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Der Code des Luzifer

Der Code des Luzifer

Titel: Der Code des Luzifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilman
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flüsterte Max.
    Jetzt war Sayid endlich wach. Angst pumpte Adrenalin in sein Blut. Er hielt die Krücke gerade nach vorne, als Max ihnauf die nächstbeste Tür zuschob. Vorsichtig glitten sie hindurch und gelangten in einen älter aussehenden Korridor. Der Boden war mit Linoleum ausgelegt, an der Decke flackerte knisternd eine Neonröhre. Und es roch hier auch anders. Nicht nach Desinfektionsmitteln. Was war das nur? Max kam nicht drauf. Langsam, damit sie der Luftzug nicht verraten konnte, ließ er die Tür hinter sich zuschwingen. Denn wer auch immer da die Treppe nach unten schlich, achtete bestimmt auf jede winzige Kleinigkeit.
    Es blieb ihnen nicht mehr viel Zeit. Vor ihnen stand eine doppelstöckige Rollbahre, auf der ordentlich gefaltet ein Laken und eine Gummidecke lagen. Auf der anderen Seite befand sich eine verriegelte Tür mit Oberlicht. Auf einem kleinen Schild daneben stand: Leichenhalle .
    »Warte kurz«, flüsterte Max.
    Er zog geräuschlos den Riegel auf. Eine Wand des Raums bestand aus Kühlfächern mit Edelstahltüren, groß genug, dass man einen Toten hineinschieben konnte. Auch hier stand eine Rollbahre. Offenbar brachte man damit verstorbene Patienten von den Stationen hierher, vielleicht auch, hoffte Max, aus der Tiefgarage am Ende dieses anderen Korridors, wo Krankenwagen mit Unfallopfern eintrafen.
    Max kniete sich neben Sayid und flüsterte ihm ins Ohr: »Wir gehen da rein. Es ist ziemlich finster, und es gibt eine Bahre wie die hier, auf der wir uns verstecken können. Du legst dich unten rein, ich oben, ich zieh eine Decke über mich. Wahrscheinlich werden diese Leute nicht unbedingt in einer Leichenhalle herumschnüffeln wollen. Ich kann lang genug die Luft anhalten, um sie zu täuschen.«
    Sayid schüttelte den Kopf. »Kommt nicht infrage.«
    »Das ist jetzt nicht der richtige Augenblick, zimperlich zusein. Da kommt jemand die Treppe runter, und das ist garantiert keine Schwester, die dich ins Bett bringen will.«
    »Nein. Ich kann da nicht rein, Max. Ich kann nicht«, flüsterte Sayid.
    »Die tun dir doch nichts. Die sind alle tot«, versuchte Max ihn zu beruhigen. Sayid kniff die Augen zu und schüttelte hartnäckig den Kopf.
    Für Diskussionen war jetzt keine Zeit. Jemand hatte auf der Etage über ihnen eine Schwingtür aufgestoßen. Offenbar durchsuchten diese Leute systematisch alle Flure.
    »Also wirklich Sayid, manchmal kannst du einem das Leben ganz schön schwer machen.«
    »Ich?«, zischte Sayid vorwurfsvoll.
    Über ihnen fiel eine Tür zu. Sie blickten auf, versuchten sich vorzustellen, wie der Eindringling zur Treppe zurückging. Max packte Sayids Arm.
    »Der Rollstuhl bleibt hier, du kletterst auf diese Bahre hier. Ich geh da rein«, sagte er und wies mit dem Kopf Richtung Leichenraum.
    Sayid schob sich auf die untere Etage der Rollbahre, während Max das Laken so darüberlegte, dass es rundum bis zum Boden hinabreichte.
    Er sah noch einmal zu Sayid hinein. »Bleib totenstill liegen, bis ich dich holen komme!«
    »Wie kannst du jetzt solche Witze machen, Max?«
    »Mach ich ja gar nicht. Falls er hier reinkommt – du darfst dich auf keinen Fall bewegen«, sagte Max.
    Sayid umklammerte das Bündel auf seiner Brust und blieb stocksteif liegen. Max verzog sich in den Nebenraum.
    Im Leichenraum lehnte er die Tür nur an, sodass sie nicht ins Schloss fiel, und kletterte dann wie Sayid unten auf die Bahre.Das Laken war kürzer als das andere. Er konnte damit weder sich selbst noch die ganze Bahre bedecken. Max zog Schuhe und Strümpfe aus und krempelte seine Cargohose bis zu den Knien hoch. Dann klemmte er sich unter jede Achsel einen Schuh und legte sich oben auf die Bahre. Er zog das Laken über seinen Kopf und streckte sich lang aus, fest entschlossen, sich nicht zu bewegen. Schon begann er an den nackten Füßen zu frieren. Er legte die Fersen dicht zusammen und ließ die Füße in natürlicher Haltung nach links und rechts wegsinken. Kaum hatte sich sein Atem beruhigt, hörte er die Schwingtür leise aufklappen.
    Max betete, dass Sayid nicht die Nerven verlor.

5
    D er Mann, der sich nahezu lautlos durch die letzten Etagen bewegt hatte, hatte mehr als die Hälfte seines Lebens in der französischen Fremdenlegion verbracht. Als er vor zwanzig Jahren in Marseille in diese legendäre Truppe aufgenommen worden war, hatte man über seine kriminelle Laufbahn als Jugendlicher hinweggesehen. Er bekam eine neue Identität und – für ihn und seinesgleichen noch wichtiger – eine

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