Der Computer und die Unsterblichen
es nicht selbst heraus? Ich kann nicht unsere ganze Arbeit allein machen. Vielleicht kommt Ihnen ein erhellender Gedanke. Das soll bei Menschen gelegentlich vorkommen. Sehr lustig, wie? Und da heißt es, Computer seien nicht für Humor programmiert. Möchten Sie eine lustige Geschichte hören?«
»Lieber Gott, nein!«
»Dann Ende und aus.«
Es heißt, daß man immer aufwache, wenn man träumt, man müsse sterben. Sequoia träumte, daß er starb und nicht aufwachte. Er träumte tiefer und tiefer Tod um Tod, hypnotisiert von dem pöbelhaften Dämon, der ihn plagte. Es ist verblüffend, wie viele kühle und beherrschte Menschen das emotionale Magma in ihnen verbergen oder nicht einmal erkennen. Sequoia wurde von einem Dämon verfolgt, der sich von diesem Magma nährte.
Ein Dämon ist ein böser Geist, ein Teufel, von dem der Körper eines Menschen besessen sein kann. Ein Dämon ist eine Leidenschaft. Wir alle haben unsere bewußten Leidenschaften, aber die fremden, anderswo erzeugten Leidenschaften sind es, die den Menschen zum Ungeheuer machen. Wir machten den Häuptling unsterblich, indem wir ihn töteten. Wir wußten nicht, daß wir damit Schranken niedergelegt und einem monströsen Eindringling die Möglichkeit gegeben hatten, seinen Einzug zu halten.
Auf dem Landeplatz des JPL stieg Fee 5 wortlos aus und machte sich auf den Weg zur Kapsel. Sequoia blickte grimmig und entschlossen drein. Während des Fluges hatten seine Lippen wieder und wieder gezuckt und unhörbare Worte gemurmelt, und ich glaubte, er übe eine Ansprache ein. »Konferenz«, sagte er knapp und kletterte aus seinem Sitz.
»Mit wem? Wo?« fragte ich.
»Ach so. Entschuldige, Guig.« Das neue Lächeln ging über sein Gesicht. »Ich hätte es dir sagen sollen. Zur Zeit findet eine außerordentliche Hauptversammlung statt, und es sieht schlecht für uns aus.«
»Was ist die schlechte Nachricht?« fragte Poulos.
»Wartet, bitte.«
»Woher weißt du davon?« fragte ich.
»Nicht jetzt, Guig. Geduld.«
Wir folgten ihm in einen mit altgewordener »moderner Kunst« dekorierten Saal. Auf der Bühne Direktoren und Vorstandsmitglieder hinter der drapierten Barriere eines langen Tisches. Ihnen gegenüber im Auditorium hundert oder zweihundert geldfette Anteilseigner, alle mit Knöpfen in den Ohren, die ihnen die Übersetzung ihrer Wahl übermittelten.
Ein Vizepräsident vom Typ eines arrivierten Buchhalters stand am Rednerpult und verbreitete sich über Statistiken, während neben ihm Schauprojektionen gezeigt wurden. Diese Projektionen hatten nichts mit den alten graphischen Darstellungen zu tun, wie man sie zu meiner Zeit schätzte; sie waren alle in Trickfilmmanier gemacht – pfeifenrauchende Schmetterlinge, bärtige Frösche, krocketspielende Krokodile, Elefanten, die einen Schottischen tanzten.
Sequoia blieb stehen, bis der Bericht verlesen war. Wir standen hinter ihm und fragten uns, was er tun würde.
»Bitte setzen Sie sich, Doktor Guess«, rief der Vorsitzende, und der Häuptling, immer noch stehend, begann, den Vorsitzenden und das Direktorium anzugreifen, weil sie sich weigerten, Mittel für die neue Kryonauten-Forschung bereitzustellen. Das war mir neu, und auch die Anwesenden schienen verblüfft. Die kalte Wildheit des Angriffs war abstoßend.
»Doktor Guess, wir haben unsere Entscheidung noch nicht verkündet«, protestierte der Vorsitzende.
»Aber ich weiß, daß es Ihre Entscheidung ist. Können Sie es leugnen? Nein.« Und er fuhr mit seiner eisigen Anklage fort. Er hörte sich wie ein Lehrer an, der eine Klasse unfähiger Schüler heruntermacht.
»Das ist nicht die Art und Weise, solche Angelegenheiten zu behandeln«, flüsterte Poulos. »Was ist in ihn gefahren?«
»Keine Ahnung. Es sieht ihm nicht ähnlich.«
»Kannst du ihn nicht zum Schweigen bringen und mich die Sache übernehmen lassen?«
»Ich wüßte nicht, wie.«
Des Häuptlings Verurteilung der Geschäftspolitik endete, und nun elektrisierte er die Versammlung, indem er mit persönlichen Angriffen auf jedes einzelne Vorstandsmitglied fortfuhr. Mit beißender Ironie schilderte er ihr Privatleben, ihre Unterlassungssünden, ihre finsteren Intrigen, ihre korrupte Geldgier. Es klang wie ein Resümee zehnjähriger geheimer Ermittlungen.
»Wo hat er das alles her?« wisperte ich dem Syndikat zu.
Er machte ein Gesicht. »Ich weiß nur, daß er sie sich zu Todfeinden macht, und so etwas ist immer schlecht.«
»Ist etwas davon wahr?«
»Oh, das ganz bestimmt.
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