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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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und schloss die Augen. Wenn ich mich nicht bewegte, schienen die Schmerzen erträglich. Ich war erschöpft, fand aber keinen Schlaf. Die Prügelei im Keller ging mir nicht aus dem Kopf. Ich war wütend auf die Männer, noch wütender war ich auf Olendorff. Bis auf einen französischen Spion, der mich vernichten konnte, wenn es ihm gefiel, hatte ich keinen Zeugen. Es kam mir vor, als würde ich in einem Moor versinken. Ich konnte nichts dagegen tun. Was immer ich versuchte, es drohte meine Lage zu verschlimmern. Griff ich mir Olendorff, kriegte ich Ärger mit dem Polizeipräsidenten. Verhaftete ich Aschbühler, landete ich im Zuchthaus. Ich dachte an Sofia und war zornig. Eine französische Spionin schleicht sich bei der Kommune ein. Vielleicht spekulierten die Leute in Paris darauf, dass die KP die Macht ergriff. Dann hatten sie sich gründlich geirrt. Hatte Sofia mich angelogen in Zöblitz? Ich fühlte mich verraten.
    Ich konnte nicht schlafen. Ich fand ein frisches Hemd und einen unbenutzten Kragen. Ein anderer Anzug hing im Schrank. Vorsichtig zog ich mich um, manchmal erstarrte ich vor Schmerzen. Als ich fertig war, ging ich in die Küche und aß etwas. Der Weinbrand schmeckte nach, ich putzte mir die Zähne, um den Geschmack loszuwerden. Lange betrachtete ich mich im Spiegel. Sie hatten das Gesicht nicht getroffen, aber das Ohr schwoll an. Es pochte im Kopf. Als der Wecker klingelte, rief ich im Präsidium an. »Holen Sie mich bitte ab, Herr
    Wohlfeld.«
    »Was ist passiert, Herr Kommissar?«
    »Später, kommen Sie.«
    »Und der Ford?«
    »Später!« brüllte ich ins Telefon. Es tat weh.
    »Jawohl, Herr Kommissar«, sagte Wohlfeld und legte auf.
    Es tat mir leid, ihn angeschnauzt zu haben. Er konnte nicht wissen, was geschehen war.
    Mir wurde schwindelig. Ich setzte mich in der Küche auf einen Stuhl und stützte den Kopf in die Hände. Das Ohr schmerzte teuflisch. Als der Schwindel nachgelassen hatte, stieg ich die Treppe hinunter. Der Türspion von Fräulein Wiese klapperte leise.
    Draußen lehnte Wohlfeld an einem schwarzen Wanderer. Er starrte mich erschrocken an, sagte aber nichts. Ich bat ihn, mich zu Dr. Fleischer zu fahren.
    »Jetzt könntest du mir mal erzählen, was du angestellt hast. Du hast wohl mit einer Straßenbahn angebändelt«, sagte Fleischer, als er mich untersuchte.
    »Nein, es war eine Lok der Reichsbahn.«
    »Ich wechsle jetzt den Verband, du Held.«
    Es brannte mörderisch.
    Als Fleischer fertig war, sagte er: »Unsere Ohren sind zuständig nicht nur fürs Hören, sondern auch fürs Gleichgewicht. Das wird zwar im Inneren reguliert, aber die Schwellung könnte dir trotzdem Ärger machen. Also kein Auto fahren, ab ins Bett. Ich schreibe dir ein Attest. Morgen abend schaue ich bei dir vorbei und wechsle den Verband.« Er gab mir ein Glasröhrchen. »Diese Tabletten nimmst du regelmäßig, dreimal am Tag. Sollen gegen Entzündung und Schwellung helfen. Hat mir mal ein Kollege erzählt.« »Ein Medizinmann von den Apachen.«
    »Stimmt, das Zeug besteht, glaube ich, aus getrocknetem Schlangendarm und den gemahlenen Gallensteinen eines Büffels. Alles aufgelöst und gebunden in Aligatorpisse.«
    »Sehr appetitlich.«
    »Nur das Beste für meine Patienten. Vor allem für die, die nicht brav im Wartezimmer sitzen, bis sie drankommen.«
    »Von dir aus könnte ich verbluten«, erwiderte ich und stand auf.
    »Ich müsste mal überlegen, ob das ein Verlust für das Vaterland wäre.«
    Ich zog ein empörtes Gesicht und drohte ihm mit der Faust. Sein Lachen begleitete mich hinaus.
    »Wir fahren zu Olendorff«, sagte ich, als ich neben Wohlfeld im Auto saß.
    Wohlfeld bewegte sich nicht. »Herr Kommissar, wenn ich das sagen darf: Auf Ihrem Schreibtisch liegt eine Weisung des Präsidenten. Sie dürfen Olendorff nicht befragen.«
    Ich überlegte, es überraschte mich nicht. »Davon weiß ich nichts.«
    Er schaute mich erschrocken an. »Aber ...«
    »Fahren Sie mich zum S-Bahnhof Nikolassee, dann kehren Sie zurück ins Präsidium.«
    Er startete den Wagen. Sein Blick schien traurig. Vielleicht ahnte er, was geschehen würde.
    Unterwegs erklärte ich ihm, wo der Ford stand und gab ihm den Autoschlüssel. Er würde den Wagen zusammen mit Wegner abholen.
    Ich musste nicht weit laufen vom S-Bahnhof, bis ich vor der Villa stand. Ich klingelte. Als sich nichts rührte, klingelte ich noch einmal, diesmal lange. Endlich hörte ich Schritte. Ein
    Mann mit einer Gärtnerschürze öffnete die Tür. Ohne ein Wort zu

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