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Der Codex

Titel: Der Codex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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körperl i chen Stärke prahlten, mit Schießeisen protzten und so we i ter. Die waren doch alle krank. Hauser gehörte bestimmt auch dazu. Vielleicht war er ja nur ein Maulheld.
    Die Gegensprechanlage summte. Skiba drückte mit zittriger Hand einen Knopf.
    »Mr. Fenner von Dixon Asset Management ist wegen seines 14-Uhr-Termins da.«
    Skiba schluckte. Das war die Besprechung, die er nicht verpassen durfte. »Schicken Sie ihn rein.«
    Fenner sah aus wie die meisten Börsenanalysten, die Skiba kannte. Er war klein, dröge und strahlte ein überhebliches Selbstvertrauen aus. Es war die Ursache seines Erfolges: Fenner war ein Typ, dem man gern glaubte. Skiba hatte ihm zahllose kleine Gefallen erwiesen; ihm ein paar heiße Tipps gegeben; ihm geholfen, seine Kinder in einer exklus i ven Privatschule in Manhattan unterzubringen; und er ha t te seiner Gattin ein paar Hunderttausend für Wohltäti g keitsveranstaltungen zukommen lassen. Im Gegenzug hatte Fenner die Lampe-Aktie ständig und bis zum bitteren Ende als »Schnäppchen« angepriesen, seine glücklosen Klienten zum Dunghaufen geführt und sie mit dem Kopf voraus hineingeschoben. Dabei hatte auch er Millionen gescheffelt. Kurz gesagt, er war der Prototyp eines erfolgreichen Anal y sten.
    »Wie geht's, Lewis?« Fenner ließ sich am Kamin nieder. »Besonders lustig kann's ja wohl kaum sein.«
    »Ist es auch nicht, Stan.«
    »In Zeiten wie diesen möchte ich keine Komplimente machen. Dafür kennen wir uns zu lange. Ich möchte nur, dass du mir den Grund nennst, warum ich meinen Klienten r a ten soll, eure Papiere zu behalten. Ich brauche einfach nur einen guten Grund.«
    Skiba schluckte. »Kann ich dir was anbieten, Stan? Mineralwasser? Sherry?«
    Fenner schüttelte den Kopf. »Das Investmentkomitee wird sich über mich hinwegsetzen. Es ist Zeit zum Verscherbeln.
    Die Leute haben die Hosen voll, und ich, ehrlich gesagt, auch. Ich hab dir vertraut, Skiba.«
    So ein Heuchler. Fenner war seit Monaten darüber im Bilde, wie es wirklich um das Unternehmen stand. Ihn hatten nur die ganzen Leckerbissen verlockt, die Skiba ihm zuwarf -und die Effektengeschäfte, die Lampe von Dixon erledigen ließ. Gieriger Scheißkerl. Doch andererseits ... Wenn Dixon von »kaufen« oder »behalten« zu »verkaufen« wechselte, dann war es mit Lampe aus. Dann stand die Zahlungsunfähigkeit an.
    Skiba hüstelte und räusperte sich. Es fiel ihm schwer, e t was zu sagen, deswegen hüstelte er noch einmal, um seine Lähmung zu kaschieren.
    Fenner wartete.
    Schließlich ergriff Skiba das Wort: »Ich kann dir einen Tipp geben, Stan.«
    Fenner neigte den Kopf unmerklich zur Seite.
    »Die Sache ist so streng vertraulich, dass es ein klarer Fall von Insiderhandel wäre, wenn du das Wissen für dich au s nutzen würdest.«
    »Es ist nur dann Insiderhandel, wenn man verkauft. Ich suche aber einen Grund, eben nicht zu verkaufen. Meine Klienten sitzen bis zum Hals in Lampe-Aktien, und ich muss ihnen ein Argument zum Stillhalten nennen.«
    Skiba atmete tief durch. »Lampe wird in einigen Wochen den Erwerb eines zweitausend Seiten starken Manuskripts bekannt geben, das die alten Mayas zusammengestellt h a ben. Es existiert nur ein Exemplar. Es beschreibt jedes G e wächs und jedes Tier der tropischen Regenwälder mit m e dizinisch aktiven Eigenschaften. Dazu gehören Rezepte, die besagen, wie man diese aktiven Ingredienzien extrahiert, sie dosiert und welche Nebenwirkungen sie haben. Das Manuskript enthält das gesamte uralte medizinische Wi s sen der Mayas. Es wurde über Jahrtausende aktualisiert - von Menschen, die im reichhaltigsten Depot an biologischer Vielfalt dieses Planeten gelebt haben. Es wird Lampe bis zur letzten Seite gehören.
    Wir kriegen es gratis, ohne Tantiemenzahlungen, Partnerschaften, Rechtsstreitigkeiten oder Hypotheken.«
    Er hielt inne. Fenners Ausdruck hatte sich nicht geändert. Falls er nachdachte, ließ er es sich nicht anmerken.
    »Wann werdet ihr das bekannt geben? Kann ich ein D a tum haben?«
    »Nein.«
    »Wie sicher ist die Sache?«
    »Sehr sicher.«
    Die Lüge kam Skiba leicht über die Lippen. Der Codex war seine einzige Hoffnung. Wenn nichts daraus wurde, war sowieso alles egal.
    Ein langes Schweigen. Fenner ließ zu, dass sich ein Ausdruck auf seine feinen, strengen Gesichtszüge legte, der einem Lächeln glich. Dann nahm er seinen Aktenkoffer und stand auf. »Ich danke dir, Lewis. Da bin ich wirklich von den Socken.«
    Skiba nickte und schaute zu, wie Fenner sich

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