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Der Coach

Titel: Der Coach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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streiten, Neely?«
    »Nein. Ich bin hergekommen, um zu sagen, dass es mir Leid tut.«
    »Das hast du schon gesagt. Warum bist du also noch hier?«
    Er biss sich auf die Lippen und ließ ein paar Sekunden verstreichen. Dann sagte er: »Warum willst du, dass ich gehe?«
    »Weil ich dich nicht leiden kann, Neely.«
    »Dazu hast du auch allen Grund.«
    »Ich habe zehn Jahre gebraucht, um über dich hinwegzukommen. Erst als ich mich in Jack verliebt habe, habe ich es endlich geschafft, dich zu vergessen. Ich hatte gehofft, dich nie wiederzusehen.«
    »Denkst du manchmal an mich?«
    »Nein.«
    »Wirklich nicht?«
    »Einmal im Jahr vielleicht, in einem schwachen Moment. Jack hat sich mal ein Football-Spiel angeschaut. Der Quarterback wurde verletzt und musste auf einer Trage vom Spielfeld gebracht werden. Da hab ich an dich gedacht.«
    »Ein freundlicher Gedanke.«
    »Zumindest kein unfreundlicher.«
    »Ich denke die ganze Zeit an dich.«
    Die eisige Hülle schien ein wenig aufzubrechen. Sie seufzte, offensichtlich frustriert, beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. Hinter ihnen öffnete sich die Tür, und Mrs. Lane kam mit einem Tablett nach draußen. »Ich dachte, ihr möchtet vielleicht eine heiße Schokolade«, sagte sie und stellte das Tablett auf die oberste Stufe, in den großen Zwischenraum zwischen den beiden.
    »Danke«, sagte Neely.
    »Ist gut gegen die Kälte«, erklärte Mrs. Lane. »Du solltest dir Socken anziehen, Cameron.«
    »Ja, Mutter.«
    Die Tür schloss sich wieder. Sie ließen die heiße Schokolade stehen. Neely wünschte sich ein langes Gespräch, das verschiedene Themen und viele Jahre abdecken sollte. Schließlich hatte sie einmal Gefühle gehabt, starke Gefühle, und die wollte er spüren. Er wünschte sich Tränen und Wut, vielleicht einen heftigen Streit. Und er wünschte sich, dass sie ihm wirklich vergab.
    »Du hast dir also tatsächlich ein Football-Spiel angeschaut?«, fragte er.
    »Nein. Jack hat es sich angeschaut. Ich bin nur zufällig dazugekommen.«
    »Ist er Football-Fan?«
    »Eigentlich nicht. Wenn er einer wäre, hätte ich ihn nicht geheiratet.«
    »Dann kannst du Football also immer noch nicht ausstehen?«
    »Das kann man wohl sagen. Ich bin extra nach Hollins gegangen, weil das ein Mädchen-College ist und es dort kein Football-Team gibt. Meine ältere Tochter ist jetzt in die Schule gekommen, an ein kleines, privates Institut ohne Football-Team.«
    »Aber warum bist du dann hier?«
    »Wegen Miss Lila. Ich hatte zwölf Jahre lang Klavierunterricht bei ihr.«
    »Verstehe.«
    »Ich bin ganz bestimmt nicht hergekommen, um Eddie Rake die letzte Ehre zu erweisen.« Cameron nahm sich eine Tasse und hielt sie mit beiden Händen umschlossen. Neely folgte ihrem Beispiel.
    Da er keine Anstalten machte, bald wieder zu gehen, zeigte sie sich ein wenig zugänglicher. »Ich hatte eine Kommilitonin in Hollins, deren Bruder für die State gespielt hat. In unserem zweiten Jahr dort kam ich in ihr Zimmer, da schaute sie sich gerade ein Spiel an. Und da war der große Neely Crenshaw, trieb seine Mitspieler über das Feld, die Fans waren außer Rand und Band, und die Kommentatoren kriegten sich überhaupt nicht mehr ein über diesen großartigen jungen Quarterback. Ich hab gedacht: ›Na prima. Das ist es doch, was er immer wollte. Ein richtiger Held sein, dem die Menge zu Füßen liegt. Dem die Mädchen quer über den Campus nachlaufen, um sich ihm an den Hals zu werfen. Schmeicheleien ohne Ende. Jedermanns All-American. Das ist Neely, wie er leibt und lebt.‹«
    »Zwei Wochen später lag ich im Krankenhaus.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Das hab ich gar nicht mitbekommen. Ich hab deine großartige Karriere ja schließlich nicht verfolgt.«
    »Wer hat’s dir erzählt?«
    »Ich war in den Weihnachtsferien zu Hause und habe mich mit Nat zum Mittagessen getroffen. Er hat mir erzählt, dass du nicht mehr spielen kannst. Es ist so ein hirnrissiger Sport. Kinder und junge Männer lassen sich freiwillig zu Krüppeln machen.«
    »Da hast du Recht.«
    »Und, Neely, was war dann mit den Mädchen? Was ist mit all den kleinen Flittchen und Groupies passiert, als du nicht mehr der große Held warst?«
    »Sie waren verschwunden.«
    »Das muss ja furchtbar für dich gewesen sein.«
    Jetzt kommen wir doch langsam voran, dachte Neely. Nur raus mit dem Gift. »Die Verletzung war insgesamt nicht sonderlich angenehm.«
    »Dann bist du also ein ganz normaler Mensch geworden wie wir anderen

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