Der Code des Luzifer
saß und ihn ansah. Langsam und bedächtig blinzelte Aladfar. Ein Ausdruck von Zufriedenheit – alles ist gut, schien er zu sagen.
Es war vorbei.
Max, Fauvre, Abdullah und die anderen Männer spürten noch die Nachwirkungen des Kampfes. Ihre Muskeln waren verkrampft und schmerzten, Schnittwunden und Kratzer brannten. Heißer, süßer Tee half ihnen, leichter in den neuen Tag hineinzufinden, als der Morgen am Himmel dämmerte und der Mond der Sonne Platz machte. Kleinere Wunden wurden versorgt, die Tiere beruhigt, gefüttert und getränkt, wie es ihr Tagesablauf erforderte. Max hatte sich rasch an einem Wassertrog gewaschen; er musste mit Fauvre sprechen und sich Sophies Zimmer ansehen – er musste herausfinden, ob sie vielleicht an diesem Überfall beteiligt war. Doch zuerst brauchte er noch andere Informationen – vorausgesetzt, Fauvre kam jemals vom Telefon weg.
Die Polizei konnte erst später am Tag zu ihrer Stadt kommen. Der Sandsturm war zwischen den Tränen der Engel und der Hauptstadt hindurchgefegt, sie waren unterbesetzt und es war nicht das erste Mal, dass der verrückte Franzose mit Eindringlingen in seinem Tierasyl zu kämpfen hatte. Sie würden kommen, sobald sie konnten. Bis dahin sollten sie ihre Gefangenen hinter Schloss und Riegel setzen.
Niemand sprach darüber, warum sie angegriffen worden waren, doch Abdullah hatte nach den Übergriffen in Marrakesch keinen Zweifel daran, dass sie dafür bezahlt worden waren, Max zu finden.
Und jetzt war Sophie verschwunden.
Nicht gekidnappt, sondern einfach in die Nacht verschwunden. Am anderen Ende der Stadt befand sich ein Tor, das zu einer Laderampe führte; früher waren darüber die Lastwagen gekommen, die die Tiere in die Stadt brachten. Dieses Tor war geöffnet und wieder geschlossen worden; und dorthin war Sophie mit Abdullahs Landrover gefahren. Fauvre schimpftewütend über das Verhalten seiner Tochter. Sein Stimmungsumschwung – während des Überfalls hatte er sich größte Sorgen gemacht, jetzt verurteilte er Sophie – zeigte Max einmal mehr, wie unbeständig Erwachsene sein konnten. Dass Sophie ihm Zabalas Anhänger weggenommen hatte, erzählte er Fauvre nicht. Er brauchte selber erst mehr Informationen. Fauvre rief bei einem halben Dutzend Leuten an: bei seinen Kontakten am Flughafen, bei den Banken, bei jedem, der wissen konnte, wohin Sophie gegangen war. Er sperrte sogar die Kreditkarten, die er ihr gegeben hatte, und ihr Bankkonto. Sie würde schon bald wieder nach Hause zurückkommen müssen.
Max versuchte Fauvre in seinem Zorn zu besänftigen. »Ich habe Ihnen diese Schwierigkeiten ins Haus gebracht, Laurent. Das tut mir leid, aber es hängt mit Zabala zusammen und jetzt auch mit Sophie. Was hat er Ihnen geschickt?«
Fauvre ging mit Max über eine Rampe da hinunter, wo früher das Gefängnis der Stadt gewesen war. Die abgestandene Luft bewahrte noch die Erinnerung an die verlorenen Seelen, und die schwach leuchtenden Glühbirnen warfen einen düsteren Schein über das, was kaum mehr war als ein in den weichen Sandstein gegrabener Tunnel.
»Ich habe immer gewusst, wenn Zabala kein Verrückter ist, dann könnte das, was er mir geschickt hat, sehr wichtig sein. Hier würde niemand danach suchen«, sagte Fauvre, als er aufschloss und die Tür zu einem Tresorraum aufzog.
Die umfangreichen Dokumente, die meisten handschriftlich verfasst, waren für Max so gut wie unleserlich. Doch als sie wieder im helleren Licht von Fauvres Büro angelangt waren und er die Blätter ausbreitete, zeigte sich, dass die Papiere chronologisch geordnet waren – beginnend mit Zabalas ersten Untersuchungen, Spuren und Theorien. Max konnte immer nochnicht viel damit anfangen – mit der Fotografie und den Zeichnungen schon eher. Und mit Fauvres Erläuterungen.
»Ich kenne Zabala und diesen Mann«, er zeigte auf das Foto, das Max schon einmal gesehen hatte – der Hagere, mit Zabala vor dem Château d’Antoine d’Abbadies stehend –, »seit fast dreißig Jahren. Der Mann neben Zabala ist einer seiner wenigen Freunde. Er hat Zabala verraten, als der mit seinen Informationen an die Öffentlichkeit gehen wollte. Zabala hatte sich in den Kopf gesetzt, dass die Welt ihm diesmal zuhören würde, aber dieser sogenannte Freund hat versucht, seine Informationen zu stehlen. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist. Er ist einfach verschwunden.«
Fauvre blätterte noch mehr Seiten um. »Zabala wusste, dass sein Freund ihn an jemanden verraten hatte, der über
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