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Der Computer und die Unsterblichen

Der Computer und die Unsterblichen

Titel: Der Computer und die Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bester
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gesamte Zuhörerschaft aus dem Hörsaal geflohen; nur Edison, das Syndikat und ich waren mit dem Häuptling zurückgeblieben. Sequoia blickte uns bestürzt an. »Was ist passiert?«
    Auf dem Arbeitstisch fielen Reagenzgläser aus ihren Halterungen, als das Gestell nachgab. Die Wandtafel und eine aufgehängte Demonstrationskarte begannen sich zu verfärben. »Was ist passiert?« wiederholte Guess.
    »Was passiert ist? Ich kann es dir sagen, was passiert ist!« Edison lachte bellend auf. »Dieses dumme Mädchen brachte dir rauchende Salpetersäure. Rauchende. Und die Dämpfe haben diesen Raum in ein Salpetersäurebad verwandelt. Alles wird angegriffen und zerfressen.«
    »Verdammt!« rief Guess zornig. »Wo steckt sie? Wo ist Fee? Wenn du es gesehen hast, warum hast du es nicht verhindert?«
    »Nein, ich habe es gefolgert. Ich habe keine Etiketten gelesen.«
    »Lieber Gott! Ich habe die ganze Konferenz ruiniert! Die Leute werden stocksauer sein.« Er schien verzweifelt.
    Auf einmal kam mir die Erleuchtung, und ich stieß einen Schrei aus.
    »Was ist los, Guig?« rief die Gruppe. »Bist du verletzt?«
    »Nein, ihr verdammten Dummköpfe, ich triumphiere! Versteht ihr nicht? Warum merkte er nicht, daß es rauchende Salpetersäure war? Warum ist er nicht mit den anderen hinausgerannt? Denkt darüber nach, während ich mich freue.«
    Nach längerer Pause sagte das Syndikat: »Ich habe nie an deine Kampagne geglaubt, Guig. Tut mir leid. Es war eine Million zu eins, darum hoffe ich, daß du mir vergeben wirst.«
    »Natürlich vergebe ich dir. Ich vergebe allen, die nicht an mich geglaubt haben. Wir haben einen weiteren Molekularen Menschen. Wir haben einen nagelneuen Molemann. Was sagst du dazu, Tecumseh?«
    »Ich verstehe kein Wort.«
    »Dann steck die Nase in die Salpetersäuredämpfe und hol tief Atem. Oder trink das Glas aus. Du kannst tun, was du willst, denn nichts, was du ißt, trinkst oder atmest, kann dich umbringen. Willkommen in der Gruppe.«
     

 
5.
     
    Wenige Stunden später war Sequoia verschwunden. Wir suchten ihn den halben Tag lang gemeinsam, dann erkannten wir, daß er weder im JPL noch in der Universität war, und trennten uns, um die Suche einzeln fortzusetzen. Ich konnte mir denken, wo der Häuptling Zuflucht gesucht hatte (ich hatte nicht umsonst fünf Tage in einem zerbrochenen Bambuskäfig zugebracht), und so nahm ich den nächsten Linearzug zur Erie-Reservation.
    Da war dieses Schlammloch von der Größe eines Mondkraters gewesen, 300 Kilometer lang, 90 Kilometer breit, 70 Meter tief, alles schwarzer Schlick, durchzogen von stinkenden Rinnsalen der giftigen Abwässer einer umweltfreundlichen Industrie für ein besseres Morgen. Dies war das großzügige Geschenk für die Indianer, damit sie es für immer oder bis zur neuerlichen Vertreibung durch einen fortschrittlichen Kongreß besitzen und besiedeln sollten. 27 000 Quadratkilometer Hölle. Jetzt, kaum zwei Generationen später, waren es 27 000 Quadratkilometer Paradies, ein über die ganze Fläche geworfener bunter Flickenteppich aus großen und kleinen Feldern, Wiesen und Waldstücken, aus dem hier und dort das Rot blühenden Mohns leuchtete. Die Abzugskanäle waren verrohrt und unterirdisch verlegt, und dörfliche Siedlungen lagen verstreut in der Landschaft. Die Häuser hatten die traditionelle Form indianischer Hütten, doch statt aus Zweigen und Lehm waren sie aus gebrannten Ziegeln, Travertin oder Sandstein erbaut. Mit Steinplatten gepflasterte schmale Straßen zogen sich scheinbar willkürlich durch das Land, und das ganze Gebiet, dessen Grenzen sich mit den einstigen Ufern des Eriesees deckten, war mit einem elastischen Zaun umgeben, der einen sanft zurückstieß, wenn man zu nahe heranging.
    Nach längerem Radebrechen mit den Torwächtern wurde ich eingelassen und durfte ein Taxi besteigen, das mich nach einstündiger holperiger Fahrt zu einem kleinen Dorf brachte. Der Fahrer zeigte zu einem Haus aus weißgekalkten Ziegeln, und da saß der Häuptling mit dem Rücken an der Wand und ließ sich von der Vormittagssonne bescheinen.
    Ich setzte mich wortlos neben ihn. Mein Instinkt sagte mir, daß ich mich anpassen mußte. Er saß still und bewegungslos, und ich tat es ihm nach. Es gab ziemlich viele Stechmücken, aber er schlug nicht nach ihnen, und so tat ich es auch nicht.
    Nach einigen Stunden erhob er sich träge. Ich rührte mich nicht, bis er die Hand ausstreckte, um mir aufzuhelfen. Ich folgte ihm ins Haus, dessen Inneres mit

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