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Der Codex

Titel: Der Codex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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rasselnd nach Luft schnappen.
    »Philip?«, brachte er schließlich hervor. »Ist alles in Ordnung mit dir?«
    Philips rasselnder Atem normalisierte sich.
    »Du hast es geschafft.« Tom wollte den Satz so sachlich wie möglich klingen lassen. »Alles klar. Wir haben es hinter uns. Du bist in Sicherheit.«
    Wieder kam eine Bö und ließ die Brücke schwanken. Phi l ip stieß einen gurgelnden Laut aus. Er umklammerte das Seil mit aller Kraft.
    Eine Minute verging. Sie dauerte sehr lange.
    »Wir müssen weiter«, sagte Tom. »Du musst aufstehen.«
    Wieder ein Windstoß. Die Brücke tanzte und wackelte.
    »Ich kann nicht.«
    Tom verstand, was er meinte. Auch er hatte das dringe n de Bedürfnis, sich am Haupttau festzuhalten und den Rest seines Lebens dort zu verbringen.
    Die Dunstschwaden lösten sich auf. Von unten kamen weitere Windstöße. Sie w a ren nun wirklich gewaltig. Die Brücke schaukelte. Sie bewegte sich aber nicht wie sonst, sondern ihr Schaukeln endete stets mit einer ruckenden Drehung, die sie jedes Mal in die unter ihnen herrschende Düsternis zu schleudern drohte.
    Dann flaute das Beben ab.
    »Philip, steh auf.«
    »Nein.«
    »Du musst. Und zwar sofort.« Eines hatten sie nämlich sicher nicht: Zeit. Der Nebel hatte sich aufgelöst. Die Jupiterlampe leuchtete hell. Die Soldaten brauchten sich nur u m zudrehen, dann mussten sie die beiden Männer sehen. Tom streckte eine Hand aus. »Halt dich fest. Ich hiev dich hoch.«
    Philip hob zitternd eine Hand. Tom packte sie und zog ihn langsam hoch. Die Br ü cke schaukelte. Philip klammerte sich an die senkrechten Seile. Nun kam eine ganze Reihe von Windstößen. Die Brücke vollführte ein abscheuliches Geschaukle. Philip stöhnte vor Entsetzen. Tom hielt sich in Todesangst fest. Er wurde von einer Seite zur anderen g e worfen. Fünf Minuten vergingen, in denen die Brücke be b te. Es waren die längsten fünf Minuten in Toms Leben. Er spürte, wie seine Arme von der Anstre n gung schmerzten. Schließlich ließ das Wackeln nach.
    » Gehen wir.«
    Philip bewegte einen Fuß und setzte ihn vorsichtig auf das Tau. Dann den anderen. Schließlich bewegte er auch die Hände, während er sich vortastete. Fünf Minuten später hatten sie die andere Seite erreicht. Borabay und Vernon warteten schon in der Dunkelheit auf sie. Zusammen schlugen sie sich in den Nebelwald. Sie liefen, so schnell sie konnten.

64
     
    Borabay geleitete sie durch den Wald. Seine Brüder folgten ihm einer hinter dem a n dern. Der Weg, den sie nahmen, wurde von der eigenartigen Phosphoreszenz erhellt, die Tom schon früher gesehen hatte. Jeder verfaulende Strunk, jedes Stück Holz war in dieses mattgrüne Licht getaucht, das den Wald so gespenstisch erhellte. Doch nun wirkte es nicht mehr schön - es war nur noch bedrohlich.
    Zwanzig Minuten später ragte eine beschädigte Steinmauer vor ihnen auf. Borabay hielt an und hockte sich hin. Plötzlich flammte ein Licht auf. Als er sich aufrichtete, hatte er ein brennendes Riedgrasbündel in der Hand. Die Mauer war nun besser e r kennbar: Sie bestand aus gigantischen Kalksteinblöcken und wurde von einer dic h ten Matte aus Kletterpflanzen fast verhüllt. Toms Blick fiel kurz auf ein Basrelief: Es zeigte Gesichter im Profil, hohläugige Schädel, fantastisch anmutende Jaguare und glotzäugige Vögel mit langen Krallen.
    »Die Stadtmauer.«
    Sie marschierten eine Weile an der Mauer entlang und stießen dann auf einen schmalen Türrahmen, vor dem Kle t terpflanzen wie ein Perlenvorhang herabhingen. Sie sch o ben sie beiseite, duckten sich und bahnten sich ihren Weg.
    Borabay streckte im matten Licht eine Hand aus, packte Philip am Arm und zog ihn an sich. »Brüderchen Philip, du mutig.«
    »Nein, Borabay. Ich bin ein absoluter Feigling und eine Last für euch.«
    Borabay klopfte ihm liebevoll auf den Arm. »Stimmt nicht. Ich Hose machen vor Angst.«
    »In Hose machen.«
    »Danki.« Borabay schirmte die Fackel mit der Hand ab und blies in das Fläm m chen, damit es heller glühte. Sein Gesicht leuchtete im Schein des Feuers auf und ließ seine grünen Augen goldfarben schimmern. Es betonte sein Broadbent-Kinn und se i ne fein geschwungenen Lippen. »Wir gehen jetzt zu Grabkammern. Wir Vater s u chen.«
    Durch den Türrahmen gelangten sie in die Ruine eines Innenhofes. An einer Seite führte eine Treppe nach oben. B o rabay flitzte über den Hof und stieg die Stufen hi n auf. Die anderen schlossen sich ihm an. Sie bogen rechts ab und marschierten über

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