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Der Computer und die Unsterblichen

Der Computer und die Unsterblichen

Titel: Der Computer und die Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bester
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hoben Entwässerungsgräben aus und errichteten Zelte. Wir versuchten, mit der Fäulnis und dem Gestank zu leben. Wir starben zu Tausenden; wir verhungerten, vergifteten uns, begingen Selbstmord. Viele traditionsreiche Stämme wurden ausgelöscht ...«
    »Wie war es dann möglich, daß dieses Paradies daraus entstehen konnte?«
    »Das brachte die unermüdliche Arbeit zweier Generationen zuwege. Trotzdem wäre es wohl nicht so gekommen, hätte einer von uns nicht eine Entdeckung gemacht. Als der verseuchte Schlamm trocknete, wollten anfangs keine Nutzpflanzen auf ihm gedeihen, nur der Schlafmohn, der häßliche Mohn.«
    »Warum nennst du ihn häßlichen Mohn? Er ist hübsch, und ich sehe, daß er hier in verschiedenen Farbtönen blüht. Das gefällt mir.«
    »So ist es. Aber er produziert ein vergiftetes Opium, und schlimme Drogen werden daraus extrahiert; neue Drogen, unerhörte Dinge mit phantastischen Wirkungen – die Erforschung der möglichen Derivate ist immer noch nicht abgeschlossen –, und da wir in einer Drogenkultur leben, wurde die Reservation gleichsam über Nacht reich.«
    »Eine wohlwollende Regierung hätte euch die Erie-Reservation zu eurem eigenen Besten wieder wegnehmen müssen.«
    Er lachte. »Du hast vollkommen recht, bis auf einen Punkt: Die Herstellung des vergifteten Opiums erfolgt in einem geheimen Prozeß. Wir sind die einzigen, die ihn kennen, und wir verraten ihn nicht. So gewannen wir den letzten Krieg mit den Bleichgesichtern. Wir stellten sie vor die Wahl: Erie oder Superopium, nicht beides. Sie boten uns alle möglichen Versprechungen, Verträge und Beteiligungen an, aber wir lehnten alles ab. Wir haben auf die harte Tour gelernt, niemandem zu vertrauen.«
    »Die Geschichte leuchtet mir trotzdem nicht ein. Was ist mit Schmiergeldern, Bestechung, Erpressung? Außerdem gibt es Spione.«
    »O ja, alles das haben sie versucht. Sie versuchen es immer noch. Aber wir werden damit fertig.«
    »Wie?«
    »Nun, Guig, ein klein wenig Diskretion solltest du schon aufbringen.« Er sagte es mit einer solch gnadenlosen Heiterkeit, daß mich ein Frösteln überlief.
    »Dann habt ihr also eine Art Rothaut-Mafia.«
    »So könnte man es vielleicht nennen. Die internationale Mafia wollte, daß wir uns ihr anschlössen, aber wir lehnten ab. Wir vertrauen niemandem. Sie versuchten uns mit Gewalt zu überzeugen, aber wir haben auch unsere harten Burschen. Die Mafia wird nicht mehr versuchen, uns unter Druck zu setzen. Wir verpaßten ihr einen Bauchvoll traditioneller Barbarei, den sie nie vergessen wird.«
    »Sind eure jungen Leute nicht voll in diese Drogen eingestiegen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht daß ich wüßte. So was lassen wir nicht zu. Keine Drogen. Keine eingepflanzten Abhörwanzen und dergleichen.«
    »Und Feuerwasser?«
    »Hin und wieder, aber es ist so scheußlich, daß sie bald damit aufhören.«
    »Wird es auch nach einem Geheimrezept hergestellt?«
    »Es wird aus Alkohol, Strychnin, Tabak, rotem Pfeffer, Seife und brauner Farbe destilliert.«
    Ich schauderte.
    »Jeder kann das Rezept haben, weil wir die Marke geschützt haben. Die Weißen wollen echtes ›Erie-Feuerwasser‹ und keinen Ersatz.«
    Wir lachten. Nachdem wir schweigend ein Stück gegangen waren, sagte er: »Nun, ich habe dir fast alles erzählt. Jetzt bist du an der Reihe. Was genau ist ein Molekularer Mensch?«
    »Ein Organismus, der jedes Molekül verwerten kann.«
    »Bewußt?«
    »Nein. Es passiert einfach. Der Molemann kann jedes Gas atmen, Sauerstoff aus Wasser entnehmen, Gift essen, jeder Umgebung ausgesetzt werden, und alles wird in stoffwechselaktive Substanzen umgewandelt.«
    »Was geschieht bei körperlichen Verletzungen?«
    »Wenn sie nicht so schwerwiegend sind, regeneriert der Körper sich selbst. Bei sehr schweren Verletzungen ist es aus. Wenn sie dir den Kopf abschneiden oder das Herz herausreißen, bist du ein toter Unsterblicher. Wir sind nicht unverwundbar. Denk also nicht, du könntest wie Supermann herumlaufen.«
    »Wie wer?«
    »Nicht so wichtig. Unsere Unsterblichkeit beruht auf einer ständigen, beschleunigten Zellenerneuerung. Kannst du mir einen klassischen Fall von beschleunigtem Zellwachstum nennen?«
    »Krebs. Du meinst, die Gruppe – wir ...«
    »Ja. Wir sind nur eine Haaresbreite von den unkontrollierten Krebswucherungen des Gewebes entfernt, aber dessenungeachtet bleibt Krebs bei uns eine seltene Erscheinung. Karzinogene Stoffe öffnen statt dessen die Tür für etwas Schlimmeres, eine

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