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Der Codex

Titel: Der Codex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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suchen ließ, wer könnte dies sein?
    »Teniente?«
    Der Leutnant, der draußen auf seine Tagesbefehle wartete, kam herein und salutierte. »Si, Señor?«
    »Ich möchte, dass Sie einen Mann zurückschicken, um in Erfahrung zu bringen, wie weit die Gebrüder Broadbent gekommen sind.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Er soll sie nicht belästigen. Außerdem dürfen sie ihn nicht bemerken. Ich möchte wissen, in welchem Zustand sie sind -ob sie weiterziehen oder aufgegeben haben. Er soll so viel rauskriegen wie möglich.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Heute nehmen wir uns die Pyramide vor. Wir öffnen das eine Ende mit Dynamit und arbeiten uns dann voran. Te i len Sie den Sprengstoff und die Männer ein. Sie sollen in einer Stunde fertig sein.« Er stellte den Teller auf dem B o den ab, stand auf und hängte sich die Steyr AUG über die Schulter. Dann trat er in den Sonnenschein hinaus, warf einen Blick auf die Spitze der Pyramide und berechnete, wo die Ladungen befestigt werden mussten. Ob er Max in der Pyramide fand oder nicht: Die Arbeit würde die Soldaten zumindest beschäftigen und unterhalten. Laute Explosi o nen hörte schließlich jeder gern.
    Sonnenschein. Es war der erste, den er seit Wochen zu Gesicht bekam. Zur Abwechslung würde es mal Spaß machen, im Sonnenschein tätig zu werden.

47
     
    Der Tod kam zu Tom Broadbent, doch er war nicht in eine schwarze Kutte gehüllt und hatte auch keine Sense. Er kam in Form eines abscheulich barbarischen, rotgelb gestreiften Gesichts und einer Gestalt, an der sich grüne Federn sträu b ten. Sie hatte grüne Augen, schwarzes Haar und spitze weiße Zähne. Die Gestalt blickte Tom ins Gesicht und berührte ihn mit den Fingern. Doch der Tod, den Tom erwa r tet hatte, ließ sich nicht blicken. Vielmehr zwang die gräs s lich anzusehende Gestalt ihn pausenlos, eine heiße Flüssi g keit zu trinken. Tom setzte sich schwach zur Wehr, dann ergab er sich seinem Schicksal und schlief wieder ein.
    Als er erwachte, hatte er ein trockenes Gefühl in der Kehle und pochende Kopfschmerzen. Er lag in einer trockenen Hängematte in einem Unterstand mit einem Schilfdach und trug ein frisches T-Shirt und Shorts. Vor dem Unterstand schien die Sonne. Der Dschungel ließ allerlei Geräusche hören. Eine ziemliche Weile wusste Tom nicht einmal mehr, wer er war und was er hier machte. Dann fiel ihm eins nach dem anderen wieder ein: das Verschwinden seines Vaters; das seltsame Testament; die Fahrt flussaufwärts; Don A l fonsos Scherze und Sprüche; die kleine Lichtung mit dem Ausblick auf die Sierra Azul - und das Sterben unter dem Riesenbaum im Regen.
    Alles schien vor unendlich langer Zeit passiert zu sein. Tom fühlte sich erfrischt, wie neu geboren - und so schwach wie ein Säugling.
    Er hob vorsichtig den Kopf, doch nur so weit, wie der hämmernde Kopfschmerz es erlaubte. Die Hängematte n e ben ihm war leer. Sein Herz tat einen Sprung. Wer hatte in ihr gelegen? Sally? Vernon? Wer war gestorben?
    »Hallo?«, fragte er und versuchte sich aufzusetzen. »Ist hier jemand?«
    Draußen ertönte ein Geräusch, dann hob Sally die Klappe hoch und trat ein. Sie wirkte wie ein plötzlicher Strahl aus Gold auf ihn. »Tom! Wie schön, dass es dir besser geht!«
    »Ach, Sally ... Ich hab die leere Hängematte gesehen und dachte schon ...«
    Sally kam zu ihm und nahm seine Hand. »Wir sind noch alle da.«
    »Philip auch?«
    »Er ist zwar noch krank, aber es geht ihm viel besser. Vernon dürfte morgen wieder auf dem Damm sein.«
    »Was ist passiert? Wo sind wir?«
    »Noch immer am gleichen Ort. Du kannst Borabay danken, wenn er zurückkommt. Er ist auf der Jagd.«
    »Borabay?«
    »Ein Bergindianer. Er hat uns gefunden und gerettet. Er hat uns alle gesund gepflegt.«
    »Warum?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Wie lange war ich weg?«
    »Wir waren alle ungefähr eine Woche krank. Wir haben uns ein Fieber eingefangen, das er Bisi nennt. Er ist ein C u randero. Nicht so einer wie ich, sondern ein echter. Er hat uns Medizin eingeflößt, uns gefüttert und uns das Leben gerettet. Er spricht außerdem ein ziemlich seltsames Englisch.«
    Tom versuchte, sich hinzusetzen.
    »Noch nicht.« Sally drückte ihn wieder nach unten. »Trink das hier.«
    Sie reichte ihm einen Becher, der mit einem süßen Getränk gefüllt war. Tom leerte ihn bis auf den Grund und spürte, wie sein Hunger zunahm. »Ich rieche, dass da etwas kocht, das ungeheuer lecker duftet.«
    »Schildkröteneintopf à la Borabay. Ich bring dir eine Portion.« Sie

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