Der Code des Luzifer
Klettergerät, zwei Heckler-&-Koch-Maschinenpistolen mit Laservisier, Munition, Granaten, Leuchtkugeln, Walkie-Talkies, kugelsichere Westen und Nachtsichtgeräte. Als sie sich die ganze Ausrüstung um den Leib geschnallt hatten, sahen sie aus wie Packesel. Thierry ging voran. Da sie die Hindernisse auf ihrem Weg nicht einfach zerstören konnten – das hätte Tischenkos Leute gewarnt –, mussten sie wie Max einen anderen Weg hineinfinden. Corentins Kontaktperson hatte ihnen von den Vucari erzählt. Privatarmeen waren das eine, aber Typen, die sich für etwas so Besonderes hielten, dass sie sich selbst als Wölfe bezeichneten, musste mal eine Lektion in Sachen Realität erteilt werden. Der Ruf, den man hatte, war das eine – seine Sache durchzuziehen, war das andere. Es würde dauern, aber Corentin und Thierry würden einen Weg in den Berg hineinfinden und den Feind angreifen. Das klang doch recht vielversprechend.
Das fühlte sich gut an.
Max hatte den Stein aus dem Fersenprofil seiner Turnschuhe herausgeschnitten, und nach wenigen Minuten stand fest, dass er tatsächlich der entscheidende letzte Teil zur Entschlüsselung von Zabalas Geheimnis war.
»Und die in den Kristall eingeschliffenen Zahlen?«, hatte Tischenko gefragt.
Max konnte nur den Kopf schütteln. »Ich habe keine Ahnung. Die gehören zu einem Code. Aber den kenne ich nicht.«
Die Offenheit, mit der Max das zugab, überzeugte Tischenko. Zahlen waren jetzt unwichtig – es kam auf die exakte Uhrzeit an.
Tischenko gab seinen Männern ein Zeichen und der Hai wurde vom Boden hochgezerrt. »Einem von euch gebe ich die Gelegenheit, schnell zu sterben – der andere wird von Wölfen zerfleischt.«
Ein klaffendes Loch führte auf ein Schneefeld hinaus. Die kalte Luft biss Max ins Gesicht, aber es war nicht die Kälte, die ihn zittern ließ.
Max und der Hai standen auf einem Eisenrost. Fünf Meter unter ihren Füßen jaulte ein Rudel von ungefähr zwanzig Wölfen. Die Tiere waren absichtlich lange nicht gefüttert worden.
»Es scheint euer Schicksal zu sein, dass ihr gegeneinander kämpfen müsst«, sagte Tischenko.
Auf sein Zeichen wurden Max und der Hai von den Männern gepackt. Sie befestigten eine Klemme aus rostfreiem Stahl an Max’ linkem Handgelenk und eine zweite am rechten Handgelenk des Hais. Eine zwei Meter lange Kette verband sie. Max war bereits an den Tiger Aladfar angekettet gewesen, doch dieser Junge, der sich Hai nannte, war verglichen damit das viel gefährlichere Tier.
»Ihr bekommt zehn Minuten Vorsprung, bevor meine Wölfe und ich die Verfolgung aufnehmen. Zwei Kilometer weiter, am Rand des Steilhangs, findet ihr zwei Eispickel. Wenn ihr bis dahin noch lebt, erwarte ich, dass einer von euch den anderen tötet, und danach werden ich oder meine Wölfe den töten, der von euch beiden noch übrig ist.« Tischenko sah auf die Uhr. »Ich schlage vor, ihr rennt jetzt los.«
Max rannte los, der Hai folgte eine halbe Sekunde später.
Sie liefen durch den verharschten Schnee, der mit ein paar Zentimetern pulvrigem Neuschnee bedeckt war. Die beiden Jungen waren zumindest so lange aufeinander angewiesen, bis sie die Eispickel gefunden hatten – an das, was danach kam, wollte Max gar nicht denken.
Am aufgewühlten Himmel rumpelte und polterte es, doch die Blitze blieben in den Wolken hängen. Trotz der Dunkelheit konnten sie das unter ihnen liegende Tal und die nackten Felswände sehen, die sich mit ihren schartigen Klauen in das gespenstische Weiß reckten. Max nahm ein Stück der baumelnden Eisenkette in die Hand und erleichterte sich dadurch das Laufen. Kurz darauf folgte der Hai seinem Beispiel. Max warf ihm einen Blick zu. Spucke flog dem Hai aus dem Mund. War er fit und kräftig genug, um dieses Tempo zwei Kilometer lang durchzuhalten?
Es war fast so, als hätte der Hai Max’ Gedanken erraten. »Ich werde dich umbringen, Max. Ich werde nicht als Futter für diese Wölfe enden. Sieh zu, dass du nicht schlappmachst.« »Kümmer du dich um dich selber!«, erwiderte Max. Er keuchte schon und spürte den Schweiß unter seinen Sachen. »Der kommt von oben, aus dem Himmel. So jagt er immer«, knurrte der Hai.
Max warf einen Blick nach hinten. Die Wolken hatten bis auf die unteren tausend Meter der Zitadelle alles verdeckt. Ein schwach flackerndes Licht drang aus dem höhlenartigen Loch, aus dem sie gekommen waren. Ein paar Hundert Meter darüber ragte eine breite, dunkel glänzende Felsnase hervor, und auch von dort drang
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