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Der Club der Teufelinnen

Titel: Der Club der Teufelinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goldsmith Olivia
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Internat gekommen, und sie war mit Sylvie und Aaron nach Manhattan gezogen. Natürlich traf sie Cynthia bei dem einen oder anderen Lunch oder beim Einkaufen. Irgendwie schien Cynthia verändert. Sie hatte immer weniger gesprochen, und nach ihrer Scheidung von Gil wurde sie noch stiller. Stumme Cynthia.
    Und nun war sie tot. Selbstmord. Es war kein Zufall, daß auch Carla Ende Mai gestorben war. Mein Gott, ja! Es war der Jahrestag von Carlas Tod. Sie hätte daran denken müssen. Wie hatte sie sich nur so sehr von ihrer Freundin entfremden können, es nicht ahnen können? Warum galten Verzweiflung und tiefer Schmerz als etwas Beschämendes, das man sogar vor guten Freunden immer verbarg? Stöhnend drehte sie sich auf die andere Seite.
    Annie war dreiundvierzig und hielt bei einer für Amerikanerinnen durchschnittlichen Körpergröße von 172 cm seit fünfundzwanzig Jahren ihr Gewicht von 54 kg. Sie war eigen, was ihr Gewicht betraf, wie auch bei einer Menge anderer Dinge: Kleidung, Stadtwohnung, Landwohnung, Bonsais, Literatur und Psychotherapien.
    Jetzt ließ sie, ganz so wie ihre Therapeutin ihr geraten hatte, den Kummer von ihr Besitz ergreifen. Mein Gott, dieser Schmerz. Cynthia. Hätte sie doch angerufen. In der letzten Zeit hatten wir uns nur wenig gesehen. Ich hätte …
    Die Tränen kamen, immer stärker strömten sie. Sie schluchzte, schien fast zu zerfließen. Sie zog die Steppdecke übers Gesicht, aber nicht aus Rücksicht auf ihre Tochter, die am anderen Ende des Ganges schlief. Ihr selbst waren solche Laute unerträglich.
    Der Schmerz zerriß sie schier. Bilder tauchten vor ihr auf. Das Gefühl von Stahl auf der Haut. Blut, das sich im Badewasser ausbreitet. Es war grauenvoll. Warum habe ich sie bloß nicht angerufen? Oder du mich, Cynthia? Annie lag rücklings auf dem Bett, die Decke über den Kopf gezogen, und spürte, wie ihr die Tränen aus den Augenwinkeln in die Ohrmuscheln liefen. Es kitzelte. Sie mußte sich die Ohren zuhalten. Allmählich ließ ihr Schluchzen nach, die Tränen versiegten. Langsam setzte sie sich auf.
    Sie blickte zu den großen Fenstern ihres exquisiten Zimmers, wo sich ein erster Morgenschimmer am Himmel zeigte. Der Tag brach gerade eben an, und sie war vollkommen erschöpft.
    Sie warf die Decke beiseite und stand auf.
    Unten begann die Stadt eben erst aufzuwachen. Noch blinkten die Lichter von Queens auf der anderen Seite des grauen Flusses herüber, ganz wie in einem Märchenland. Dabei war Queens ein schäbiges Viertel, wie Annie von ihren Fahrten zum Flughafen wußte. Die Dinge waren nicht immer so, wie sie schienen. Vom Fenster ihres Penthouses aus konnte sie einige Jogger sehen, die noch vor Morgengrauen ihre einsame Strecke auf regennassen Wegen liefen. Eine ganze Woche war es nun schon jämmerlich naß und kühl gewesen. Grau in Grau, wie der Tod. Sie schlang die Arme fest um ihren Oberkörper und wandte sich ab.
    Wie kommt man über den Tod der besten Freundin hinweg? fragte sie sich, als sie ins Badezimmer ging. Nun, sie würde ihren üblichen Tagesablauf einhalten, sich mit etwas beschäftigen. Da war so viel zu erledigen. Sie würde Brenda und Elise anrufen müssen und alle Freunde von Cynthia, die ihr nur einfielen. Doch wer gehörte dazu? Annie mußte sich eingestehen, daß sie nur selten die alten gemeinsamen Bekannten traf. Eigentlich waren es nur noch Brenda Cushman, die nie so ganz dazugehört hatte, und Elise Elliot Atchison, mit denen sie in Kontakt geblieben war. Einzig Cynthia war ihr eine echte Freundin gewesen, in einer Stadt, in der Freundschaft sonst nur darauf basierte, wen man kannte, mit wem man verheiratet war, wie reich jemand war und was man erreichen konnte.
    Als Annie wieder aus dem Bad kam, eingehüllt in einen beigen Frotteemantel, das Haar feucht gelockt, sah sie mitgenommen aus, mit Flecken im Gesicht und geröteten Augen. Sie schüttelte den Kopf als sie ihrem eigenen Spiegelbild begegnete, hielt sich aber nicht weiter damit auf und verließ ihr Schlafzimmer. Vorbei an der Tür von Sylvies Zimmer, die jetzt noch schlief und in wenigen Tagen nicht mehr hier sein würde. Dann würde Annie nicht nur einen Verlust zu betrauern haben, sondern zwei.
    Doch jetzt war keine Zeit, weiter an Cynthia zu denken. Zuviel war zu tun. Es galt keine Zeit zu versäumen. In der makellosen gekachelten Küche ging sie zu dem Einbautisch in der Ecke am Fenster, wo sie ihre Schreibarbeiten erledigte. Nichts Besonderes. Bislang hatte sie nur zwei Bücher mit

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