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Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Der Club der unsichtbaren Gelehrten

Titel: Der Club der unsichtbaren Gelehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zumindest so lange, wie niemand darauf hinwies, dass die Abteilung für Postmortale Kommunikation letztendlich, wenn man es mal genau nahm, nichts anderes als eine höflichere Umschreibung für N*e*k*r*o*m*a*n*i*t*i*e war.
    Deshalb wurde Dr. Hix nun als nützliches, wenn auch gelegentlich irritierendes Mitglied des Rates toleriert, und zwar in erster Linie deshalb, weil es ihm (qua Statut) erlaubt war, einige der ungehörigen Dinge zu sagen, die die anderen Zauberer am liebsten selbst geäußert hätten. Von jemandem mit eindrucksvollen Geheimratsecken, einem Totenkopfring, einem unheimlichen Stab und einer schwarzen Kutte erwartete man schon, dass er überall ein bisschen Böses versprühte, auch wenn das Universitätsstatut in diesem Falle das akzeptable Böse dahingehend umdefiniert hatte, dass es sich auf Unannehmlichkeiten der Preisklasse zusammengebundener Schnürsenkel oder einer kurzen Juckreizattacke im Schritt beschränkte. Es war nicht gerade das allerbefriedigendste Arrangement, aber es stand in bester UU-Tradition: Hix besetzte auf sehr liebenswürdige Weise eine Nische, die sonst womöglich von jemandem besetzt würde, der wirklich auf solche Sachen wie vermodernde Leichen und abgeschälte Schädelknochen und das alles stand. Zugegebenermaßen verschaffte er seinen Zaubererkollegen immer kostenlose Eintrittskarten zu den verschiedenen Amateurtheaterproduktionen, die er geradezu mit Besessenheit betrieb, aber sie waren sich darüber einig, dass das im Gegenzug und im Großen und Ganzen gesehen immer noch besser war als abgeschälte Totenschädel.
    Hix hingegen konnte sich ein Publikum wie dieses einfach nicht entgehen lassen. Hier bot sich ihm nicht nur ein Übermaß an Schnürsenkeln, die nur darauf warteten, auf fachmännische Art und Weise miteinander verknotet zu werden, sondern obendrein jede Menge Taschen. Er hatte immer ein paar Flugblätter für seine nächste Produktion in seiner Kutte 9 , und es war ja auch etwas völlig anderes als gemeiner Taschendiebstahl. Eigentlich das genaue Gegenteil. Er stopfte seine Flugblätter in jede sich ihm bietende Tasche.
     
    Der ganze Tag war für Nutt ein wahres Mysterium, und er blieb ein Mysterium, das mit jeder Minute, die verging, immer noch ein bisschen mysteriöser wurde. In der Ferne blies jemand in eine Trillerpfeife, und irgendwo in dieser schiebenden, drängenden, rempelnden und größtenteils trinkenden Menschenmenge fand offensichtlich ein Spiel statt. Da musste er sich ganz auf Trev verlassen. In der Ferne waren Uuuhs und Aaahs zu vernehmen, und die Menge reagierte darauf mit Schieben und Zurückweichen. Trev und seine Kumpane, die sich selbst, soweit Nutt das durch den allgemeinen Radau verstehen konnte, die »Fette Düstergut-Pussy« nannten, nutzten jeden sich auch nur kurzzeitig bietenden Raum, um sich immer näher an das mysteriöse Spiel zu drängen, indem sie nicht von der Stelle wichen, wenn der Druck sich gegen sie wandte, und umso kräftiger drückten, wenn die Strömung in die richtige Richtung verlief. Drücken, hin und her schwanken, schieben … und etwas daran sprach auch Nutt an. Es drang durch die Sohlen seiner Füße und durch seine Handflächen in ihn ein, schlich sich mit betörender Raffinesse in sein Hirn und wärmte ihn, erlöste ihn von sich selbst und ließ ihn als nurmehr einen pulsierenden Teil des lebenden, stets in Bewegung befangenen Etwas rings um ihn herum zurück.
    Ein Gesang wehte heran. Er brandete irgendwo am anderen Ende des Spiels auf, und, was auch immer er einmal gewesen sein mochte, jetzt bestand er nur noch aus einem viersilbigen Brüllen, gespeist aus Hunderten von Kehlen und vielen Gallonen Bier. Als er wieder verebbte, nahm er das warme Gefühl der Zugehörigkeit mit sich und hinterließ ein Loch.
    Nutt sah Trev in die Augen.
    »Dich hat’s schon erwischt, was?«, fragte Trev. »Ging ja echt schnell.«
    »Es war …«, setzte Nutt an.
    »Ich weiß. Darüber reden wir nicht«, erwiderte Trev kategorisch.
    »Aber es hat zu mir gesprochen, ohne …«
    »Wir reden nicht drüber, klar? Nicht über so was. Guck mal! Sie werden zurückgedrängt. Es öffnet sich! Los, schieben!«
    Und Nutt war gut im Schieben … sehr gut sogar. Unter seinem unerbittlichen Druck glitten oder wirbelten die Leute buchstäblich aus dem Weg, ihre genagelten Schuhe kratzten über die Steine, wenn ihre Besitzer, aus Mangel an Alternativen, seitlich an Nutt und Trev vorbeigerollt und -gequetscht und hinter ihnen ziemlich

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