Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Code des Luzifer

Der Code des Luzifer

Titel: Der Code des Luzifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilman
Vom Netzwerk:
neue Familie: die Legion. Nach seinem Ausscheiden fand er besser bezahlte Arbeit, bei der ihm seine speziellen Fertigkeiten gute Dienste leisteten.
    Die Legion hatte ihm den Namen Corentin gegeben, ein keltisch-bretonischer Name, der Hurrikan bedeutet, und er besaß wirklich die Kraft und Energie eines Sturms. Aber er war nicht nur stark, sondern auch äußerst gewandt und bewegte sich leichtfüßig durch die kaum beleuchteten Korridore. Auch wenn nichts auf die Anwesenheit der beiden Jungen hindeutete, sagte ihm sein Instinkt, dass jemand durch diese Schwingtür gegangen war. Nachdem er der Schwester weisgemacht hatte, dass er das Gebäude verlassen wolle, hatte er sich systematisch durch die Stockwerke nach unten vorgearbeitet. Und jetzt hatte er etwas gehört.
    Corentin trug eine 9-mm-Pistole – eine Glock 18 – und ein Kampfmesser mit kurzer Klinge. Unbewaffneter Nahkampf gehörte zu seinen besonderen Fähigkeiten, aber er würde wederdiese Fertigkeiten noch die Waffen einsetzen müssen. Er jagte Kinder, keine Killer.
    Sayid drückte sein Gesicht fest in das Bündel auf seiner Brust und hoffte verzweifelt, dass man seinen flachen Atem nicht hören konnte. Am unteren Ende des Lakens tauchten jetzt Schuhe mit weichen Sohlen auf. Ob Stress und Angst der Grund waren oder ob es an den Nachwirkungen der Medikamente lag, jedenfalls war Sayid kurz davor, ohnmächtig zu werden.
    Corentin ging an der Bahre vorbei und noch zehn Schritte weiter, bis er ans Ende des Korridors gelangte. Er machte kehrt und blieb zögernd vor der Tür zum Leichenraum stehen. Er hatte schon viele übel zugerichtete Tote gesehen und auch selbst manche Morde begangen, etwas, wozu man Kraft und Aggressivität benötigte, aber ein Leichenkeller war ein stiller, unheimlicher Ort, an dem sich die Geister der Toten herumtrieben. Alter Aberglaube. Vielleicht auch das unbewusste Grauen vor der Gewissheit, dass er eines Tages selbst auf kalten Fliesen liegen würde, während ein Pathologe ihn aufschnitt, um herauszufinden, woran er gestorben war. Messer, Kugel, Explosion. Was würde es sein? Er dachte nicht darüber nach. Es spielte keine Rolle. Aber ein Leichenkeller …
    Corentin machte die Tür vorsichtig auf und roch sofort den widerlich süßlichen Gestank von Balsamierflüssigkeit und all den anderen Sachen, die diese Ärzte des Todes benutzen mochten. Er sah sich rasch um. Edelstahlschränke. Eine Bahre mit einer Leiche drauf.
    Okay. Niemand da. Er trat zurück. Seine Instinkte schlugen Alarm. Er hatte sich von einer dummen, kindischen Angst aus der Ruhe bringen lassen, und jetzt war jemand hinter ihm. Er wirbelte herum, die Automatik in der Hand, bereit, den lautlosen Verfolger zu erschießen.
    »Ich bin’s!«, zischte sein Partner Thierry mit halb erhobenen Händen.
    Corentin ließ langsam die Pistole sinken. »Thierry. Um Gottes willen!«
    Die beiden Männer arbeiteten seit über zwölf Jahren zusammen und waren ein gutes Team. »So nervös? Du wirst alt, Mann«, sagte sein Freund. »Was gefunden?«
    »Nein. Du?«
    »Hier unten gibt es eine Tiefgarage. Aber alles sehr schlecht gesichert. Und das in diesen Zeiten …«
    Corentin unterbrach ihn. »Hast du keinen von diesen Jungen gesehen?«
    »Nein. Nichts. Komm, wir vergeuden hier nur unsere Zeit. Was sollen die beiden schon wissen?«
    »Genug, um uns zu geben, was wir brauchen. Wir verschwinden von hier. Die Spur ist kalt.«
    Corentin folgte seinem Partner durch die Schwingtür, schob aber vorher noch den Riegel der Leichenraumtür zu.
    Die Geister der Toten sollten bleiben, wo sie hingehören, dachte er.
     
    Max wartete. Die gedämpften Stimmen, die auf Französisch miteinander gesprochen hatten, waren nicht zu verstehen gewesen. Dann klapperte der Riegel, die Schwingtür ging auf und klappte wieder zu. Für den Fall, dass die Männer sie täuschen wollten, um sie herauszulocken, blieb er noch ein paar Minuten reglos liegen, bevor er das Laken von sich warf.
    Sein Herz hatte so laut gehämmert wie der Riegel, der vor die Tür geschoben worden war. Er zerrte an der Klinke. Aber vergeblich.
    Max schlug leise an die Tür. »Sayid. Ich bin eingeschlossen.
    Sayid?«, flüsterte er. Er lauschte. Nichts. Die konnten ihn doch nicht mitgenommen haben? Ihn geknebelt und weggetragen haben?
    Max zog die Bahre an die Tür, arretierte die Feststellbremsen und kletterte hinauf. Durch das halb offene Oberlicht sah er die andere Bahre. Keine Spur von den zwei Männern. »Sayid?«, flüsterte er etwas lauter

Weitere Kostenlose Bücher