gegenwart oder der Anwesenheit der entspannt zurückgelehnt lächelnden Stella lag, vermochte sie nicht zu sagen.
Was läuft denn hier eigentlich?, dachte sie plötzlich, als Patti sich mit dunklen, geweiteten Pupillen zu ihr umdrehte.
«Nicht ganz», flüsterte Patti und presste die Hand in ihren Schritt.
Oh, jetzt verstehe ich. Natalie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Beinahe hätte sie sogar laut aufgelacht. Darum ging es also. Patti und Stella hatten sie absichtlich in eine nachteilige Position manövriert, damit ihre Halbschwester endlich das bekam, was sie begehrte – und was vermutlich auch Stella wollte. Ob nun als Zuschauer oder als aktiv Beteiligte war Natalie noch unklar. Die riesige schwarze Sonnenbrille gab der Dragqueen ein reptilienhaftes Aussehen, das fast an einen Außerirdischen erinnerte. Durch das blonde Haar und das düstere Schwarz ihres Outfits sah sie wie eine Ikone aus einem Rockvideo aus. Glamourös, unantastbar und fast wie eine Traumgestalt.
Und doch …
Für den Bruchteil einer Sekunde schoss Natalie eine Idee durch den Kopf. Was? Das konnte doch nicht sein! Das Bild verschwand, so schnell es gekommen war, und Natalie tat es als Unsinn ab, noch bevor sie sich ganz darüber im Klaren war. Außerdem verlangten die verschwörerischen Blicke zwischen Stella und Patti nach ihrer vollen Aufmerksamkeit.
Natalie traf eine Entscheidung. Sie drehte sich zu Stella um und schaute ihr mit mutigem Blick ins Gesicht, so als wäre die Sonnenbrille gar nicht da.
«Ich weiß, was du willst. Und ich weiß auch, dass du versuchst, mich mit diesem Gerede von Bestechung zu verwirren», sagte sie mit fester Stimme und beobachtete dabei jede Nuance im Gesichtsausdruck des Transvestiten. «Aber das ist doch alles nur ein Spiel, oder? Nur eine Aneinanderreihung von Worten, um etwas zu verschleiern, das durch und durch lächerlich ist.»
«Auch auf die Gefahr hin, dass es wie ein Klischee klingt: Ist nicht das ganze Leben ein Spiel?», erwiderte Stella gelassen. «Daumery spielt mit Geld, Macht und Besitz. Andere wiederum spielen mit Sex.» Die Dragqueen betrachtete ihre Hand und hob sie dann prüfend, als hätte sie einen Fleck auf ihren makellosen Fingernägeln entdeckt. «Und das sind die Spiele, die meiner Meinung nach am meisten Spaß machen.»
Finde ich auch, dachte Natalie und war selbst überrascht von dieser Eingebung.
«Ich könnte doch jederzeit gehen, nicht wahr?», fragte sie. «Ohne dass es irgendwelche Konsequenzen hätte?»
Die blonde
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